„Die deutsche Einheit war eine riesige Erfolgsgeschichte. Wir dürfen sie uns nur nicht kaputt reden lassen“ – setzte Ministerpräsident Michael Kretschmer den Ton für die Podiumsdiskussion „Meine Einheit, deine Einheit“ am 1. Oktober 2020. In diesem Geist lief das ganze Gespräch im prächtigen Hasensaal des Schloss Augustusburgs: vorausschauend, nicht retrospektiv.
Eine Ost-West-Teilung gibt es nämlich immer noch, doch die Grenze ist ein bisschen östlicher gewandert. Die Bruchlinie ist schon weniger die „innerdeutsche“ Grenze, mehr die Oder und das Erzgebirge. Das war der Rahmen der Diskussion, in der u.a. die Öffnung nach Osten, das Coronavirus, die Attraktivität Sachsens und die Bildung angesprochen wurden.
Die vier Referenten auf dem Podium kamen aus vier unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft. Michael Kretschmer vertrat die Politik, Kathrin Kondaurow als Intendantin der Staatsoperette die Kultur, Nadine Schmieder-Galfe die Wissenschaft, und Lars Lehmann die Unternehmenswelt. So setzte sich ein vielfältiges Bild zusammen.
Sachsen und Deutschland sollen Missverständnisse mit Osteuropa klären, und so tiefliegende Konfliktlinien auflösen, war Herr Kretschmer der Meinung. Davon kann Sachsen viel profitieren, es hat nämlich die Anziehungskraft, junge Menschen und Arbeitsgeber anzulocken, fügte Lars Lehmann hinzu. Frau Kondaurow kennt das Problem aus der Staatsoperette Dresden genau: nach ihren Erfahrungen werden Stücke aus Osteuropa von Vielen dämonisiert, während Stücke aus dem Westen charmanter wirken. „Wir Sachsen sind in der Verantwortung, den Kontakt zu unseren Nachbarn zu halten und zu entwickeln. Kurz nach der Wende war vielleicht etwas anderes spannend. Jetzt sind wir auf einem anderen Weg, und wir investieren viel in die Richtung“ – sagte der Ministerpräsident.
Auch das Coronavirus und sein Einfluss auf unser demokratisches System wurde angesprochen. Der Ministerpräsident betrachtet die aktuelle Situation als einen „Test, wie vernünftig die Menschen sind und wie fähig, Lösungen und Wege für diese Herausforderung finden zu können“. Er stellte außerdem fest: „Das Land hat schon ganz andere Dinge gemeistert“. Die Bundestagsabgeordnete Veronika Bellmann äußerte sich in ihrem Grußwort zu Beginn der Veranstaltung ähnlich. In Verbindung zur Coronaskepsis äußerte sich Nadine Schmieder-Galfe folgenderweise: „Wissenschaft ist niemals statisch. Keiner kann die absolut klaren Antworten geben“, sie sieht aber keinen Grund dafür, das Virus zu unterschätzen und lobte das vorsichtige Vorgehen der Regierung zu Beginn der Pandemie.
Von anwesenden Schülerinnen und Schülern angesprochen, wurde auch die Attraktivität des Freistaates Sachsen thematisiert. „Wir müssen die Liebe zur Heimat so einpflanzen, dass die jungen Leute sagen, irgendwann, wenn ich Kinder habe, will ich hierher zurückkehren. Weil hier der beste Platz zum Leben ist“, sagte Herr Kretschmer zum Thema Anziehungskraft, und er glaubt, dass Sachsen darin schon auf einem guten Weg ist. Der Freistaat lockt bereits viele Jugendliche an. Hauptgründe dafür sind seiner Meinung nach die gute Hochschulbildung und die niedrige Mieten im Vergleich zu anderen Regionen und Städten.
Frau Schmieder-Galfe machte die Teilnehmer auch auf die Herausforderungen in der Bildung aufmerksam. Sie meint, wir müssten daran aufpassen, dass wir unseren Kindern etwas mitgeben, was auch in 20 oder 30 Jahren noch Bestand hat. Die größte Herausforderung sei nicht die Digitalisierung für die Kinder. Wir befänden uns in einem Jahrhundert, in dem alle Menschen das erste Mal eine Wahl haben: welche Stadt, welches Land, welche Sprache, welcher Beruf…
Danach kam es zu den Fragen aus dem Publikum und zum Schluss der Veranstaltung. Im Nachhinein blieben noch Viele im Saal, um sich miteinander und mit den Referenten auszutauschen.
- von David Kiss -
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