Comptes-rendus d'événement
Klaus Filbry, Geschäftsführer von Werder Bremen, sprach ein Grußwort und begründete, inwiefern ein Fußball-Bundesligist wie Werder Bremen vom Thema Extremismus berührt werde. Dr. Ralf Altenhof, Leiter des Bildungswerks Bremen der Konrad-Adenauer-Stiftung, führte in den Jugendpolitiktag ein. Dr. Stephan Walter, der sich aufgrund seiner Tätigkeit bei der Niedersächsischen-Extremismus-Informationsstelle (NEIS) als „Mr. Nice“ bezeichnete, gab einen anschaulichen Überblick über die verschiedenen Extremismusformen: Rechtsextremismus, Linksextremismus und Islamismus. Mithilfe von Videoclips gab er einen Einblick in die extremistische Jugendkultur und bildete die Wissensbasis, auf der die anschließenden Workshops aufbauten.
Die Workshops ermöglichten es den Jugendlichen, sich mit einer Form des Extremismus näher auseinanderzusetzen. Sie wurden geleitet von Sebastian Ellinghaus (Rechtsextremismus), stellvertretender Leiter der Bremer Landeszentrale für politische Bildung, Dr. Rudolf van Hüllen (Linksextremismus), Politikwissenschaftler und Publizist, und Dr. Rauf Ceylan (Islamismus), Professor für Islamische Religionspädagogik an der Universität Osnabrück.
„Es geht in diesem Workshop schwerpunktmäßig nicht um frontale Wissensvermittlung“, betonte Ellinghaus gleich zu Beginn. „So paradox es klingen mag, es ist gut, wenn Sie mit mehr Fragen rausgehen, als Sie reingegangen sind.“ Und tatsächlich vermittelte Ellinghaus den Schülern weniger Informationen als dass er ihnen Fragen stellte. In einem Spiel sollten die Schüler entscheiden, in welcher Staatsform die besten Bildungschancen für alle existieren, und, in welcher die Arbeitslosigkeit am besten bekämpft wird. Selbst wenn die Schüler in der „richtigen Ecke“, der Ecke der Demokratie, standen, hinterfragte er ihre Entscheidung, forderte ihre Sichtweise heraus. Schnell wurde klar, dass es bei diesem Spiel und im realen Leben nicht reicht, sich grundsätzlich für die Demokratie auszusprechen. Man muss auch wissen, warum man dies tut, und vor allem fähig sein, dieses Modell gegenüber ihren Feinden zu verteidigen.
In dem von Rudolf van Hüllen geleiteten Workshop „Linksextremismus“ wurden den Schülern die unterschiedlichen linken Gruppierungen sowie deren Ziele aufgezeigt. Im weiteren Verlauf wurden zusammen mit den Schülern die diversen linksextremen Erkennungsmerkmale, ihr öffentliches Auftreten sowie die Schnittstellen zu anderen extremistischen Ideologien erarbeitet. Dabei profitierte der Workshop von der engagierten Mitarbeit der Schüler sowie deren Vorwissen. So brachten die Schüler auch eigene Erfahrungen in den Workshop ein, welche sie bereits mit Linksextremisten gemacht hatten.
Im Workshop zum Islamismus erfuhren die Schüler, dass alle islamistischen Terroristen eine salafistische Sozialisation hatten. Zur Bekämpfung vom Islamismus dient laut Rauf Ceylan die Früherkennung, für diese bedarf es geschulter Multiplikatoren, die eine beginnende Radikalisierung von jungen Muslimen erkennen.
Beim gemeinsamen Mittagessen konnten die Jugendlichen der beteiligten Schulen (Ökumenisches Gymnasium, Schulzentrum des Sekundarbereichs II Neustadt, Wilhelm-Focke-Oberschule, Berufsschule für Gesundheit, Gesamtschule Bremen-Ost, Fachschule für Sozialpädagogik) auch untereinander ins Gespräch kommen. Anschließend kamen die Schüler erneut zusammen, um an der Podiumsdiskussion zum Thema „Wie sollte man mit dem politischen Extremismus umgehen?“ teilzunehmen. Podiumsgäste waren Dr. Matthias Güldner, Fraktionsvorsitzender der Grünen, Jan Philipp Hein, Autor und Journalist, Thomas Röwekamp, Fraktionsvorsitzender der CDU, und Prof. Dr. Wolfgang Rudzio, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Oldenburg. Stefan Kiprowski, Einsatzleiter der Polizei in Bremen, war ebenfalls als Podiumsgast geplant, konnte aber wegen eines Einsatzes nicht teilnehmen.
Themen der Podiumsrunde waren unter anderem ein mögliches NPD-Verbot und die Zusammenarbeit mit linksextremistischen Gruppen. Auch die Polizei war Thema der Diskussion. Sie ist die Hauptleidtragende, wenn auf extremistischen Demonstrationen Gewalt ausgeübt wird. Wie mit extremistischen Gruppen und gewalttätigen extremistischen Gruppen umgegangen wird und umgegangen werden sollte, darüber herrschte Uneinigkeit. Güldner wies für die Grünen eine Zusammenarbeit mit extremistischen Strömungen zurück. Wenn diese ebenfalls zu einer Demonstration erschienen, sei dies kaum zu ändern. Dagegen erinnerte Altenhof an das Jahr 2011, als die rechtsextremistische NPD in Bremen zu einer Demonstration aufgerufen hatte. Damals wurde das Bündnis „Keinen Meter“ initiiert, an dem zahlreiche demokratische Organisationen, u. a. die SPD und die Grünen, aber eben auch linksextremistische Gruppierungen beteiligt waren. Er fragte nach der politischen Glaubwürdigkeit, einerseits im Bremer Verfassungsschutzbericht die Verfassungsfeindlichkeit der linksextremistischen Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), der Marxistisch-Leninistischen Partei (MLPD) und der gewalttätigen Autonomen sowie der Antifa zu begründen, andererseits aber ausgerechnet diese in ein Bündnis gegen Rechtsextremismus einzubeziehen. Hein unterstützte Güldner. Die Grünen bräuchte man nicht zu beschuldigen. Die Linke dagegen mache tatsächlich häufiger gemeinsame Sache mit Linksextremen. Ein Schüler aus dem Publikum hingegen stellte fest, dass er im Vorfeld zu den „Keinen Meter“-Aktionen offene Aufrufe zur Gewalt erlebt habe.
Auch ein NPD-Verbot wurde diskutiert. Röwekamp sagte: „Wenn es juristisch möglich ist, wollen wir das auf jeden Fall auch politisch. Ich finde es unerträglich, dass eine extremistische Partei in einem Rechtsstaat wie dem unserem staatlich finanziert wird.“ Prof. Dr. Rudzio hingegen warnte vor einem solchen Schritt: „Der Bürger wird unter eine Käseglocke gesetzt. Das ist nicht im Sinn der wehrhaften Demokratie.“ Stattdessen wäre es viel besser Parteien wie die NPD „das eigene Scheitern erfahren zu lassen“, etwa an der Wahlurne. Wie die Podiumsgäste sich uneinig waren über den richtigen Weg im Kampf gegen Extremismus, so einig waren sie sich darin, dass alle Teile der Gesellschaft gegen den Extremismus vorgehen müssen: „In einer Demokratie ist immer ein gewisser Anteil an Extremisten. Deshalb müssen wir wachsam sein und im richtigen Moment Zivilcourage beweisen“, sagte Güldner.
Abgerundet wurde der Tag mit einer Führung durch das Weser-Stadion. Erschöpft, aber gut gelaunt und informiert, verließen die Schüler den Jugendpolitiktag 2012.