Comptes-rendus d'événement
Weit über 100 Teilnehmer kamen zum Fachvortrag mit Dr. Kinan Jäger auf Einladung des Politischen Bildungsforum Saarland der Konrad-Adenauer-Stiftung. Der in Damaskus geborene Geographie-, Politik-, und Islamwissenschaftler arbeitet als Lehrbeauftragter an der Universität Bonn und bot mit seinem Vortrag tiefe Einblicke in die Situation der Menschen im Nahen Osten. Ziel der Veranstaltung unter dem Titel „Steht der Nahe Osten vor dem Abgrund“ war es, die aktuelle Situation vor dem Hintergrund neuer eskalierender Konflikte und alter Wunden im Nahen Osten zu beleuchten und Lösungsansätze für ein friedliches Zusammenleben in der Region aufzuzeigen.
Einleitend ging der Referent im Besonderen auf die Situation in Syrien ein, einem Land, in dem nun schon seit 2011 der blutige Bürgerkrieg tobt und erläuterte anhand von Grafiken und Videos, basierend auf seinen eigenen Forschungsreisen, die momentane wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation im Land. In beeindruckender Klarheit wurde den Zuhörern die Lebenswirklichkeit der Menschen in dem Land geschildert, in dem durch den Konflikt mit dem Diktator Assad, der nachweislich die eigene Bevölkerung mit chemischen Waffen bekämpft, und dem Islamischen Staat, der um die Vorherrschaft in der gesamten Levante mit viel Blutvergießen kämpft. Neben dem bekannten Leid aus Tod, Vergewaltigung, Versklavung und Folter, das uns in den letzten Jahren über die Medien begleitet hat, ging es auch um die Probleme und Ängste, die Rückkehrer in die zerstörten Gebiete haben. So gilt jeder, der vor Hunger, Leid und Tod geflohen ist, als Feind des regierenden Regimes und muss bei der Rückkehr neben Besitzlosigkeit auch neue Repressionen fürchten. Der Referent konnte hierzu auch Beispiele aus seiner eigenen Familiengeschichte liefern, die zur Veranschaulichung beigetragen haben.
Insbesondere die alten Konflikte um Religion und die Vormachtstellung einzelner ethnischer Gruppen spielten eine wichtige Rolle im weiteren Vortrag, um die neuen Probleme auch zu verstehen und einordnen zu können. Den Zuhörern wurde im Verlauf deutlich, weshalb der Blick in die Geschichte so wichtig ist, um die neuen Konflikte zu verstehen. So bilden sich aktuell zum Teil absurde Allianzen, die vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen wären, wie beispielsweise eine Allianz aus Saudi-Arabien und Israel. Wie gefährlich das Mitmischen der westlichen Großmächte und Russland in dieser Region voller Konflikte und Spannungen ist, konnte anhand der jüngeren Geschichte nachvollzogen werden. Stellvertreterkonflikte und Machtinteressen auch von Nachbarstaaten werden unter Missbrauch von Religion und Ethnie vollzogen und destabilisieren die gesamte Region seit vielen Jahren.
Natürlich war es den Zuhörern auch wichtig, wie sich die neue Außenpolitik des US-Präsidenten auf die Region auswirkt und welche Lösungsansätze es gibt um die Region nachhaltig zu befrieden. In Bezug auf die Lösungsansätze konnte Herr Jäger einige Ansatzpunkte, ausgehend von seinen eigenen Forschungen liefern, ohne allerdings ein Allheilmittel präsentieren zu können. Das Schaffen von Win-Win Situationen für die Staaten des Nahen Ostens und die des Westens können hier insbesondere in Bezug auf Tourismus und Energiepolitik ein Ansatzpunkt sein. Auch das sogenannte „ABS- Programm“, das für Arbeit Bildung und soziale Absicherung steht, ist ein Ansatzpunkt, der zum Erfolg führen könnte und somit insbesondere der jungen Generation eine Perspektive vor Ort, in dieser oft noch archaisch geprägten Gesellschaft bieten kann. Jedoch braucht es, um in der Region Entwicklung und Wohlstand zu schaffen, Sicherheit, Stabilität und Austausch. Dinge die wir momentan in der gesamten Region leider vermissen, so Herr Jäger.
Die Zuhörer haben sich im Verlauf der Veranstaltung insbesondere auch mit der Rolle Israels in der Region befasst, einem Land das von vielen Anrainerstaaten noch immer als Fremdkörper angesehen wird und dessen Sicherheit bekanntermaßen zur deutschen Staatsraison gehört. Auch konnte Herr Dr. Jäger in den Fragen noch stärker auf die Auswirkungen der Flüchtlingssituation eingehen und die vielen Fronten in der Region für die Zuhörer in verständlicher Weise ordnen. Der Überblick über Interessensgruppen, wie Kurden oder verschiedenste Rebellengruppen in Syrien oder die vielschichtigen Interessen der Nachbarstaaten hat vielen Zuhörern einen ganz neuen Blickwinkel geöffnet. Auch die Rolle Deutschlands bei all diesen Problemen vor den Toren Europas war es wert, noch diskutiert und beraten zu werden. So stellten die Teilnehmer fest, dass sich die deutsche Außenpolitik schon geändert habe und sie stehe weiterhin vor großen Herausforderungen in der Zukunft auch mehr Verantwortung in der Welt zu übernehmen. Ein informativer und kurzweiliger Abend bei der Konrad-Adenauer-Stiftung im Saarland ging mit vielen neuen Blickwinkeln für die Teilnehmer aber auch mit Nachdenklichkeit angesichts der Herausforderungen zu Ende.