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Comptes-rendus d'événement

Deutsch-Polnisches Verhältnis: Der Wille zur Versöhnung ist groß

Abendgespräch im Schweriner Schloß

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Deutschland und Polen sind sich in den vergangenen Jahrzehnten viel näher gekommen. Der Wille zur Versöhnung ist groß – und sie hat an vielen Stellen bereits stattgefunden.

Deutschland und Polen sind sich viel näher, als die Berichterstattung in den Medien mitunter vermuten lässt. Das ist eine der Feststellungen, die sowohl Erika Steinbach, Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV) und CDU-Bundestagsabgeordnete, und Professor Dr. Jan Maria Piskorski, Professor für Vergleichende Geschichte Europas an der Universität Stettin, bei einer Podiumsdiskussion auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung M-V am 8. Juni 2010 im Schweriner Schloss machten.

Gleich zu Beginn hatte sich Piskorski kritisch mit dem Titel der Veranstaltung, „Deutsch-polnische Beziehungen – Warum sind sie so kompliziert?“, auseinandergesetzt. So kompliziert seien die Beziehungen nicht, sagte Piskorski, aus seiner Perspektive seien sie „gar nicht schlecht, wenn nicht sogar gut“. Gerade auf kommunaler Ebene sei das Verhältnis in den vergangenen Jahrzehnten „sehr gut und vielfältig“ geworden, sagte auch Frau Steinbach. Sie hatte zuvor in ihrem Impulsreferat auf die unschätzbare Bedeutung des kulturellen und persönlichen Austauschs mit dem Nachbarland verwiesen. Auch sie selbst habe die Kultur zum ersten Mal nach Polen gebracht, als sie Anfang der 80er Jahre als Musikerin im Orchester ihres Mannes in das Land reiste.

In der DDR war das Schicksal der Vertriebenen tabu

Frau Steinbach setzte sich mit den Fortschritten der vergangenen Jahrzehnte auseinander und betonte dabei, dass es ihrem Verband um Versöhnung gehe – und das seit seiner Gründung. Dass sich gerade in den neuen Bundesländern nach dem Fall der Mauer und mit der Wiedervereinigung viel gebessert habe, ergänzte Renate Holznagel, Vizepräsidentin des Landtags und Landesvorsitzende des BdV. In der DDR sei das Schicksal der Geflüchteten und Vertriebenen tabu gewesen und einfach nicht vorgekommen. Heute wie damals aber habe sie den persönlichen Dialog mit Polen als herzlich und vielfältig wahrgenommen.

Frau Steinbach mahnte, einseitige Sichtweisen, die es auch heute noch gäbe, nicht zu akzeptieren. Man könne das polnische Volk nicht als ein Volk von Vertreibern bezeichnen, ebenso wenig, wie die Deutschen ein Volk von Verbrechern seien. Eine Kollektivschuld dürfe es nicht geben. Gleichwohl gebe es jedoch eine „kollektive Verantwortung“, der sich das deutsche Volk auch heute noch stellen müsse, ergänzte Piskorski, der Wert auf die Feststellung legte, dass die große Mehrheit der Polen heute die Deutschen als „Opfer des Krieges“ sehe.

Für die Zukunft: Mehr Geduld und Gelassenheit

Für die Zukunft empfahl Piskorski allen Beteiligten mehr Gelassenheit und Geduld: „Man muss nicht nur reden, man muss vor allem hören.“ Von den „Medienkriegen“ dürfe sich niemand beeindrucken lassen, sie seien in den vergangenen Jahren auch seltener geworden. Ähnlich äußerte sich Hans-Jürgen Abromeit, Bischof der Pommerschen Landeskirche und Beauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland für die deutsch-polnischen Beziehungen, der zu beharrlichen Anstrengungen im deutsch-polnischen Verhältnis aufrief.

Trotz der großen Übereinstimmung wurden an dem Abend auch Konfliktlinien sichtbar. Piskorski übte Kritik an der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ und dem geplanten „Zentrum gegen Vertreibungen“. Er sei sich nicht sicher, ob die Stiftung der deutschen Verantwortung für den zweiten Weltkrieg gerecht werden könne: „Kann ein solches Museum entstehen, wenn die Stiftung schon in ihrem Namen die Geschichte auf den Kopf stellt?“ Der Historiker vertrat die Meinung, die Stiftung sei „kontraproduktiv für das Ziel, für das sie eigentlich ins Leben gerufen wurde.“ Frau Steinbach entgegnete, ihr gehe es um Versöhnung und Erinnerung – „nicht mit geballter Faust, sondern mit offenem Herzen.“

Dass dieses Bedürfnis auch unter den Zuhörern groß war, zeigten die Fragen und Kommentare zur Diskussion. Viele Gäste berichteten von gemeinschaftsstiftenden Erlebnissen auf Reisen nach Polen und gaben dem Wunsch nach einer gemeinsamen Erinnerung an die Gräuel der Kriegsjahre Ausdruck.

Gabriel Kords

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