In Ziguinchor im Süden des Landes hat Ousmane Sonko1 mit der Koalition Yewwi Askan Wi (YAW) die Wahl für sich entschieden. Dies dürfte vor allem im Sinne der jungen Bevölkerung sein, die mehrheitlich als Anhänger von Ousmane Sonko gelten. In der Hauptstadt Dakar hat Bathelémy Diaz, ebenfalls mit YAW, die meisten Stimmen erhalten.
YAW hat sich im Herbst 2021 als Bündnis um die Partei PASTEF Les Patriotes und anderen Parteien gegründet. Klares Ziel dieses Bündnisses war es, die Regierungskoalition Benno Bokk Yaakar (BBY), welche in den letzten Monaten an Glaubwürdigkeit verloren hatte, zu besiegen. BBY hatte erst spät und zudem unbekannte oder unbeliebte Kandidaten aufgestellt. Die Debatte um ein möglicherweise bei den Wahlen 2024 von Macky Sall, dem amtierenden Präsidenten, angestrebtes drittes Mandat dürfte bei der Wählerentscheidung eine Rolle zugunsten der Oppositionskoalition gespielt haben. Die Chancen auf eine Wiederwahl sind somit schlechter geworden. Ohnehin sind laut Verfassung nur zwei Legislaturen zugelassen.
Erstmalig wählten die Senegalesen die Verwaltungsoberhäupter direkt. Dazu war im August 2021 das Wahlgesetz vom Parlament angepasst worden. Dies war notwendig geworden, um die Zulassung der über 320 Parteien und Koalitionen besser zu managen und um zu verhindern, dass Listenplätze nachträglich getauscht werden. Die Einigung auf die eingereichten Kandidatenlisten führte im Vorfeld der eigentlichen Wahlkampagne zu überraschenden Lagerwechseln.
Die neu gegründete Oppositionskoalition YAW konnte wichtige Unterstützer aus dem Lager Y’en a marre Frapp um Guy Marius Sagna und Khalifa Sall, Vorsitzender der Parti Socialiste (PS) für sich gewinnen. Khalifa Sall, ehemaliger Bürgermeister von Dakar, hatte aufgrund eines Strafverfahrens wegen Korruption nicht mehr selbst als Kandidat antreten können. Auch Bathelémy Diaz, der als charismatisch geltende Bürgermeister der Dakarer Kommune Mermoz-Sacré-Coeur, wechselte überraschend zu YAW. Diaz gehörte ursprünglich ebenfalls der Regierungskoalition BBY an.
Abdoulaye Baldé, abgelöster Bürgermeister von Ziguinchor, hatte im Zuge der Wahlen die Regierungskoalition BBY verlassen, um seine eigene Koalition unter dem Namen UCS Mbolo (Union Centriste du Senegal) zu gründen. Trotz seiner nachweisbaren Erfolge für Ziguinchor konnte er sich nicht gegen Ousmane Sonko durchsetzen. Abzuwarten bleibt, ob und wie Sonko, sein Programm Burok, das 14 Großprojekte vorsieht, u. a. die Einführung einer lokalen Währung, umsetzen kann.
Der Wahltag verlief weitestgehend friedlich, die Ergebnisse werden akzeptiert
Die Wahlkommissionen bestätigten einen transparenten und weitestgehend friedlichen Verlauf der Wahlen. Dass hierüber im Vorfeld große Sorge vorherrschte, zeigte sich darin, dass ein Großaufgebot an Sicherheitskräften aufgeboten wurde.
Wahlbeobachter berichteten, dass es vereinzelt zu einer verspäteten Öffnung der Wahllokale aufgrund fehlender Umschläge und Wahlscheine kam. Mitunter wurden auch Wahlscheine falsch zugestellt. Berichtet wurde auch über versuchten Stimmenkauf.
Eine Wahlkampagne mit verbalen Attacken, wenig Programm und vereinzelten Scharmützeln
Die Wahlkampagne selbst wurde 15 Tage vor der Wahl am 08.01.2022 eröffnet. Trotz verschiedener Appelle der Regierung, der Medien und namhaften
Vertretern der Zivilgesellschaft, kam es während der Wahlkampagne vereinzelt zu Rangeleien mit Verletzten. Wahlkampf in Senegal ist Straßenwahlkampf und erfolgt mit Autokonvois zu großen zentralen Plätzen. Dort jubeln die Menschen ihren Kandidaten zu, die Frauen tanzen. Politiker versprechen die Umsetzung von Großprojekten und diskreditieren ihre politischen Gegner. Ausformulierte Wahlprogramme gibt es selten bis gar nicht.
Mit neuen Köpfen weiter in Richtung Entwicklung von Wirtschaftsräumen und Verbesserung der Infrastruktur
In den nächsten Monaten wird sich zeigen, inwieweit die neuen Köpfe bereits geplante Projekte weiter vorantreiben werden und neue Akzente
setzen können. In den letzten Jahren konnten einige Erfolge erzielt werden, die in der Regel meist Dakar zugutekamen. Insbesondere die Regionen
leiden nach wie vor an infrastrukturellen Mängeln. Intransparenter und illegaler Ressourcenabbau in den Minen und an wertvollen Waldbeständen,
eine mitunter als korruptionsanfällig, unreguliert bzw. nicht kontrolliert agierende Boden- und Grundstücksverwaltung, wachsende Kriminalität,
mitunter beobachtete Unterwanderung durch Extremisten aus den Nachbarländern – all das sind schwierige Bedingungen für die ohnehin budgetär
prekär ausgestatteten Kommunen.
Die Kommunalwahlen haben zum Teil überraschende Ergebnisse hervorgebracht. Das neu gegründete Oppositionsbündnis Yewwi Askan Wi
um Ousmane Sonko hat wichtige Siege in wichtigen Städten errungen. Ob dieser Triumph auch langfristig trägt und die Option auf einen Regierungswechsel auch auf nationaler Ebene 2024 mit sich bringt, wird wesentlich davon abhängen, ob die neuen Bürgermeister in den kommenden Jahren Erfolge erzielen können.
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1 Im März 2021 wurde Ousmane Sonko in Gewahrsam genommen, angeblich weil sein Konvoi, begleitet von seinen Aktivisten, ein Verkehrschaos verursacht hatte. Sonko war auf dem Weg zu einer gerichtlichen Anhörung wegen Vergewaltigungsvorwürfen. Infolge der Festnahme kam es zu Ausschreitungen im ganzen Land, mit 15 Toten und 600 Verletzten.