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Comptes-rendus d'événement

Die alternde Gesellschaft und die Antwort der Politik

Längst ist es erklärter politischer Wille, der Steigerung der Geburtenraten in Deutschland keine Aufmerksamkeit mehr zu schenken. Um die damit verbundenen Folgen und Probleme zu diskutieren und Lösungsansätze für den anhaltenden Geburtenschwund zu erörtern, hatte das Politische Bildungsforum der Konrad-Adenauer-Stiftung nach Mainz eingeladen. Die Experten auf dem Podium und die Teilnehmer waren sich einig in der Auffassung, das Geld allein keine Kinder zeuge. Aber eine Transferausbeutung der Eltern mit Kindern zugunsten der Kinderlosen dürfe es auch nicht geben.

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Als bezeichnend für die gegenwärtige Situation in Deutschland erachtete Karl-Heinz B. van Lier, Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung für Rheinland-Pfalz, in seiner Einführung das Zitat von Joseph Kardinal Frings: „Die Zukunft eines Volkes hängt nicht von der Zahl der Kraftwagen ab, sondern von der Zahl der Kinderwagen“. Die existenzbedrohenden Mangelerscheinungen des Geburtenrückgangs sichtbar zu machen, sei die Aufgabe der politischen Bildung, so van Lier. Seine Kritik lautete: „Den demografischen Wandel als Chance zu begreifen ist eine Beschönigung!“. Auch wenn es erste Stimmen aus der Politik gäbe, dass der demografische Wandel all unsere Errungenschaften zunichtemachen werde, sei es dringend notwendig die Probleme in einer breiten Öffentlichkeit zu kommunizieren. Dies zeige sich, so van Lier abschließend, unter anderem daran, dass Zahlen zur Wirtschaftslage in Deutschland meist bekannt seien, nicht aber die Zahlen, die die Demografie in Deutschland beträfen.

Der renommierte Bevölkerungsforscher Prof. Dr. Herwig Birg erinnerte zum Thema „Die alternde Republik und das Versagen der Politik“ daran, dass die derzeitigen und künftigen Probleme, die aus der demografischen Entwicklung herrührten, längst bekannt seien. In diesem Zusammenhang sprach Birg von der „bestprognostizierten Krise in Deutschland“. Und weiter: „Langfristige Demografieaussagen sind zuverlässiger als kurzfristige. Ähnlich wie beim Verhältnis von Wetter und Klima. Nichtgeborene Kinder sind nach 30 Jahren schlichtweg nicht als Eltern vorhanden“. Insofern sei die Schrumpfung nur logisch.

Mit Blick auf die internationale Entwicklung der Demografie prognostizierte der Bevölkerungsforscher einen ähnlichen Trend wie in Deutschland. Andere Länder und Kontinente würden perspektivisch die gleiche Entwicklung durchmachen, wobei Länder, in denen der Bevölkerungsrückgang durch Zuwanderung reguliert werde, diese später erreichten. Das Spezielle an der deutschen Situation ist Birg zufolge die Vielzahl an bedeutsamen Umbrüchen im 20. Jahrhundert: „In Deutschland mussten in der Zeitspanne eines Lebens zwei Weltkriege und Diktaturen verarbeitet werden“.

Der heutigen Situation leistete das Vorschub, was Birg als „demografische Zeitenwende“ bezeichnet: „Durch die Einführung der sozialen Rentenversicherung ist in Deutschland der Irrglaube eingekehrt, man tue etwas für die Sicherung im eigenen Alter. Stattdessen werden die heute bezahlten Beiträge bereits für die Renten der heute Alten ausgegeben, denn im Umlageverfahren werden keine Rücklagen gebildet“. Birg kritisierte, dass diese Illusion weiter bestehe und die Politik nichts tue, um dies zu ändern. Vielmehr seien Bevölkerungsprobleme im Sprachgebrauch zu Chancen umgewandelt worden und Ansätze zur Lösung des Problems fokussierten sich zunehmend auf die Zuwanderung. Birgs eindringlicher Abschlussappell lautete daher: „Unsere Existenz kann nicht darauf aufbauen, dass wir zuwanderungstechnisch von den Kriegen und Krisen auf der Welt profitieren!“.

Der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Dr. h.c. Erwin Teufel legte seine Vorstellung einer neuartigen Familienpolitik dar. Ausgehend von der Annahme, dass die Familie als Lebensgemeinschaft Vertrauen aufbaue, gegenseitige Hilfe gewährleiste, die Kinder erziehe, ihnen Bildung, Sprachkompetenz und Wissen vermittle, sei es die vordringliche Aufgabe der Politik, Familien - auch finanziell - zu stärken. „Der Staat“, so die Ansicht Teufels, „kann keinen Einfluss auf die Kinderzahl nehmen und sollte daher auch kein Prämiensystem vorsehen. Aber: Wer sich für Kinder entscheidet, darf aber niemals bestraft werden!“. Die gegenwärtige Situation hingegen sei eine Missachtung des Grundgesetzes. Möglichkeiten, diese für Familien positiv zu verändern, sieht der ehemalige Ministerpräsident einerseits in der Einführung eines Familienwahlrechts und andererseits in der Beibehaltung des Ehegattensplittings sowie der Einführung eines Familiensplittings im Steuerrecht.

Trotz der hohen Summen, die Deutschland für Leistungen an Familien ausgebe, würden Einkommensausfälle durch diese niemals ausgeglichen. Teufel zufolge seien das Eltern- und Betreuungsgeld eine finanzielle „Unterkante“. Er plädierte daher für zusätzliche, dringend notwendige Maßnahmen, um Familien zu stärken, wie beispielsweise einen garantierten Rückkehranspruch auf den Arbeitsplatz. Und er ergänzte: „Ob und wann eine Frau in den Beruf zurückgeht ist die alleinige Entscheidung der Eltern. Sie ist nicht zu bewerten, sondern zu akzeptieren!“. Familien mit Kindern könnten uneingeschränkt Hilfe von der öffentlichen Hand erwarten, da sie die Rentenzahler von morgen großziehen, so der abschließende Aufruf Teufels.

Die Perspektive der jungen Generation vertrat der Bundesvorsitzende der Jungen Union Paul Ziemiak. Auch wenn das Thema des demografischen Wandels komplex sei und alle politischen Bereich umfasse, so Ziemiak, sei ein Aspekt besonders virulent: „Das System der sozialen Sicherung im Alter wird in seiner bestehenden Form als umlagefinanziertes System vor die Wand fahren!“. Er kritisierte die Einführung der Rente mit 63 als „Schritt zurück“, der keineswegs die Probleme von morgen löse. Stattdessen werde seine Generation länger arbeiten und mehr zahlen müssen, um später noch weniger aus dem System heraus zu bekommen. Ziemiak forderte daher die Bildung einer „Demografierücklage“ innerhalb des Rentensystems sowie dessen Flexibilisierung.

Künftig werde vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, also auch die Flexibilisierung des Arbeitslebens, ein zentrales Thema für die junge Generation sein, so der JU-Bundesvorsitzende. Aber auch die echte Wahlfreiheit für Familien: „Wenn der Staat sich einmischt, wer wann und wie zu Hause die Kinder erzieht, dann ist das ein Misstrauensvotum gegen die Familien in Deutschland!“. Er zeigte sich zuversichtlich, alle anstehenden Herausforderungen bewältigen zu können, auch die der Rentenproblematik. „Aber den gesellschaftlichen Wandel für Kinder kann man nicht bestimmen, er muss sich in der Gesellschaft entwickeln“, meinte Ziemiak abschließend.

Die von Uta Rasche, Journalistin beim Politikressort der F.A.S., moderierte Gesprächsrunde hatte den Tenor „Mehr Flexibilisierung für Familien!“. Prof. Birg fasste dies wie folgt zusammen: „Der Lebenslauf junger Menschen ist ein Hindernislauf. Die Teilnehmer sollen flexibel und mobil in der Arbeitswelt sein und gleichzeitig Familientugenden entwickeln. Wenn sich aber diese Tugenden so derart widersprechen, dann kommt die Frage der Gewichtung auf. Wir müssen die Wirtschaft um die Familien herum bauen, nicht umgekehrt!“. Und Paul Ziemiak ergänzte: „Man wird mit Kindern immer zurückstecken müssen. Aber wir müssen dahingehend umdenken, dass die Familienzeit nicht weiter als verlorene Zeit angesehen wird!“. Um dies zu gewährleisten schlug er die Auflösung des Betreuungsgelds zugunsten einer steuerlichen Begünstigung von Erziehungszeit vor.

Dem Novalis-Zitat „Wo Kinder sind, da ist ein goldenes Zeitalter“ folgend forderte der IDAF-Vorsitzende Jürgen Liminski in seinem Schlusswort die uneingeschränkte Schaffung von guten Rahmenbedingungen für Familien. Dazu seien unter anderem die einschlägigen Urteile des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen, die Sozialsysteme entsprechend anzugleichen und ein Familienwahlrecht einzuführen. Die hieraus entstehenden Kosten fielen, so die Auffassung Liminskis, durch die vorherrschende Schieflage zuungunsten von Familien bereits jetzt an.

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Interlocuteur

Karl-Heinz B. van Lier

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