Ganz gleich, über welches politische Thema in Guatemala berichtet wird, ob zum Beispiel über
- die Wahl der neuen Richterinnen und Richter des Obersten Gerichtshofes und der Appellationsgerichte, die vor mittlerweile zwei Jahren ihr Amt hätten antreten müssen, bislang aber vom Parlament noch nicht einmal bestimmt worden sind, oder ob über
- die massiven personellen Veränderungen in der Generalstaatsanwaltschaft, die von den meisten Beobachtern als Schwächung im Kampf gegen die Korruption angesehen werden;
- ob über Entscheidungen des Obersten Wahlgerichtshofes, die die von ihrer Partei ausgeschlossene, mehrmals gescheiterte ehemalige Präsidentschaftskandidatin Sandra Torres wieder zurück ins politische Geschäft bringen sollen, oder ob über
- die Wahl des neuen Parlamentspräsidiums, das zwar erst am 14. Januar kommenden Jahres sein Amt antritt, aber ab jetzt bereits gewählt werden könnte,
immer taucht der Name einer Frau auf, die derzeit noch nicht einmal ein politisches Amt innehat: Zury Ríos.
Sie ist die Tochter des verstorbenen, früheren Diktators General Efraín Ríos Montt, der 2013 wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden war. Wenn auch das Verfassungsgericht das Urteil nur zehn Tage nach seiner Verkündigung wieder aufhob und eine Neuauflage des Prozesses gegen Ríos Montt anordnete, vor dessen Abschluss der Angeklagte verstarb, wurde seine Tochter, die die Partei Valor („Wert“) steuert und von ihr 2019 als Präsidentschaftskandidatin nominiert war, vom Verfassungsgericht von diesen Wahlen ausgeschlossen. Schon 2011 war sie zunächst für eine andere, heute nicht mehr existierende Partei ins Rennen gegangen, hatte ihre Kandidatur dann aber zurückgezogen. Vier Jahre später kandidierte sie für die Partei ViVa (Visión con Valores, „Weltanschauung mit Werten“), erreichte im ersten Wahlkampf aber nur Platz 5.
Es besteht kein Zweifel, dass Zury Ríos die bevorzugte Kandidatin der militärischen und wirtschaftlichen Elite des Landes für die Nachfolge von Präsident Giammattei ist. Alle genannten politischen Entwicklungen passen in ein Bild, in dem Ríos eine erneute Kandidatur bei den 2023 anstehenden Wahlen ermöglicht wird. Das Szenario ihrer Unterstützer sieht offenbar vor, dass sie es in den zweiten Wahlgang schafft, wo sie voraussichtlich auf Sandra Torres treffen und sich mit den „Anti-Stimmen“, die diese stets verlässlich hervorruft, gegen sie durchsetzen würde. Damit wären dann die 2015 von Bürgerprotesten errungenen Gewinne an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wieder vollständig verschwunden.
Mit Säbelrasseln gegen den Nachbarn El Salvador ist in dieser Woche der (voraussichtlich) scheidende Präsident von Honduras, Juan Orlando Hernández, aufgefallen. In einer auf allen Kanälen wiedergegebenen Fernsehansprache sowie in seinem Twitter-Kanal forderte er das Militär auf, wachsam zu sein und alle Teile des Staatsgebietes gegen mögliche feindliche Übergriffe zu verteidigen. Dabei bezog er sich ausdrücklich auf die einen halben Quadratkilometer große Kaninchen-Insel im Golf von Fonseca, die zwischen den beiden Ländern umstritten ist. Während des Bürgerkrieges in El Salvador hatte Honduras die Insel 1982 militärisch besetzt und zehn Jahre später vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag auch bestätigt bekommen, dass sie zum honduranischen Staatsgebiet gehört. Für den Zugang zum Pazifik ist das mit dem Besitz des Eilandes verbundene Seegebiet von Bedeutung. In der eigenen Bevölkerung haben die Äußerungen von Präsident Hernández jedoch nur ungute Erinnerungen an den sog. Fußball-Krieg von 1969 zwischen den beiden Ländern wachgerufen. Sein salvadorianisches Gegenüber, Nayib Bukele, hingegen empfahl Hernández in einer lapidaren Antwort über Twitter, sich zu beruhigen und einen Schokoriegel zu essen („cómete un Snickers!“).