Comptes-rendus d'événement
Ist Karriere für Frauen nur machbar, wenn sie sich kompromisslos an die i. d. R. männlich geprägten Strukturen anpassen? Dies war eine der Kernfragen einer höchst engagierten Diskussion über ‚Frauen in Führungspositionen’.
Zunächst wurden von Frau Hübner-Oberndörfer einige
Fakten
auf den Tisch gelegt. Bei der Präsenz von Frauen in der Politik habe es in den letzten Jahren einen Rückschritt bzw. eine Stagnatation gegeben. Der Frauenanteil in der sog 2. Führungsebene (z. B. Staatssekretärinnen) habe sich zwar in den Ländern um 11 %, der Anteil der Regierungschefinnen / Ministerinnen auf Landesebene um 8 % erhöht, hingegen habe es bei den Mandaten der Landes- und Kommunalparlamente einen Stillstand gegeben. Der Frauenanteil in den Länderparlamenten habe sich 2011 bei ca. 32% eingependelt, noch schlechter sehe es auf kommunaler Ebene aus.
Welche
Ursachen lassen sich ausgemachen? Die Diskussion zeigte schnell, dass es sich um eine vielschichtige Thematik handelt. Ungünstig stellten sich z. B. bestimmte Strukturen im Politikbetrieb dar, etwa lange Termine, familíenunfreundliche Zeiten. ‚Schuld’ seien auch - so Frau Hübner-Oberndörfer - bestimmte weibliche Verhaltensmuster. Frauen netzwerkten oftmals in die falsche Richtung, knüpften Kontakte eher mit dem Ziel einer emotionalen Unterstützung, stellten sich häufiger mit ihren Schwächen dar, gingen viel zu sehr davon aus, es über Leistung nach oben zu schaffen und dass die anderen schon spürten, wie ‚gut und geeignet‘ sie seien. Auch manche Berichterstattungen in den Medien seien nicht förderlich. Medien orientierten sich bei Politikerinnen gerne einmal an Attributen wie z. B. Aussehen und Privatleben. Schließlich: Kommunalpolitikerinnen von heute seien ausgesprochen berufs- und lebenserfahrene Frauen, befänden sich in einer Lebenssituation, die ihnen die Freiräume für das politische Engagement eröffnet, gleichwohl müssten die meisten von ihnen von außen angesprochen werden.
Eine weitere Kernfrage war die nach den
Handlungsoptionen
. Frau
Dr. Hübner-Oberndörfertrug diverse Optionen vor, so z. B dass Parteien der Ansprache von Frauen mehr Aufmerksamkeit widmen und mehr Kandidatinnen auf aussichtsreiche Listenplätze setzen sollten. Vielversprechend sei eine Empfehlung des EU-Rates, die Besetzung der Ausschüsse durch die Parteien mit der Entsendung je eines Vertreters und einer Vertreterin zu quotieren. Dies könne einen spürbaren Motivationsanstieg bewirken, mehr Kandidatinnen aufzustellen. Aktive Politikerinnen wünschten sich eine Entbürokratisierung und Verschlankung von Verfahrensweisen. Die Planbarkeit der politischen Prozesse sei zu verbessern, bei künftigen Strukturreformen solle auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie, Beruf, Politik geachtet werden. Vielversprechend sei schließlich die Initiierung von Mentorenschaften von erfahrenen Politikerinnen und Politikern für politisch interessierte Frauen.
Frau
Ministerin Kuder
bestätigte aus ihrer praktischen politischen Tätigkeit, dass Gespräche im Anschluss an offizielle Termine äußerst wichtig seien. Wichtig sei es auch, sich im richtigen Augenblick ins Gespräch zu bringen und Ansprüche deutlich anzumelden. Frauen seien hervorragende Führungskräfte, weil sie strukturiert und organisiert seien. Parteipolitisch käme man einen großen Schritt voran, wenn z. B. bei den Listenaufstellungen mindestens jeder dritte Platz von einer Frau besetzt würde. Frauen neigten dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen; durch eine persönliche Ermutigung könne viel erreicht werden.
‚Die Unterschiede zwischen Wirtschaft und Politik im Hinblick auf 'Frauen in Führungspositionen' sind marginal.‘ Diese Ansicht vertrat
Monika Müller
. Je nach Branche gebe es jedoch erhebliche Differenzen. Die Frauenquote habe einiges bewegt, so habe sich z. B. der Frauenanteil in den Führungsebenen von DAX-Unternehmen deutlich erhöht. Vieles sei möglich, wenn Frauen eine klare Zielvorstellung verfolgten und sich nicht aufgrund diverser Aktivitäten verzettelten. Entscheidende Veränderungen müssten von den Unternehmensleitungen ausgehen; Veränderungen von unten könnten sich kaum durchsetzen.
Im weiteren Verlauf wurden von Teilnehmerinnen weitere Akzente gesetzt. Wichtig sei es, so eine Gleichstellungsbeauftragte, auch an die Frauen der ersten Stunde zu erinnern. Sie hätten viel auf sich genommen und den Weg Schritt-für-Schritt geebnet. In den letzten Jahrzehnten sei sehr viel erkämpft worden.
Eine andere Teilnehmerin kritisierte die Haltung, nach der es für Frauen nur den einen Weg gebe könne, nämlich die Kinder 'eiskalt weg zu organisieren' und sich kompromisslos an die Strukturen der Macht anzupassen. Es stelle einen unschätzbaren Wert für die Frauen, Familien und auch Gesellschaft dar, wenn Frauen zu ihrem ‚Frau-Sein‘ stehen könnten und Zeit für die Kindererziehung hätten. Die Gesellschaft müsse die Leistungen von Müttern viel mehr anerkennen und wertschätzen. Der Vereinbarkeit von Beruf, Familie, Ehrenamt müsse eine hohe Priorität zugeschrieben werden.
Eine weitere Teilnehmerin wies darauf hin, dass mit der jungen Generation veränderte Wertvorstellung Einzug hielten. Für viele junge Frauen und Männer sei es heute wichtig, dass sie gleichberechtigt Kinder erziehen und beide Partner sich beruflich engagieren. Mittlerweile sei es viel akzeptierter, wenn Männer sich um Kinder kümmeren und Erziehungszeiten nehmen.
Die Dinge dürften nicht über einen Kamm geschoren werden, vielmehr müssten flexible Modelle installiert werden. Nicht alle Frauen und Männer könnten Führungspositionen übernehmen, es gehöre auch eine Portion Glück dazu und unverzichtbar seien freilich auch Fleiß und Ausdauer.
Mentorenschaften reichten nicht aus; man müsse einen Schritt weiter gehen und weibliche Führungskräfte protegieren.
Fazit:
Gesellschaftlich ist viel in Bewegung. Gleichwohl ist auf dem Weg zu einem Mehr an Frauen in Führungspositionen noch lange nicht alles erreicht. Der Spagat für Frauen zwischen Beruf, Familie, Ehrenamt, Freizeit bleibt eine dauernde Herausforderung. Geschickte Weichenstellungen können viel erreichen, sie müssen allerdings ergriffen werden.