Rapports pays
Die militärischen Auseinandersetzungen im Gebiet Masisi, Rutshuru, Sake führten General Nkundas Milizen bis ca. 20 km vor die Provinzhauptstadt Goma. Ein am 6. September von der UN ausgehandelter Waffenstillstand hielt nur so lange bis die Tinte trocken war. Während es um Sake keine weiteren Kämpfe gab, kam es im Distrikt Rutshuru bereits kurze Zeit später zu neuen Attacken.
Das Aufflammen eines neuen lokalen Krieges im Osten des Landes kommt für Beobachter nicht allzu überraschend. General Nkunda, ein ehemaliger Militär der kongolesischen Streitkräfte, der 2004 desertierte, um mit seinen Anhängern die Interessen der kongolesischen Tutsi-Minderheit gegen die sich noch auf dem Territorium der DR Kongo befindenden ruandischen Hutu-Rebellen (Interahamwe) zu verteidigen, hielt sich nur geringfügig an das im Januar geschlossene Abkommen mit der kongolesischen Regierung zur Demobilisierung und Reintegration seiner Kämpfer in die FARDC.
Offensichtlich nutzte er eher die vergangenen Monate, um seine Position zu konsolidieren und um neue Kämpfer zu rekrutieren. Der schleppende Verlauf des Demobilisierungs- und Eingliederungsprozesses (DDR – Disarmement, Demobilisation, Reintegration) trug dazu bei, dass Milizionäre anderer Gruppen, wie der des Obersten Cobra Matata (FRPI) bereits im März zu Nkunda überliefen. Auch wird immer wieder von Neurekrutierungen in den ruandischen Flüchtlingslagern berichtet. General Nkunda etablierte in den von ihm kontrollierten Gebieten parallele Regierungsstrukturen (Verwaltung, Militär und Justiz) und begann bereits Steuergelder zu erheben, um durch einen Robin-Hood-Effekt und gemeinnützige Projekte seine eigene Popularität zu erhöhen.
Die Präsenz der ca. 4.500 Interahamwe-Kämpfer auf kongolesischem Territorium wird vor allem von Ruanda als Ursache des Phänomens Nkundabatware gesehen. So ließ der ruandische Außenminister, Charles Murigande, während seines Besuches in Kinshasa (1.-3.9.) verlauten, „the ex FAR-Interahamwe, alias FDLR, are the root cause of much of the insecurity and instability in the region and remain militarily and politically very active in DRC and continue to constitute a serious threat to all of us. Their campaign has created fertile ground for the emergence of complicating factors like the General Nkunda phenomenon.“
Ruanda, dem immer wieder vorgeworfen wird, General Nkunda zu unterstützen, versuchte mit diesem Besuch des Außenministers seine seit 1998 angespannten Beziehungen mit der kongolesischen Regierung zu normalisieren. Einen strategischen Beitrag zur Lösung des Sicherheitsproblems im Osten konnte der Besuch allerdings nicht leisten.
Obgleich diplomatische Treffen mit den vom Konflikt in Nord- und Südkivu betroffenen Nachbarländern Uganda und Ruanda auf der Tagesordnung stehen, scheint augenblicklich die kongolesische Regierung verstärkt auf eine militärische Lösung des Problems Nkunda zu setzen. Diese trägt jedoch angesichts der Kapazitäten und des Ausbildungsniveaus der FARDC das Risiko einer kaum noch zu kontrollierenden Eskalation mit spill-over Effekten auf die gesamte Region und einer weiteren Diversifizierung der Akteure. Die UN-Mission MONUC unterstützt auf der Basis ihres Mandates gemäß UN-Resolution 1756 die kongolesischen Streitkräfte logistisch und versucht vor allem die Zivilbevölkerung zu schützen. Eine gemeinsame Operation mit der FARDC wird zur Zeit nicht in Erwägung gezogen.
Um weitere Fronten der Destabilisierung zu verhindern, traf sich der Präsident der DR Kongo Joseph Kabila am Wochenende des 8. und 9. September mit seinem ugandischen Amtskollegen Yoweri Museveni in Arusha (Tansania). Bereits am 10. August hatte der ugandische Verteidigungsminister, Amana Mbabazi, damit gedroht, von seinem Verfolgungsrecht Gebrauch zu machen, sollte es zu weiteren Übergriffen von Kinyarwanda sprechenden Banditen auf ugandisches Territorium kommen. In der Vergangenheit stellte der Rückzug der ugandischen Rebellen der Lord Resistance Army auf kongolesisches Territorium immer wieder ein Argument für Uganda dar, sich mit eigenen Truppen auf kongolesischem Territorium zu engagieren.
An erster Stelle der Agenda des Arusha-Treffens standen jedoch die aktuellen Grenzstreitigkeiten am Lac Albert und die gemeinsame Ressourcennutzung, die bereits Anfang August ein Todesopfer forderten. Ursache der Zwischenfälle ist die Erdölförderung im See durch Heritage Oil. Die britische Firma hält Konzessionen der ugandischen Regierung, soll jedoch unberechtigterweise ihre Förderung auf kongolesisches Territorium ausgedehnt haben. Die Tatsache, dass das Gipfeltreffen Museveni-Kabila in Arusha stattfand und auf die Vermittlerdienste des tansanischen Präsidenten Jakaya Kikwete zurückgriff, ist ein weiteres Indiz für die angespannten Beziehungen zwischen Uganda und der Demokratischen Republik Kongo.