Vier Tage nach der Invasion der russischen Truppen am 24.02.2022 in der Ukraine stellte Präsident Selenskij einen Antrag auf den Beitritt seines Landes zur EU. Soll die EU ein Land aufnehmen, dass sich im Krieg mit Russland befindet? Wie soll die Europäische Union, wie soll Deutschland auf den Antrag der Ukraine antworten? Das waren Fragen, die in einem Planspiel mit 30 Schülerinnen und Schülern des Siegburger Alleegymnasiums im Rahmen eines Workshops gemeinsam erarbeitet wurden, während parallel in der Regionalvertretung der Europäischen Kommission in Bonn 100 Schülerinnen und Schüler in einem Worldcafé unter der Leitung von vier ukrainischen Stipendiatinnen der Konrad-Adenauer-Stiftung und einer deutschen Studentin fünf Gruppen zu den folgenden Themen moderierten.
- Wahrnehmung der EU in der Bevölkerung der Ukraine: Bilder, Sehnsucht, Hindernisse, Änderung in der Einstellung, Kritik
- Rolle der Zivilgesellschaft: Wie schauen die Parteien und Organisationen auf den EU-Beitritt? Kann sie eine aktive Gestaltungsrolle einnehmen?
- Die Rolle Deutschlands im Beitrittsprozess: Katalysator oder Bedenkenträger?
- Aufnahmefähigkeit und politische Bewertung: Sind die EU und die Ukraine überhaupt bereits sich gegenseitig zu binden? Wo lauern Hindernisse?
- Bedeutung der EU-Mitgliedschaft für die Ukraine: Chancen und Risiken für die Ukraine bei der Entscheidung für die EU Bedeutung der EU-Mitgliedschaft für die Ukraine: Chancen und Risiken für die Ukraine bei der Entscheidung für die EU
Einleitend stellte Georg Ziegler, seit Februar 2023 Berater im "Ukraine-Dienst" der Europäischen Kommission in Brüssel, die Schritte im Beitrittsprozess eines Landes vor und erläuterte, in welcher Phase sich die Ukraine aktuell befindet. Er lenkte den Blick auf das große Szenario und stellte fest, dass durch die Ukraine eine Redynamisierung der europäischen Erweiterungspolitik stattgefunden habe. Er betonte, dass die Ukraine sehr ambitioniert und diszipliniert mit den an sie gestellten Forderungen umgehe, da der Europäische Rat voraussichtlich am 14. und 15. Dezember über die Beitrittsverhandlungen der EU mit der Ukraine entscheiden will.
Die fünf Moderatorinnen stellten die Gesprächsergebnisse dem Abendpublikum vor und diskutierten diese auf einem Podium unter der Leitung der freien Journalistin Elke Tonscheidt mit Georg Ziegler, Europäische Kommission, Brüssel, Julia Chenusha, Geschäftsführerin des deutsch-ukrainischen Vereins Blau-Gelbes Kreuz aus Köln und Toni Michel, Referent Osteuropa der Konrad-Adenauer-Stiftung aus Berlin.
Von den ukrainischen Gesprächspartnerinnen wurde die Bedeutung des kulturellen und zivilgesellschaftlichen Austauschs zur Vorbereitung der Ukrainerinnen und Ukrainer auf den Beitritt herausgestellt. Von diesem Austausch erwartete man auch Impulse für die demokratische Entwicklung und die gesellschaftliche Selbstorganisation. Es wurden aber auch die Hindernisse diskutiert, die auf beiden Seiten einem raschen Beitritt entgegenstünden. Diese aber müssten überwunden werden, da sich 93 % der Ukrainerinnen und Ukrainer ihr Land als Teil der EU sehen. Ziegler entgegnete, dass die Kommission nach Beschleunigungsmomenten innerhalb des vorgegebenen Beitrittsprozesses suche, um Enttäuschung in Politik und Gesellschaft der Ukraine vorzubeugen. Die größte Gefahr, das machen auch die jüngsten Interventionen der ungarischen Regierung deutlich, lägen in den Blockaden einzelner EU-Mitglieder, die dem Beginn von Verhandlungen einstimmig zustimmen müssten.
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