Comptes-rendus d'événement
Was bedeutet es, ein guter Unternehmer zu sein? Dies war die zentrale Frage des Abends und auf der Grundlage der jüngsten Schrift des päpstlichen Rates Für Gerechtigkeit und Frieden mit dem Titel „Zum Unternehmer berufen“ gaben Elisabeth Bauer, Leiterin des Bildungswerks Dortmund, und Marie-Luise Dött, Vorsitzende des BKU, eine Einführung in die Thematik und begrüßten gleichzeitig das Publikum sowie die Referenten.
Frau Bauer betonte, dass unternehmerisches Handeln auf lokaler Ebene, die Diskussion über Unternehmen jedoch global stattfinde. Daraus ergebe sich eine zu undetaillierte Beschäftigung mit den Unternehmern selbst in der Öffentlichkeit. Hieran schloss Frau Dött an, indem Sie die Schrift des päpstlichen Rates als in dieser Hinsicht besonders hervorhob. „Zum Unternehmer berufen“ sei ein Dokument, das sich auf den Unternehmer als Menschen konzentriere. Denn Unternehmer zu sein hieße, eigene Ideen umzusetzen und dafür ein hohes persönliches Risiko auf sich zu nehmen. Verantwortung und Selbsthaftung waren hier die Stichwörter. Besonders Letzteres unterscheide einen Unternehmer beispielsweise von einem Investmentbanker. Die drei unternehmerischen Prinzipien Sehen, Urteilen und auf dieser Grundlage Handeln, anhand derer der päpstliche Rat die ethischen Anforderungen an Unternehmer analysiert hatte, rundeten die Einführung ab.
Prof. Dr. Wiemeyer vom Lehrstuhl für Christliche Soziallehre an der Ruhr-Universität Bochum betonte, dass Unternehmen sich zunächst auf moralisches Handeln in ihrem Kerngeschäft konzentrieren sollten und soziales Engagement keine Entschuldigung für ethische Defizite im unternehmerischen Handeln seien. Unternehmen sollten beispielsweise nicht Gesetzeslücken suchen, sondern vielmehr über die Intentionen und den gesellschaftlichen Sinn eines Gesetzes nachdenken. Ein Kompass für moralisch vertretbares Handeln könne sein, ob eine Handlung geheim gehalten werden müsse oder nicht. Transparenz als Indiz für Moral war hier das Motto. Zudem bräuchten Unternehmer eine Handlungsmaxime.
Hier bezog er sich indirekt auf die kantsche Moralethik: Jeder Unternehmer müsse sich fragen, was passieren würde, wenn alle so wie er handelten. Das ist vereinfacht ausgedrückt der kategorische
Imperativ nach Kant. „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ (Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten) Neben diesem philosophischen kam auch der christliche Bezug nicht zu kurz. Respekt vor der Würde des Menschen sowie der Schöpfung und eine kritische Distanz zur Arbeit seien unerlässlich. Hierzu solle man am Sonntag von der Arbeit ruhen, wie es die christliche Tradition vorschreibt.
Ernst Wölke, Vorsitzender der Handwerkskammer Dortmund, bezeichnete das Handwerk als von seinem Wesen her bodenständig. Gerade in der Handwerkskammer habe Ethik und Verantwortung einen besonderen Stellenwert. Es sei bezeichnend, dass die Finanzkrise gerade in Zeiten der Deregulierung der Finanzmärkte und gesellschaftlichen Umbruchs ausgebrochen sei. Statt traditioneller Werte seien alle Bestrebungen auf Konsum ausgerichtet und der Sinn für den Wert eines Produktes sei nahezu verloren gegangen. „Wo Menschen austauschbar sind, spielt Ethik keine Rolle.“ So plädierte Wölke für einen „globalen Konsens gelebter Moral“, beständige Werte und persönliche Haftung als Grundlage für stabile Unternehmen.
Als Senior-Project-Manager der Bertelsmann Stiftung hatte Dr. Gerd Placke dem Publikum zwei wichtige Botschaften mitzuteilen. Zum Einen sei „Gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmer (…) Verantwortung der Gesellschaft“. Hier vertrat er die Ansicht, dass die Privatisierung bestimmter öffentlicher Güter die Qualität dieser verbessere und wünschenswert sei, da private Unternehmer oft höhere Problemlösungskompetenzen aufwiesen. Zusätzlich enthielt seine Aussage auch eine wichtige Botschaft an das Publikum. Die sozialethischen Probleme träten an der Schnittstelle der Unternehmen zur Gesellschaft auf (z.B. Preise). Eine Kritik an den Unternehmen sei deshalb auch immer eine Kritik an uns selbst. Er nannte das klassische Klimabeispiel: Wer sich über Umweltverschmutzung und CO2-Ausstoß aufrege und heute mit dem Auto angereist sei, obwohl die Handwerkskammer gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sei, müsse auch über seinen eigenen Beitrag zum Klimawandel nachdenken. Zum Anderen mahnte er das Publikum an, Experten zu misstrauen und forderte zum eigenständigen Denken auf. „Misstrauen Sie Wirtschaftsexperten genauso wie uns Referenten hier oben.“, erklärte er. Vor der Finanzkrise hätten bis auf einige wenige alle Wirtschaftsexperten die Lage als vollkommen sicher bezeichnet. Das Ergebnis sei verheerend gewesen.
Zum Abschluss erzählte Dr. Andreas Fisch, Referent für Wirtschaftsethik am Sozialinstitut Kommende Dortmund, von vorbildlichen Unternehmern, die durch kluge Strategien soziale Gerechtigkeit und Profitinteressen vereint haben. Aus einem Fachkräftemangel in einem handwerklichen Betrieb sei die Idee entstanden, soziale Härtefälle aufzunehmen und ihnen nach einem Jahr Probezeit eine Ausbildung zum Gesellen anzubieten. Durch das Vertrauen und die Wertschätzung, das diesen jungen Menschen entgegengebracht wurde, waren sie motiviert und wurden zu kompetenten Fachkräften ausgebildet.
Jedoch gäbe es auch immer wieder Situationen, in denen Unternehmer wegen eines zu hohen Risikos nicht sozial handeln könnten. Hier sei die Politik gefragt und müsse regulative Maßnahmen ergreifen. An dieser Stelle sei es unerlässlich, dass die Politik mit der Lobby zusammenarbeite, um potenzielle Schlüpflöcher und Probleme zu finden und zu beseitigen.
In der anschließenden Fragerunde wurden vor allem zwei Aspekte thematisiert. Die undifferenzierte Herangehensweise an Unternehmer in der Öffentlichkeit sowie verschärfte Anforderungen an die Wissenschaft.
Ein Unternehmer aus Dortmund erklärte, in unserer heutigen Gesellschaft sei die Bereitschaft zum fairen Handeln deutlich ausgebaut und er selbst fühle sich ungerecht behandelt, wenn er mit Managern und Bankern zusammen angeklagt würde. Er erhielt eine breite Zustimmung aus dem Publikum und von den Referenten. Herr Dr. Placke merkte jedoch an, dass das Problem nicht in der Bosheit der gesellschaftlichen Eliten begründet sei, sondern vielmehr in einer fehlenden Verschränkung der gesellschaftlichen Sektoren Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Bertelsmann Stiftung setze sich dafür ein, dass beispielsweise Mitarbeiter in Unternehmen für einen bestimmten Zeitraum mit Behinderten oder im Altenheim arbeiten müssten und mehr Unternehmer an den Hochschulen lehrten. In einem Punkt waren sich jedoch alle im Saal einig. Fächer wie Wirtschaftsphilosophie und Wirtschaftsgeschichte müssten unbedingt wieder Einzug an die Universitäten halten. Heute sei der Fokus zu stark allein auf die unternehmerischen Methoden gelegt und sozialethische Fragestellungen träten im Studium in den Hintergrund. Ein Zuhörer merkte hierzu treffend an:
„Wenn man weiß, wo man herkommt, weiß man auch, wo man hin möchte.“