Südostasien ist der bedeutendste Schauplatz des globalen wirtschaftlichen Wettstreits, auf dem globale und regionale Wirtschaftsmächte um Einfluss kämpfen. Während China, die USA und Japan sich in den letzten Jahren in der Region strategisch neu aufgestellt haben, droht Europa den Anschluss zu verlieren. Die EU muss ihre hochfliegenden Strategien endlich in konkretes Handeln in der Region umsetzen. Entscheidend ist dabei, dass politische Maßnahmen und die Interessen europäischer Unternehmen in Südostasien stärker zusammengedacht werden.
Europa sollte aus den Strategieanpassungen seiner Konkurrenten lernen: China, die USA und Japan vereint, dass sie unterschiedliche Kooperationsmodelle zwischen Regierung und Wirtschaft als umfassende Strategie einsetzen, um den Markteintritt ihrer Unternehmen in Südostasien zu unterstützen. China ist aufgrund seiner Strategie des wirtschaftlichen „Going-out“ und seiner Belt-and-Road-Investitionsinitiative in den letzten Jahren zum wichtigsten Wirtschafts- und Handelspartner der Region aufgestiegen. Dabei nutzt die chinesische Regierung ihre Staatsunternehmen sowie eine offensive politische Flankierung der eigenen Privatkonzerne im Industrie- und Techbereich, um Märkte und Lieferketten in Südostasien zu erschließen. Japan versucht dem zunehmenden Einfluss Chinas mit seiner eigenen Free-and-Open-Indo-Pacific-Strategie etwas entgegenzusetzen. Dabei treibt die Regierung im Zusammenspiel mit japanischen Unternehmen regionale Wirtschaftskorridore voran, die den Zugang zu Rohstoffen und den Aufbau neuer Lieferketten in Südostasien sichern sollen. Dafür verzahnt Japan seine Entwicklungshilfe eng mit seiner Außenwirtschaftsförderung und unterstützt seine Unternehmen massiv bei der Diversifizierung ihrer Lieferketten. Die USA verfolgen dagegen in Südostasien einen sektoralen Ansatz, der sich auf die Branchen konzentriert, in denen US-amerikanische Unternehmen besonders wettbewerbsfähig sind. So investieren etwa finanzstarke Investementfonds in Kooperation mit großen amerikanischen Digitalkonzernen – und flankiert durch politische Untertützung der US-Regierung – massiv in den Ausbau der digitalen Infrastruktur in der Region.
Europa verfügt weder über die riesige Staatsunternehmen Chinas noch über finanzstarke Investmentsfonds der US-Wirtschaft. Doch die EU ist aufgrund ihres riesigen Binnenmarktes in Kombination mit weltweit führenden, exportorientierten Industrieunternehmen noch immer ein attraktiver Wirtschaftspartner. Um diese Stärken in Südostasien ausspielen zu können, muss die EU die richtigen Weichen stellen, um europäische Unternehmen beim Eintritt in Märkte und Lieferketten in der Region zu unterstützen. Zentral ist hierbei ein schneller Abschluss der EU-Handelsverhandlungen in der Region, die von nicht-handelsrelevanten Forderungen befreit werden sollten. Zudem bedarf es eines engeren Dialogs zwischen Politik und Wirtschaft und einer Außenwirtschaftsagenda, die gezielt Investitionen europäischer Unternehmen in der Region fördert. Schließlich sollte die Global Gateway Initiative in Südostasien finanziell aufgestockt und zu einer echten europäischen Investitionsstrategie weiterentwickelt werden.
In den letzten Jahren hat die EU im Vergleich zu anderen Wirtschaftsmächten in Südostasien deutlich an wirtschaftlichem Einfluss verloren. Ein Verlust an wirtschaftlicher Stärke bedeutet in den schnell wachsenden Schwellenländern der Region auch einen Verlust an politischer Einflussmöglichkeit. Europa braucht die Länder Südostasiens, um seine globalen Ziele beim Kampf gegen den Klimawandel oder der Stärkung der multilateralen Ordnung zu erreichen. Doch wenn die EU strategisch nicht umsteuert, droht sie in der Region politisch wie wirtschaftlich dauerhaft abgehängt zu werden.
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