Um die globalen Klimaziele zu erreichen, haben sich die Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens darauf geeinigt, die Entwicklungsländer
mit geeigneten Instrumenten für Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Dazu zählte auch die Zusage, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar zu mobilisieren. Es herrscht jedoch ein globaler Konsens, dass die bisher bereit gestellte Summe nicht ausreichend und die Modalitäten für die Kreditvergabe nicht effektiv und effizient sind. In der Kritik stehen auch Entwicklungsbanken, denen es nicht gelungen ist, genügend Kapitalflüsse in Klimaschutzprojekte zu lenken.1
Gleichzeitig nehmen aufgrund der hohen Verschuldung die Möglichkeiten von Entwicklungs und Schwellenländern in Subsahara-Afrika ab, in
eine nachhaltige Entwicklung zu investieren.2 Laut UN sind 52 Entwicklungsländer, die zugleich die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen, stark verschuldet.3 Es ist von einer neuen „Schuldenkrise“ die Rede, die vor allem ärmere Staaten trifft.4 Auch Klimafinanzierungen werden größtenteils
als Darlehen oder günstige Kredite ausgezahlt, nicht aber als Zuschüsse.
Die wirtschaftlichen Schäden von Extremwettereignissen wiederum sind in Subsahara-Afrika verheerend und bedeuten bereits heute einen Verlust von bis zu 15 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsproduktes.5 Folglich sind Anpassungsmaßnahmen, zum Beispiel eine klimaresiliente Infrastruktur oder Frühwarnsysteme, auch aus ökonomischer Perspektive sinnvoll.
Vor diesem Hintergrund haben Mia Mottley, Premierministerin von Barbados, und der Ökonom Avinash Persuad im September 2022 die Bridgetown-Initiative veröffentlicht, die sie als finanziellen Plan für die Rettung des Planeten bezeichnen. Der nun stattfindende Pariser Gipfel greift viele der darin enthaltenen Vorschläge auf. Darunter die Reform multilateraler Entwicklungsbanken, die Wiederherstellung der Schuldentragfähigkeit sowie die Umstrukturierung von Schulden, die Erhöhung der Entwicklungsfinanzierung und die Schaffung eines auf grüne und gerechte Transformation ausgerichteten internationalen Handelssystems.
Unterstützung für das Bestreben wurde unter anderem von der Afrikanischen Union, UN-Generalsekretär Guterres,6 dem US-Sondergesandten für Klima Kerry7 sowie der Direktorin des IMF, Georgieva,8 signalisiert. Entwicklungsministerin Schulze sprach sich ebenfalls für eine Reform der
Weltbank hin zu einer Klima- und Transformationsbank aus.9 Bundeskanzler Scholz, EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen sowie zahlreiche
andere Staats- und Regierungschefs werden in Paris erwartet. Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass das Treffen zu konkreten Reformen der Klimafinanzierung führen wird, denn die Beziehungen zwischen Europa und den USA auf der einen und China auf der anderen Seite sind politisch angespannt. Industrieländer kritisieren die Modalitäten der Kreditvergabe Chinas an afrikanische Staaten.10 China und viele afrikanische Staaten wiederum fordern eine institutionelle Reform von Weltbank und IWF; beide Institutionen sind seit Gründung unter US-amerikanischer bzw. europäischer Leitung und stehen Schuldenerlassen kritisch gegenüber. Ebenso gibt es aufseiten der Industrieländer für zusätzliche finanzielle Zusagen für den Klimaschutz aktuell wenig Spielraum. Allerdings könnte der Gipfel Impulse und Ideen für Reformen des internationalen Handelssystems geben, nachdem jüngst auch Länder wie Indien und Kenia bekannt gaben, Handels- und Klimaaspekte stärker verbinden zu wollen.
1 David Ryfisch (2022): Globale Finzanzarchtitektur klimafit machen. In: Backgorund.tagessspiegel.de, 22.12.2022. https://background.tagesspiegel.de/sustainable-finance/globale-finanzarchitektur-klimafit-machen (Stand: 15.06.2023).
2 Financing for Sustainable Development Report 2023, Foreword. In: Desapublications.un.org, 4.2023. https://desapublications. un.org/publications/financing-sustainabledevelopment-report-2023 (Stand: 15.06.2023).
3 Financing for Sustainable Development Report 2023, S. 121, a.a.O.
4 z. B. Philipp Mattheis (2023). Wie China die mutmaßlich größte Schuldenkrise aller Zeiten auslöst. In: Welt. de, 23.5.2023. https://www.welt.de/politik/ausland/plus245433864/Wie-China-die-weltweit-groesste-Schuldenkrise-ausloest.html (Stand: 15.06.2023).
5 Africa losing up to 15% of GDP growth to climate change, African Development Bank says. In: Reuters.com, 13.9.2022. https://www.reuters.com/world/africa/africa-losing- up-15-gdp-growth-climate-change-afdb-2022-09-13/
6 Antonio Guterres (UN Secretary-General) at 2023 ECOSOC Financing for Development Forum (Video). In: Media. un.org, 17.4.2023. https://media.un.org/en/asset/k1m/k1m0l1j7pm (Stand: 15.06.2023).
7 Flávia Milhorance (2023): Barbados prime minister leads push to transform global finance. In: Dialagochino.
net, 13.4.2023. https://dialogochino.net/en/climateenergy/367248-barbados-prime-minister-leads-pushto-transform-global-finance/ (Stand: 15.06.2023).
8 Transcript of International Monetary Fund Managing Director Kristalina Georgieva Media Roundtable. In: Imf. org, 12.1.2023. https://www.imf.org/en/News/Articles/2023/01/13/tr011223-transcript-of-imf-md-kristalinageorgieva-media-roundtable (Stand: 15.06.2023).
9 Winand von Petersdorff (2023): “Der Kampf gegen Armut reicht nicht” In: Faz.net, 21.5.2023. https://www.faz.net/ aktuell/wirtschaft/entwicklungshilfe-ministerin-schulze-verlangt-eine-neue-weltbank-18909180.html (Stand: 15.06.2023)
10 Jonathan Josephs (2023): China’s loans to Africa worry World Bank President David Malpass. In: BBC.com, 2.4.2023. https://www.bbc.com/news/business-65140363
(Stand: 15.06.2023)
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Concis, réduit à l'essentiel, mais toujours d'une grande actualité. Dans la série "kurzum", nos experts résument une question ou un problème sur un maximum de deux pages.