Im Vorfeld der Weltklimakonferenzen (COP) versammeln sich traditionell Vertreterinnen und Vertreter innerhalb der verschiedenen Weltregionen zu einer regionalen Klimawoche, um über ihre Ziele für die kommende COP zu beraten. Die Klimawoche für Lateinamerika und die Karibik (LACCW) stand unter dem Motto „Aufbau einer resilienten und inklusiven Zukunft in Lateinamerika und der Karibik“.
Just transition – die große Frage der Finanzierung
Wenngleich die Region im weltweiten Vergleich nur wenige schädliche Emissionen ausstößt, ist es das große Ziel, künftige Emissionen möglichst gering zu halten und eine entsprechende Infrastruktur unter dem Einsatz erneuerbarer Energien aufzubauen. Milciades Concepción, Umweltminister Panamas, hob bei seiner Rede die immense Bereitschaft der Region hervor, die Klimaagenda nicht nur zu erfüllen, sondern die Erreichung der Klimaziele zu beschleunigen. Insbesondere der Bereich der Energiegewinnung könne hohe Anteile an Wasserkraft, Wind- und Solarenergie vorweisen. Zugleich sieht sich die Region bereits heute beträchtlichen klimatischen Veränderungen und ihren Folgen ausgesetzt. Neben Mitigation (Vermeidung von Emissionen) wird Adaption (Anpassung an den Klimawandel) unabdingbar sein, um die Bevölkerung auf den Wandel vorzubereiten.
Beide Maßnahmenblöcke sind kostenintensiv. Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass entsprechende Maßnahmen der Energiewende und Anpassung selbst für wirtschaftlich stärkere Länder eine Herausforderung darstellen. Daher fordern die Länder des globalen Südens seit Langem die Unterstützung bei der Finanzierung durch die Industriestaaten.
Gleichzeitig wurde die Notwendigkeit hervorgehoben, dass der Übergang von fossilen Energieträgern und Rohstoffen hin zu CO2-neutralen Lösungen und Kreislaufsystemen oder Maßnahmen zum Schutz von Biodiversität gerecht und inklusiv sein muss, um soziale Spannungen und eine Spaltung der Gesellschaft zu vermeiden (Just Transition).
Im Nachgang des Gipfels kündigte die Umweltministerin Kolumbiens, Susana Muhamad, an, dass im Rahmen der diesjährigen COP28 in Dubai die Länder Lateinamerikas zum ersten Mal gemeinsam als Verhandlungspartner in Bezug auf ausgewählte Themen auftreten wollen.
Umstrittener Bergbauvertrag
Während Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Länder Lateinamerikas und der Karibik sich auf die bevorstehende COP28 vorbereiteten, fanden auf den Straßen von Panama-Stadt und in den sozialen Medien lautstarke Proteste statt. Am 20. Oktober 2023 verabschiedete der Kongress einen neuen Vertrag mit der kanadischen Bergbaugesellschaft First Quantum Minerals, der Abbaurechte über 20 Jahre mit der Option auf Verlängerung um weitere 20 Jahre gewähren soll.
Der Vertrag über die Konzessionsrechte musste neu verhandelt werden, da der Oberste Gerichtshofs des Landes den aus dem Jahr 2017 stammenden Vertrag als verfassungswidrig eingestuft hatte. Bereits seit 2019 fördert die offene Mine circa 300.000 Tonnen Kupfer pro Jahr und beschäftigt 8.000 Mitarbeiter. Von dem erneuerten Vorhaben verspricht sich die Regierung 375 Millionen US-Dollar an jährlichen Einnahmen und versichert, diese in Renten, Bildung und die Entwicklung der Gebiete in der Nähe des Minenprojektes zu investieren.
Dennoch, der Zeitpunkt der Zustimmung zu dem Vertrag überrascht: Wenige Tage später begann die Klimawoche, in der alle Augen auf Panama gerichtet waren und eigentlich Themen wie Klimaschutz und Schutz der Biodiversität im Fokus stehen sollten. Gleichzeitig verdeutlicht gerade diese Entscheidung, in welchem Zwiespalt sich die grüne Transition befindet.
Die negative Haltung der Bevölkerung zum Ausbau der Mine äußerste sich bereits im Vorfeld der Abstimmung zum neuen Vertrag und entlud sich im Nachgang der deutlichen Entscheidung des Parlaments: So schlossen sich unterschiedliche Gesellschaftsschichten zusammen – von Indigenen, über Studentinnen und Studenten, Ärztinnen und Ärzte und Arbeiterinnen und Arbeitern bis hin zu Religionsvertreterinnen und Religionsvertretern protestieren mehrere Tausend der gerade einmal 4,2 Millionen Bürgerinnen und Bürger Panamas mit Slogans wie „Esta patria no se vende“ – „Dieses Vaterland steht nicht zum Verkauf“ und forderten eine Volksabstimmung. Zudem liegt bereits eine Klage beim Obersten Gerichtshof über die Verfassungsmäßigkeit
dieses Vertrages vor. Die Handelskammer Panamas ersuchte ein Moratorium des Vertrags, auch angesichts der enormen wirtschaftlichen Verluste durch die anhaltenden Proteste. Diese hatten im Laufe der Woche eine solche Dimension angenommen, dass die Organisatoren der Klimawoche die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu aufriefen, die Konferenz vom Hotel aus online zu verfolgen.1
Die Klimawoche wurde damit in stürmischen Zeiten beendet, die uns vermutlich auf ähnliche Proteste in anderen rohstoffreichen Gebieten einstimmen. Ohne Rohstoffe wie Lithium und Kupfer wird (nach heutigem Stand der Wissenschaft) eine Reduzierung der Treibhausgase nicht möglich sein. Gleichzeitig ist der Abbau dieser Rohstoffe mit extremen Eingriffen in die Natur verbunden. Politik, Wirtschaft und Forschung werden Wege finden müssen, um möglichst verträgliche Lösungen zu finden und soziale Spannungen in der Zukunft zu vermeiden.
[1] Lesen Sie hierzu auch unseren ausführlichen Bericht zu den Protesten „Ein Volk verliert seine Geduld https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/ein-volk-verliert-seine-geduld (KAS-Büro in Panama/Regionalprogramm ADELA).
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