„Kein Religionskrieg, aber ein Krieg, in dem Religion eine wichtige Rolle spielt“
Der Herausgeber Dr. Richard Ottinger betonte, dass der Krieg, den Russland seit 2014 gegen die Ukraine führt und mit der Invasion am 24. Februar 2022 dramatisch eskalierte, kein Religionskrieg sei. Dennoch spielen religiöse Elemente in der Genese und im Verlauf des Krieges eine bemerkenswerte, aber oft übersehene Rolle. Es gebe zwar vereinzelte Untersuchungen der religiösen Facetten des Krieges, aber eine systematische Übersicht der unterschiedlichen religiösen Aspekte des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine stehe bislang aus. Der präsentierte Sammelband schließe nun diese Forschungslücke und biete eine interdisziplinäre Bestandsaufnahme.
Invasion als Paradigmenwechsel für jüdisches Leben in Russland
Der Oberrabbiner Moskaus im Exil und Karlspreisträger, Pinchas Goldschmidt, eröffnete seinen Vortrag mit den Worten: „Die Renaissance für jüdisches Leben in Russland ist seit Kriegsbeginn vorbei“. Er betonte, seit Kriegsbeginn werde in Russland gezielt Antisemitismus in der Gesellschaft reaktiviert und die Situation der jüdischen Gemeinden habe sich dramatisch verschlechtert. Detailliert beschrieb er die Machtverschiebung zwischen den jüdischen Akteuren in Russland nach Invasionsbeginn und die wachsenden Spannungen zwischen Russland und Israel. Diese Entwicklungen stünden im radikalen Gegensatz zu einer Ukraine, die von einem jüdischen Präsidenten regiert wird und in der Menschen jüdischen Glaubens selbstverständlich durch das Menschenrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit geschützt sind.
Ukrainische Religionspolitik als russische Begründung der Invasion
Politikwissenschaftler Dr. Dr. Andreas Umland war Moderator des Abends. In der sich an den zweiten Vortrag anschließenden Diskussion wies er auf den Umstand hin, dass der Westen die eigene Bedeutung für Russlands Entscheidung, die Ukraine anzugreifen systematisch überschätze: „Der Grund für Russlands Aggressionen liegt weniger in dem, wie sich die NATO oder die EU verhalten haben, sondern vielmehr in Handlungen der Ukraine selbst. Hier spielen auch religionspolitische Entscheidungen eine große Rolle. Beispielsweise konnte ein Anstieg der Aggressionen nach der Gründung einer eigenen Nationalkirche der Ukraine beobachtet werden“. Vladyslav Zaiets, ukrainischer Rechtswissenschaftler des Instituts für Religionsfreiheit in Kyiv und Autor des Sammelbandes, unterstrich die Verbindung zwischen dem Schisma der Weltorthodoxie und dem militärischem Vorgehen Russlands: „Kirchen werden in der Ukraine gezielt von Russen angegriffen!“. Es seien mehr als 600 kirchliche Gebäude im Krieg bereits beschädigt oder zerstört worden. Geistliche, die sich in den besetzten Gebieten weigern würden mit den Angreifern zusammenzuarbeiten, würden gefangen genommen und häufig gefoltert werden – klagte er an.
„Russland betreibt keine Seelsorge, sondern gezielte Kriegstheologie“
Den Unterschied zwischen der ukrainischen und russischen Militärseelsorge an der Front, erläuterte Regina Elsner, Professorin für Ostkirchenkunde und Ökumenik, im dritten Vortrag. Für die Militärseelsorge der Ukraine sei vor allem Interreligiosität und Religionsfreiheit entscheidend. Außerdem werde in der Ukraine die Rolle von Seelsorgern und Soldaten klar getrennt, da es Seelsorgern verboten sei, an der Waffe zu dienen und die Förderung von Patriotismus damit nicht zu ihrem Aufgabenfeld gehöre. Außerdem wies die Expertin darauf hin: Die Seelsorge Russlands sei dem gegenüber durch eine Kriegstheologie geprägt, in der Religionsfreiheit keine Rolle spiele, die ROK priorisiert werde und der Dienst am Vaterland stehe in Kombination mit ständiger Selbstaufopferung im Mittelpunkt. Hier werde der Unterschied zwischen Religiosität und Instrumentalisierung auf beiden Seiten der Front einmal mehr deutlich.
Zum Abschluss systematisierte Thomas Birringer, Leiter des Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Ukraine, die Beiträge. Er gab zu bedenken, dass Religion eine besonders wertvolle Ressource für eine postmilitärische Konfliktregulierung in der Ukraine darstelle. Die schöpferische Kraft sei für die Zukunft der Ukraine unersetzbar und daher auch der Sammelband in seiner systematischen Darstellung derart wichtig.
Témák
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