In einem gut gefüllten Technologiezentrum sprachen wir mit Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani über das "Integrationsparadox"
Auch der Landtagsabgeordnete von Oberhausen, Wilhelm Hausmann, meldete sich zu Wort und bezog Stellung.
„Wenn alle pessimistisch werden, wirkt der Realist wie ein Optimist“
Prof. El-Mafaalani beginnt seinen Vortrag mit einem Paradox – denn seine Aussagen, die er aus seiner jahrelangen Forschung zum Thema abgeleitet hat und schon lange veröffentlicht, werden ganz unterschiedlich wahrgenommen. 2013 wurde er als Pessimist gesehen, als er eine Vorlesung zu dem Thema hielt. Jetzt ist er der Optimist, „obwohl ich noch genau die gleichen Worte sage.“ Seine Erkenntnisse basierten auf Daten, mit denen auch andere Autoren arbeiteten – auch wenn diese teilweise Horror-Szenarien malten. Er ist der Überzeugung: „Aus den Büchern lernt man immer mehr über den Autor als über die reale Gesellschaft in Deutschland.“
Realität vs. Luftschloss
Die Autoren verglichen die Realität mit ihrem Idealbild der Gesellschaft, was zu solchen Ergebnissen führe. „Sie erfahren in meinem Buch nicht meine Idealvorstellung“, erklärt El-Mafalaani – man erfahre nur, wie die Teilhabechancen von benachteiligten Gruppen wachsen würden. Und die Teilhabe wächst in allen Bereichen. Egal ob Bildung oder Sprachkompetenz: „Es war nie besser als heute.“ Er selbst habe angefangen zu forschen, weil er darunter gelitten habe, dass sich lange niemand für Integration interessiert habe – erst seit wenigen Jahrzehnten ist dies in Deutschland wirklich Thema.
Vom Boden an den Tisch
El-Mafalaani nutzt eine Metapher, um zu erklären, warum gelungene Integration mit mehr Konflikten einhergehe. Die Gesellschaft ist wie ein Raum, in der Mitte ein großer Tisch, an dem die Entscheidungen getroffen werden und der in den 1950er Jahren mit einigen mächtigen Männern besetzt ist. Auf dem Boden sitzt der Rest der Gesellschaft. In den letzten Jahren setzten sich immer mehr Menschen an den Tisch – Menschen aus Randgruppen, die vorher auf dem Boden kein Mitspracherecht hatten. An diesem Tisch werde der Kuchen aufgeteilt, von dem jeder sein Stück haben wolle. Durch die vielen Menschen am Tisch entstehen zwangsläufig Konflikte – weil nun mehr Menschen mitreden können.
„Ist das noch der richtige Kuchen?“
Inzwischen stellt sich für viele Gruppen aber die Frage: Ist das, was an diesem Tisch aufgeteilt wird, überhaupt noch richtig? El-Mafaalani macht dies am Beispiel der Frauenbewegung fest: Sie hätten nun ein Stück vom Kuchen, zum Beispiel einen Arbeitsplatz – aber was ist, wenn die Unternehmen und Universitäten männlich geprägt sind? Das Grundgesetz sehe vor, dass so eine Selbstüberprüfung der Gesellschaft vorgenommen werde – was dann passiert, wenn in einer offenen Gesellschaft Konflikte diskutiert werden.
Streitkultur entwickeln
Man solle sich darüber streiten, wie man streiten möchte: „Der Streit ist das Resultat einer gewünschten Entwicklung – denn eine offene Gesellschaft ist nicht gemütlich.“ Aufpassen müsse man jetzt, dass bei den verbleibenden Menschen auf dem Boden keine Resignation einkehre und sich nicht das Bild einstelle, sie wären selbst schuld, dass sie nicht am Tisch sitzen. In der anschließenden Diskussion unterhält er sich angeregt mit den Gästen über das Wir-Gefühl, Konflikte und das Leben in einer Gesellschaft ohne Tisch. Er schließt mit einem positiven Appell: „Eine offene Gesellschaft verlangt allen etwas ab – doch sie hat eine ganz besondere Dynamik.“
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