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Comptes-rendus d'événement

Fluchtursachen wirksam reduzieren - nur wie?

Internationale Kommission der Jungen Union Deutschlands informiert sich vor Ort im Senegal

Vom 7. bis 11. November informierten sich Mitglieder der Internationalen Kommission der Jungen Union Deutschlands, darunter die beiden Abgeordneten Stefan Gruhner MdL und Tim-Christopher Zeelen MdA, im Rahmen des Seminars „Migrations-Hotspot Senegal: Politische und wirtschaftliche Herausforderungen für eine wirksame Reduzierung von Fluchtursachen“ über die Situation vor Ort im Senegal. Im Mittelpunkt des Seminarprogramms standen Gespräche mit Ministern, Botschaftern, Abgeordneten und Vertretern der Zivilgesellschaft.

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Gute Regierungsführung und politischer Dialog sind zentral

Mit Abgeordneten der am 30. Juli 2017 neu gewählten Nationalversammlung und dem Jugendminister, Gorgui Ndong, sowie dem Minister des Senegalesischen Entwicklungsplans (Plan Senegal Emergent, PSE), Dr. Cheikh Kante, konnten die Delegationsmitglieder über aktuelle politische Entwicklungen des Landes diskutieren. Der PSE-Minister Kante betonte in seinen Ausführungen, dass Deutschland einen sehr guten Ruf im Senegal genieße, insbesondere wegen seiner starken Wirtschaft und der besonderen Rolle kleiner- und mittelständischer Unternehmen. Deutschland nehme insofern eine Vorbildfunktion ein. Der Minister interessierte sich vor allem auch für das duale Berufsausbildungssystem und die ordnungspolitische Vorstellung der Sozialen Marktwirtschaft.

Der von Staatspräsident Macky Sall 2014 verabschiedete Senegalesische Entwicklungsplan PSE hat im Wesentlichen drei Kernelemente, so der Minister. Es gehe um eine Verbesserung der Infrastruktur (Bau von Straßen, Brücken und Flughäfen), um die Investition in Bildung und die Talente der jungen Bevölkerung sowie um eine gute Regierungsführung und den Kampf gegen Korruption.

Ferner solle der Tourismussektor des Landes ausgebaut werden, so dass das sonnenreiche Land in Westafrika noch stärker als bisher, als Tourismusdestination wahrgenommen werde. Die entscheidende Herausforderung sei die Verbesserung der (Verkehrs-) Infrastruktur des Landes, so Dr. Kante weiter. Der Minister verwies stolz auf die positive Wirtschaftsbilanz des Landes und machte deutlich, dass das Wirtschaftswachstum von 6,7 Prozent 2016 in den kommenden Jahren noch deutlich ansteigen dürfte.

Wirtschaftliche Entwicklung und Schaffung von Arbeitsplätzen bleiben größte Herausforderungen

Die Gesprächspartner des größten senegalesischen Arbeitgeberverbandes im formellen Sektor, des institutionellen Partners der Konrad-Adenauer-Stiftung im Senegal seit 1992, des Conseil National du Patronat (CNP), betonten in ihren Ausführungen ebenso, dass das wirtschaftliche Klima des Landes derzeit sehr positiv sei. Das Wirtschaftswachstum sei jedoch vor allem auf ausländische Investitionen zurück zu führen, dabei sei das Engagement Chinas und der Türkei im Senegal besonders nennenswert. China investiert besonders stark im Straßenbau, türkische Unternehmen sind stark im Bau von Büro- und Wohnhäusern vertreten. Auch der Jugendminister Senegals, Gorgui Ndong, unterstrich in seinem Gespräch mit den deutschen Jungpolitikern, dass die Regierung unter Führung des Premierministers Mohammed Abdallah Dionne einen besonderen Fokus auf die Schaffung von Arbeitsplätzen für die junge Bevölkerung Senegals lege. 60 Prozent der 15,4 Mio. Senegalesen sind jünger als 20 Jahre; das Bevölkerungswachstum beträgt jährlich 2,9 Prozent und die Arbeitslosenquote ist besonders unter jungen Menschen sehr hoch. Die mangelnde Perspektive auf dem Arbeitsmarkt, verbunden mit einem reformbedürftigen Bildungssystem, führt viele junge Menschen dazu, das Land zu verlassen.

Der Jugendminister betonte in seinen Ausführungen, dass in den kommenden Jahren vor allem im landwirtschaftlichen Bereich neue Arbeitsplätze für die Jugend geschaffen werden sollten. Die Regionen des Landes seien vermehrt von Abwanderung betroffen, weshalb gerade dort neue Arbeitsplätze in den Bereichen Fischerei, Viehzucht und Obstanbau geschaffen werden müssten, so der Minister abschließend. Er ermutigte die Delegationsmitglieder der Jungen Union, den Austausch mit jungen politischen Verantwortungsträgern im Senegal zu suchen – auch wenn nur eine der 165 Abgeordneten der neu gewählten Nationalversammlung jünger als 35 Jahre sei.

Zivilgesellschaft stärken und politi-sches Engagement fördern

Im Gespräch mit Vertretern des nationalen Jugendrates, Stipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung im Senegal und den Autoren des Buchs „Politisez-vous“ (auf Deutsch: „Politisiert Euch“) wurde außerdem deutlich, wie selbstbewusst und politisiert die junge senegalesische Bevölkerung ist und wie sehr ein gesellschaftlicher Veränderungswille spürbar ist. Man dürfe sich nicht fortlaufend auf die koloniale Vergangenheit berufen, sondern müsse zukunftsorientiert eigenverantwortlich handeln und die Geschicke des Landes selbst in die Hand nehmen, so viele der jungen Gesprächspartner.

Die wesentlichen Herausforderungen seien jedoch das reformbedürftige Bildungssystem, schlechte Aussichten auf dem Arbeitsmarkt und damit eine zunehmende irreguläre Migration, so der Vorsitzende des nationalen Jugendrats, Khadim Diop. Der Conseil National de la Jeunesse du Senegal (CNJS) setzt sich bereits mit Sensibilisierungsmaßnahmen für ein realistisches Bild von Europa ein und versucht, das verzerrte Bild vom Eldorado Europa zu entmystifizieren. Eine zentrale Forderung des Jugendrats ist allerdings, dass Senegalesen die legale Einreise nach Europa erleichtert werde, u.a. durch die Vergabe von Visa für Kurzaufenthalte.

Mythos Europa entzaubern – Sensibilisierung vor Ort stärken

Besonders nachdenklich stimmte ein Besuch bei einer Initiative von Müttern, die im Mittelmeer Familienangehörige, mehrheitlich ihre Söhne, bei deren Versuch nach Europa zu gelangen, verloren haben. Die Mütter haben sich organisiert und eine Vereinigung gegründet, die Sensibilisierungsprogramme in den Vororten Dakars organisiert, um migrationswillige junge Senegalesen vor dem gefährlichen Abenteuer einer irregulären Migration abzubringen. Gleichzeitig schafft die Initiative mit einfachen Mitteln Ausbildungsplätze für junge Mädchen, damit diese leichter einen Berufseinstieg ermöglicht bekommen und somit Perspektiven vor Ort erkennen. Die Initiative der Mütter beklagt jedoch, dass legale Möglichkeiten der Einreise nach Europa stärker in den Mittelpunkt gerückt werden müssten und sich europäische Staaten stärker mit den Gründen einer Flucht in den Ländern vor Ort auseinandersetzen müssten.

Senegal – ein Land mit vielen Perspektiven

Bis zum 19. September 2017 wurden nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) 5366 Senegalesen in Italien registriert, die irregulär über das Mittelmeer Europa erreichten. Obschon Senegal im deutschen Asylrecht als sicheres Herkunftsland gilt, nimmt die Zahl der aus dem Land stammenden Migranten in Europa weiter zu. Die Schaffung von Arbeitsplätzen und somit von Perspektiven für die Jugend – vor allem im ländlichen Raum – bleibt eine zentrale Herausforderung, um Fluchtursachen wirksam reduzieren zu können. Die Wirtschaftsbilanz Senegals ist gut, allerdings profitieren nur wenige vom Aufschwung, das Gefälle zwischen Stadt und Land wächst weiter und das anhaltend hohe Bevölkerungswachstum erschwert eine Konsolidierung der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Die junge Bevölkerung Senegals ist sich der Probleme des Landes bewusst und zeigt ein hohes Maß an Reformbereitschaft, um die Entwicklung des Landes weiter voran zu treiben.

Im Austausch mit den Jungpolitikern aus Deutschland wurde deutlich, wie sehr der Dialog zwischen afrikanischen und europäischen Entscheidungsträgern wichtig ist, um ein besseres Verständnis von der jeweils anderen Perspektive zu erhalten. Die senegalesischen und die deutschen Referenten des Seminars unterstrichen wiederholt, dass eine Partnerschaft zwischen Europa und Afrika auf Augenhöhe wichtig ist, um gemeinsam an einer Reduzierung der Fluchtursachen und somit an einer Verbesserung der Lebensumstände zu arbeiten. Gewiss bleibt noch ein langer Weg zu bestreiten, aber gewiss hat Senegal dabei neue Mitstreiter gefunden.

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Interlocuteur

Dr. Thomas Volk

Portrait
thomas.volk@kas.de

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