Diese Frage wird beim ersten digitalen Talk im Bahnhof diskutiert. Zu Gast ist Thomas Haldenwang, der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV). Zunächst begrüßt Simone Gerhards, die Leiterin des Regionalbüros Rheinland der KAS, das Publikum. Sie spricht in ihrer Rede die besondere Rolle des Verfassungsschutzes an: „Die Sicherheitsbehörden sind ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Rechtextremismus: Sie müssen Entwicklungen erkennen, verfolgen und dementsprechend handeln.“ Anschließend richtet der Schirmherr der Veranstaltung, Ansgar Heveling MdB, das Wort an die über 70 Zuschauerinnen und Zuschauer: „Die Strukturen des Rechtsextremismus haben sich verändert, darauf müssen wir reagieren – die wehrhafte Demokratie ist stark, wird stark bleiben – dafür brauchen wir einen starken Verfassungsschutz.“
„Extremisten und Terroristen gehen nicht in den Lockdown“
Thomas Haldenwang geht in einem Impulsvortrag auf die aktuellen Strömungen im Bereich Rechtsextremismus und die konkreten Handlungen der Behörden ein. Rechtsextreme würden die gesamte Bandbreite der digitalen Kommunikation nutzen, um während der Corona-Pandemie Pläne gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schmieden. Für die Beobachtung der Szene sei nicht nur die Anzahl von Extremistinnen und Extremisten relevant, sondern auch das gesellschaftliche Klima: „Wir sehen, dass sich der Ton im Rechtsextremismus massiv verschärft.“ Das Ziel sei eine Atmosphäre der Angst und andere „mundtot zu machen.“
„Braune Graubereiche“
Haldenwang berichtet außerdem von einer Vermischung verschiedener Szenen. Durch die Digitalisierung könnten Rechtsextreme weiter in bürgerliche Lager vordringen – und Radikalisierungsprozesse würden schneller ablaufen, da in digitalen Echokammern die Gegenrede fehlte. Das BfV habe eine Frühwarnungsfunktion: „Wir brauchen einen ganzheitlichen Bekämpfungsansatz.“ Dieser müsste alle Störungen gleichermaßen aufmerksam beobachten. Deswegen habe es personelle Aufstockungen gegeben und die Zusammenarbeit mit anderen Behörden sei intensiviert worden.
Von Hass im Netz zur Neuen Rechten
Anschließend gibt Haldenwang einen kurzen Einblick in Themenfelder, die das BfV bearbeite. Die Identifizierung von gewaltorientierten Einzeltäterinnen- und Tätern und die Einschränkung und Unterbindung von Aktivitäten bekannter Rechtextremisten gehört dazu, doch auch die Bekämpfung von Hass im Internet ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit. Die Beobachtung der Neuen Rechten, die als „Brückenköpfe“ zwischen bürgerlichen Milieus und Rechtsextremen fungierten, sei wichtig. „Die Gefahr von Rechtsextremismus ist real und keine Frage von Blickwinkeln“, schließt Haldenwang seinen Vortrag. Das BfV übernehme Verantwortung und spüre Gefahren auf, aber die Gesellschaft müsse gleichermaßen ihren Blick schärfen und Rechtsextremismus widersprechen.
„Achtet darauf, mit wem ihr demonstriert“
In der anschließenden Diskussion stellen die Zuschauerinnen und Zuschauer ihre Fragen zu ganz verschiedenen Bereichen – es geht sowohl um rechtsextreme Tendenzen in Gesellschaft und Politik als auch um extremes Gedankengut in Sicherheitsbehörden und öffentlichem Dienst. Es gebe neue Maßnahmenpakete, um die Sicherheitsbehörden noch mehr vor Extremismus zu schützen – die Bereitschaft, daran zu arbeiten sei sehr hoch, sagt Haldenwang. Er appelliert an die Zuschauerinnen und Zuschauer, Vorfälle im Alltag anzusprechen und Grenzen zu setzen: „Rechtsextremisten wollen die Grenzen des Sagbare immer weiter verschieben.“ Da müssten wir als Gesellschaft die freiheitlich demokratische Grundordnung schützen. Am Ende zieht Haldenwang ein Fazit, dass er immer noch einmal sage, wenn er so viel über die Bedrohungen von Extremismus gesprochen habe: „Wir haben in Deutschland einen hohen Standard an Sicherheit – das lassen wir uns von Extremisten nicht kaputt machen.“
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