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Ein Afrika, eine Stimme

Europa ist, weil Afrika ist und Afrika ist, weil Europa ist

Das 1. Stuttgarter Forum für Entwicklung unter Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler fand am 13. März im Haus der Wirtschaft unter dem Motto "Gutes Klima für Afrika!" statt.

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Nach der Begrüßung durch den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Günther H. Oettinger, und seiner Hervorhebung der Verantwortung Europas für Afrika, eröffnete Gertrude Mongella, Präsidentin des Panafrikanischen Parlaments der Afrikanischen Union, den Kongress „Gutes Klima für Afrika“.

„Europa ist, weil Afrika ist und Afrika ist, weil Europa ist.“ Mit diesem Bantu-Sprichwort verdeutlichte sie die Abhängigkeiten, die zwischen den beiden Nachbarkontinenten bestehen.

Das Panafrikanische Parlament habe den Anspruch, alle Afrikaner einzubinden und so mit einer Stimme für den einen Kontinent zu sprechen.

Auch wenn Afrika noch viel Arbeit vor sich hat, könne es den Weg in eine bessere Zukunft schaffen, denn Afrika habe der Welt viel zu bieten.

Diesen Eindruck konnte man auch beim Forum der Konrad Adenauer-Stiftung bekommen, in dem das Medienförderungsprogramm der Stiftung vorgestellt und über die Stärkung der Meinungsfreiheit in Afrika diskutiert wurde.

Teilnehmer waren neben Frank Windeck, dem Direktor des Medienprogramms Subsahara-Afrika der Konrad-Adenauer-Stiftung zwei afrikanische Journalisten und ein Dozent der Rhodes University Grahamstown.

Die Auswirkungen auf die Bevölkerung sind enorm

Ingo Caprari, gebürtiger Deutscher und als Kind mit seiner Familie nach Südafrika ausgewandert, beschreibt sich selbst als „serious journalist“. Er ist Chefredakteur und Gründer der südafrikanischen Zeitung „Die Son“, die es als erste überregionale Zeitung auf Afrikaans, der Sprache vor Allem der farbigen Bevölkerung, geschafft hat, auch die ärmeren Bevölkerungsschichten zu erreichen und sich ihre Themen zu eigen zu machen.

„Wir haben es durch unsere Arbeit sogar geschafft, den einen oder anderen korrupten Bürgermeister aus dem Amt zu katapultieren“, erzählt Caprari stolz.

Auch Mike Daka, Direktor der Radiostation „Breeze FM“, hat einige Erfolge vorzuweisen.

Er verkaufte sein Haus um genügend Geld für ein Radiostudio aufzutreiben, doch dieser Einsatz hat sich gelohnt. Der Radiosender Breeze FM hat seinen Sitz in Chipata, der Hauptstadt der Ostprovinz Sambias. 90 % der Bevölkerung sind Tabak- oder Baumwollfarmer, die Region ist fruchtbar, aber arm.

Durch seine open-door policy und dadurch, dass 50% der Sendezeit in lokalen Sprachen gesendet wird hat sich der Sender das Vertrauen der Bevölkerung erworben. Eine der erfolgreichsten Sendungen ist „Go-Go Breeze“ (auf Deutsch etwa „Großvater Breeze“), in der die Zuhörer Briefe an den Sender schreiben, in denen sie Fragen stellen oder einfach nur von sich und ihrer Situation erzählen. Diese Briefe werden vom über 70jährigen und damit ältesten Mitarbeiter des Senders vorgelesen. „Dadurch fühlen sich die Menschen besser. Selbst wenn wir an ihrem Leid nichts ändern können, merken sie, dass jemand da ist und sich ihre Fragen anhört“. Aber der Radiosender erzielt auch ganz konkrete Verbesserungen. Durch eine Informationssendung zu Hygiene und Krankheitserregern haben sich die Cholerafälle in der Regenzeit merklich verringert. Als die Tabakfarmer über das Radio hörten, dass Vertreter der multinationalen Tabakkonzerne beschlossen hatten die Preise zu senken, schlossen sie sich zusammen, drohten damit ihre Ernte überhaupt nicht zu verkaufen und konnten so immer noch einen guten Preis erzielen.

„Die Auswirkungen, die wir mit unserer Arbeit auf die Lage der Bevölkerung erreichen können, sind enorm“, waren sich die beiden Journalisten einig.

Jude Mathurine, Lehrbeauftragter für Neue Medien an der Rhodes University Grahamstown/Südafrika, berichtete über den Einfluss des Internets und der neuen Kommunikationswege für Afrika. Auf dem jährlichen Kongress „Highway Africa“ versammeln sich Medienschaffende des ganzen Kontinentes und tauschen sich über die Entwicklung in ihren jeweiligen Ländern aus. Durch verschiedene milliardenschwere Projekte wird in den nächsten Jahren das Internet auf dem Kontinent ausgebaut werden, so dass jede Afrikanerin und jeder Afrikaner Zugang zum Internet erlangen wird. Dadurch wird eine Entwicklung vorangetrieben, die in den letzten Jahren begonnen hat und es z.B. Journalisten leichter macht, über Missstände zu berichten ohne Repressalien seitens der Regierung fürchten zu müssen. Neben der Stärkung der Meinungsfreiheit werden sich auch die wirtschaftlichen Möglichkeiten auf dem Kontinent verbessern.

Paradox of plenty oder: Das Land ist reich, die Bevölkerung arm

Um Wirtschaft ging es auch auf dem von Misereor, einem der beiden Hauptveranstalter des Kongresses, organisierten Forum zur Erdölförderung am Golf von Guinea.

Die Republik Tschad ist eines der ärmsten Länder der Welt. Auf dem Entwicklungsindex der UNO liegt das Land auf Platz 171 von 177, auf dem Korruptionsindex von transparency international auf Platz 156 von 161.

Im Jahr 2003 wurde eine Erdölpipeline eröffnet, die zu 80% im Besitz von Exxon Mobile (zu der u.a. Esso gehört), PETRONAS (eine malaysische Erdölfirma) und Chevron (ein amerikanischer Erdölkonzern) ist und von der Weltbank mitfinanziert wurde. Sie führt über Kamerun an den Golf von Guinea, das Öl fließt hauptsächlich in die USA.

Das Projekt ist wegen teils blutiger Umsiedelungsmaßnahmen während des Baus und aufgrund von Umweltschäden in der Vergangenheit bereits in die Kritik geraten. Die Weltbank zog sich im September 2008 von dem Projekt zurück, da die Regierung des Tschad die vereinbarten Regelungen zur Verwendung der Einnahmen gebrochen hatte.

Neben einer Vertreterin der Weltbank, eines Mitarbeiters einer Transparenzinitiative bei Erdölgeschäften (EITI, Extractive Industries Transparency Initiative), einem Priester und Sprecher der religiösen Gemeinschaften im Tschad sowie ehemaligem Mitglied des Kontrollgremiums für die Erdöleinnahmen waren Ute Koczy, MdB für Bündnis 90/Die Grünen sowie überraschenderweise Regierungsvertreter des Tschad angereist, darunter ein ehemaliger Premierminister und Berater des Präsidenten Déby. Vertreter der beteiligten Erdölfirmen waren leider nicht bereit an der Veranstaltung teilzunehmen.

Im Laufe der Diskussion wurde deutlich, wie sehr die Region unter Korruption und Misswirtschaft leidet. Von 2003 bis 2023 sollen laut Weltbank rund 1.6 Milliarden $ in den Tschad fließen, ein Großteil des Geldes sollte zweckgebunden ausgegeben werden, u.a. in das Gesundheitswesen und in einen Zukunftsfonds für künftige Generationen.

Bereits 2006 wurde ein großer Teil der Gelder, über deren Verwendung ein Kontrollgremium bestimmen sollte, dass aus verschiedenen Vertretern aus der Zivilgesellschaft und der Regierung besteht, von Präsident Déby für die militärische Aufrüstung ausgegeben. Der Konflikt im Sudan drohte auf den Tschad überzugreifen, Rebellen drangen sogar bis zur Hauptstadt N’Djamena vor.

Nun ist der Bürgerkrieg im vollen Gange und wird auch über die Kontrolle der Öleinnahmen geführt. Ob und wann die Zivilbevölkerung von den Einnahmen profitieren wird ist fraglich.

Nachdem jeder Teilnehmer seine Sicht zum Zustand im Tschad deutlich gemacht hatte, kam es zu einer teils sehr heftigen Diskussion über Schuld an und Lösungswegen aus der Krise. Auch einige Zuschauer, die aus Nachbarländern des Tschad stammten, kritisierten die anwesenden Politiker des Tschad scharf und bemängelten ihre Informationspolitik im eigenen Land. Kaum jemand dort wüsste, ob die Ölgelder zum Kampf gegen die Rebellen verwendet würden und nicht doch in die Taschen der Politiker fließe.

Tim Bittiger von EITI fasste zusammen: „Im Tschad wie in vielen anderen afrikanischen Ländern herrscht ein Zustand des paradox of plenty. Die Länder sind reich an Rohstoffen, durch Korruption und Mangel an Demokratie kommt davon bei der Zivilbevölkerung allerdings nichts an.“

Nichtsdestotrotz ist allein die Tatsache, dass Regierungsvertreter gekommen sind, um über diese Probleme zu reden, ein kleiner Erfolg an sich. Auch wenn eine grundlegende Verbesserung der Lage in Zentralafrika in absehbarer Zeit nicht in Sicht ist, müssen wir Europäer unser Interesse an unserem Nachbarkontinent bewahren und immer wieder mit den Beteiligten diskutieren, damit aus den afrikanischen Staaten gerechte Demokratien werden, in denen Menschen würdig und sicher leben können.

In diesem Sinne war der Kongress in Stuttgart mit mehr als 600 Teilnehmern ein Erfolg, da er den vergessenen Kontinent einmal mehr in den Blickpunkt gerückt hat.

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