Mehr als die Hälfte der Bulgaren fühlte sich von den Medien im Vorfeld der Parlamentswahl im April gut informiert. Dabei bezogen die meisten Wählerinnen und Wähler ihre Nachrichten über das Fernsehen. Gleichzeitig wird der Einfluss sozialer Netzwerke und von Nachrichtenportalen im Internet zunehmend stärker. Die politische Kommunikation der Parteien wird als eher ungenügend und unverständlich empfunden. Zudem kritisiert jeder zweite Befragte die einseitige Kommunikation vieler Politiker über Soziale Netzwerke.
Das ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Medienprogramms Südosteuropa der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), die vom Meinungsforschungsinstitut „Alpha Research“ durchgeführt wurde.
Über 50 Prozent der Bulgarinnen und Bulgaren sind mit den Informationen, die sie im Vorfeld der Parlamentswahlen über die Medien bekommen haben, zufrieden. Sie fühlten sich gut bis sehr gut informiert. Im Gegenzug sagten rund 30 Prozent, sie hätten sich bessere Informationen gewünscht. Einen Einfluss auf die Wahlentscheidung hatte die Berichterstattung nur bei etwa 9 Prozent der Befragten; fast zwei Drittel (61 Prozent) meinten dagegen, die medialen Informationen hätten ihre Entscheidung für eine Partei nicht geändert.
Das Fernsehen bleibt nach wie vor die beliebteste Informationsquelle auch in Wahlkampfzeiten. Dabei wurden die privaten Kanäle mit knapp 59 Prozent häufiger eingeschaltet als das öffentlich-rechtliche Fernsehen (44 Prozent). Danach folgen Soziale Netzwerke (33 Prozent) und Nachrichten-Internetportale (17 Prozent). Printmedien dagegen wurden lediglich von 3 Prozent der Befragten genutzt. Dies zeigt eindrücklich die enorme rückläufige Bedeutung von Zeitungen und Zeitschriften gegenüber Internetmedien, die insbesondere die dominanten Informationsquellen junger Mediennutzer sind.
Durch die COVID-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen des Lebens, die öffentliche Wahlkampf-Auftritte und Diskussionen – also den direkten Austausch mit den Wählern – unmöglich machten, kam den Medien aber auch der politischen Kommunikation der Parteien diesmal eine noch bedeutendere Rolle zu. Hierbei schnitten die politischen Parteien jedoch eher schlecht ab. Nur etwa jeder Dritte (ca. 35 Prozent) war mit der Kommunikation der Politiker sehr oder weitestgehend zufrieden, wohingegen fast die Hälfte der Befragten die Wahlkampf-Informationen der Parteien kritisierten – davon sagte sogar die überwiegende Mehrheit (27 Prozent), die Parteien hätten schlecht und unverständlich informiert.
Ebenfalls auf Unverständnis bei den Befragten stieß die zunehmend einseitige Kommunikation einiger Politiker, die nur noch über Soziale Netzwerke ihren Wahlkampf betrieben. Mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent) ist überzeugt, nur traditionelle Medien könnten die wichtige Rolle des Vermittlers zwischen den Wählern und den Parteien einnehmen. Es sei die Aufgabe von Journalisten, Fragen an Politiker zu stellen und unterschiedliche Standpunkte zu vergleichen. Fast 27 Prozent äußerten sogar große Besorgnis, dass die überwiegende Nutzung von Sozialen Netzwerken gefährlich sei, weil dadurch die Verbreitung von gefälschten Nachrichten, Manipulationen und kompromittierender Informationen gefördert werde.
"Eine Demokratie lebt vom offenen Wettstreit der Meinungen und Argumente. Es ist daher nicht förderlich, wenn Politiker ihre Standpunkte nur noch einseitig über Soziale Netzwerke verbreiten", sagt Hendrik Sittig, Leiter des KAS Medienprogramms Südosteuropa. "Ich freue mich jedoch, dass so viele Bulgaren dieses Manko kritisieren und damit die Bedeutung von unabhängigem Journalismus anerkennen."
Die Umfrage wurde vom bulgarischen Meinungsforschungsinstitut „Alpha Research” vom 27. bis 30. März durchgeführt. Befragt wurden 1007 Menschen über 18 Jahren in ganz Bulgarien. Die Stichprobe ist landesweit repräsentativ.
Die Ergebnisse wurden am 14. April von Boriana Dimitrova, Leiterin von Alpha Research, bei einer Online-Diskussion, die vom KAS Medienprogramm organisiert wurde, vorgestellt. Im Anschluss diskutierten Antonii Galabov (Soziologe, Neue Bulgarische Universität), Betina Joteva (Vorsitzende des Rates für elektronische Medien) und Petar Karaboev (stellv. Chefredakteur des bulgarischen Nachrichtenportals „Dnevnik.bg”). Kristina Baxanova, Leiterin der Auslandsnachrichten-Abteilung des privaten Fernsehsenders bTV, moderierte die Veranstaltung.