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Background Report

dari Dr. Canan Atilgan, Sebastian Schnorrenberg

Brexit Reset in Brussels

The informal EU summit on 3 February 2025 in Brussels marked the first time a British Prime Minister participated since Brexit. For PM Keir Starmer, it was a crucial opportunity to reset the United Kingdom’s (UK) relationship with the European Union under the banner of a “Brexit Reset.” Unlike any other Prime Minister since Theresa May, Starmer has set a comprehensive revision of UK-EU relations as his goal. Accordingly, he has established a dedicated team within the Cabinet Office, led by EU Minister Nick Thomas-Symonds, to handle negotiations with the EU. At the same time, the Prime Minister has publicly committed to substantive red lines, ruling out a return to the Single Market, the Customs Union, or freedom of movement. Instead, the UK seeks tailored agreements in trade policy, crime prevention, and security cooperation.

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Die britischen Prioritäten

Während das größte Potenzial für die britische Wirtschaft in einer grundlegenden Annäherung der Handelsbeziehungen bestehen würde, bedeuten die selbst auferlegten roten Linien der Regierung, dass man zunächst nach einem weniger ambitionierten Ziel greifen will. Konkret gilt ein Veterinärabkommen als praktikabel, von dem sich Schatzkanzlerin Rachel Reeves eine Senkung der Lebensmittelpreise erhofft. Dahingegen wäre eine Übereinkunft im Dienstleistungssektor angesichts der starken britischen Stellung auf diesem Gebiet wesentlich schwieriger zu erreichen. Eine engere sicherheitspolitische Zusammenarbeit wird dahingegen vor dem Hintergrund der britischen Fähigkeiten in jenem Bereich von London als ein klarer ‚win-win‘ eingeschätzt. Der informelle Gipfel in Brüssel zielte insbesondere auf diesen Aspekt der britisch-europäischen Beziehungen.

Schon bevor PM Keir Starmer zum Dinner dazustieß, stand die strategische Ausrichtung und Finanzierung der europäischen Rüstungsindustrie im Zentrum der Diskussionen. Dieses Thema bietet grundsätzlich Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit zwischen London und Brüssel. Während das VK wirtschaftlich unter Zugzwang steht und Investitionen in seine Rüstungsindustrie benötigt, würde auch die EU von einer Einbindung britischer Rüstungsunternehmen profitieren, die knapp unter 4 % der globalen Rüstungsexporte verantworten. Die Europäische Kommission hatte zuvor das europaweite Investitionsdefizit in die Rüstungsindustrie auf knapp 500 Milliarden Euro geschätzt. Innerhalb der EU besteht Einigkeit darüber, dass es europäischer Zusammenarbeit Bedarf, um einen solchen Betrag stemmen zu können, auch wenn die konkrete Finanzierungsweise kontrovers bleibt. Das Schlüsselanliegen des Vereinigten Königreichs ist es hierbei nicht von solchen Vorhaben ausgeschlossen zu werden, und die eigene Teilnahme an EU-Gipfeln schrittweise zu institutionalisieren.

Den britischen Zielen dienlich wäre die Organisation gemeinsamer Projekte im Rahmen flexibler Koalitionen der Willigen, welche laut britischen Presseberichten auch in Brüssel erwogen werden. Dies würde es nicht-EU-Mitgliedern wie dem VK oder Norwegen erlauben, sich zu beteiligen, und gleichzeitig das Risiko vermeiden, dass gemeinsame Vorhaben durch neutrale oder unwillige EU-Mitgliedsstaaten blockiert werden könnten. Während zwischen dem VK und der EU in der Sache des Aufbaus von rüstungsindustriellen Kapazitäten klare gemeinsame Interessen bestehen,  gibt es jedoch auch Hindernisse - und diese sind durch die aktuelle US-amerikanische Handelspolitik weiter erschwert worden.

Ein dreifacher Balanceakt

Innerhalb der EU wird die Frage heiß debattiert, ob mit gemeinsamen Mitteln Rüstungsgüter gekauft werden können sollten, die außerhalb der EU hergestellt wurden. Während der Kauf amerikanischer Güter dazu beitragen könnte, politische Spannungen mit den USA zu entschärfen, argumentiert insbesondere der französische Präsident Emmanuel Macron, dass die gemeinsamen Mittel ausschließlich in die europäische Rüstungsindustrie fließen sollten, um die „strategische Autonomie“ Europas zu stärken. Eine mögliche Lösung, und das zentrale Anliegen des britischen Premierministers beim informellen Gipfel ist die Ausweitung des „Buy European“-Prinzips auf Staaten außerhalb der EU. Darüber hinaus skizzierte PM Starmer auf dem informellen Gipfel fünf zentrale Bereiche für eine engere Zusammenarbeit: Forschung und Entwicklung, militärische Mobilität und Logistik, die Abwehr staatlicher Bedrohungen und Sabotage, und eine Vertiefung der Zusammenarbeit bei militärischen Missionen seien dem VK neben einer ausgeweiteten industriellen Zusammenarbeit besonders wichtig. Allerdings könnte ein Entgegenkommen hier, wie auch auf den anderen beschriebenen Gebieten, von der EU mit Forderungen nach Zugeständnissen in der Handelspolitik, bei Fischereirechten oder bei der Mobilität junger Menschen verknüpft werden. Dies würde das VK vor schwierige Entscheidungen stellen. Sowohl im Hinblick auf die Beziehungen zu den USA, als auch innenpolitisch wären solche Kompromisse riskant, zumal die Regierung Starmer bislang primär defensiv ihre roten Linien, und nicht eine positive Vision der Beziehungen zur EU betont hat.

US-Präsident Donald Trump hatte das VK zunächst von seiner harschen Kritik gegenüber der EU ausgenommen. Sollte es zu einer umfassenden Annäherung zwischen dem VK und der EU kommen, könnte Trump umschalten. Laut Untersuchungen des Centre for Inclusive Trade Policy könnte ein pauschaler Zoll von 20 % zu einem Exportrückgang von 22 Mrd. GBP führen. Ein Mittelkurs zwischen Washington DC und Brüssel wäre jedoch ebenfalls mit Risiken behaftet, da das Land in diesem Fall wirtschaftlich zwischen den Stühlen landen könnte.

Auch innerhalb des Vereinigten Königreichs gibt es Widerstand gegen eine zu enge Anbindung an die EU. Hochrangige Vertreter der oppositionellen Conservatives warnten im Vorfeld des Gipfels, dass der ‚Brexit-Reset‘ nicht zu einer Verwässerung des Brexits führen dürfe. Tory-Anführerin Kemi Badenoch setzte der Regierung fünf rote Linien: die Verhandlungen dürften keine neuen Verpflichtungen im Bereich der Freizügigkeit, keine Zugeständnisse in der Abschiebung illegaler Migranten, keine neuen Zahlungen an die EU und keine Verminderung britischer Fischereirechte zur Folge haben. Anstatt sich der EU anzunähern, solle die Regierung ein Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten anpeilen. Mit dieser Positionierung versucht Badenoch ihre Conservatives als ‚die‘ Brexit-Partei zu profilieren, und Nigel Farages Reform UK nicht das Feld zu überlassen. Auch von Reform UK könnte für Labour im Falle einer Annäherung eine ernste Gefahr ausgehen. In einer neuen YouGov Umfrage stand Nigel Farages Partei am 4. Februar erstmals mit 25% vor Labour (24%). Dennoch scheint die Bevölkerung den Brexit stetig negativer einzuschätzen. Laut einer aktuellen IPSOS Erhebung sind ganze 48% der Briten der Ansicht, dass der Brexit ihr tägliches Leben negativ beeinflusst habe- ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 28 Prozent im März 2021. Zudem halten 47 Prozent Europa für Großbritanniens wichtigsten Partner, während nur 21 Prozent die USA als zentral betrachten. Es ist daher wenig überraschend, dass sich auch die Tories hinter verschlossenen Türen wesentlich flexibler zeigen als in den Seiten der Daily Mail. Trotz dieser Entwicklungen muss Premierminister Starmer nun, bedrängt von der heimischen Opposition und im Schatten eines aufziehenden Handelskriegs, schwierige Abwägungen treffen.

Eine neue Ära der Partnerschaft?

Am 19. Mai soll in London der erste EU-UK-Gipfel stattfinden. Ziel sei es laut Ratspräsident Antonio Costa, eine möglichst enge Partnerschaft aufzubauen. Die britische Regierung plant, bei diesem Gipfel den ‚Brexit Reset‘ weitgehend abzuschließen. Europaminister Thomas-Symonds kündigte an, dabei auf „rücksichtslosen Pragmatismus“ setzen zu wollen. Auch eine eingeschränkte Form eines europaweiten Zollabkommens werde geprüft. Bis zum 19. Mai wird es nun unter der Leitung von Timothy-Simonds und EU-Handelskommissar Maros Sefcovic regelmäßige Treffen in London und Brüssel geben, die den Gipfel im Mai vorbereiten sollen. Besonders schwierige Themen könnten dann von Premierminister Starmer und Kommissionschefin Ursula von der Leyen persönlich über die Ziellinie gebracht werden. Die britische Regierung wird sich in den kommenden Monaten innenpolitisch, transatlantisch und europapolitisch ausbalancieren müssen, um das Land und die eigene Partei in stürmischen Zeiten auf einen nachhaltigen Kurs zu bringen. Wenn das Ziel wirklich eine neue, nachhaltige und pragmatische Partnerschaft mit der EU sein soll, dann muss sich der britische Premierminister vom Druck der Opposition und den selbst gesetzten roten Linien befreien und mutige Schritte gehen.

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Dr. Canan Atilgan

Dr. Canan Atilgan

Leiterin Auslandsbüro Vereinigtes Königreich und Irland

canan.atilgan@kas.de +44 (0)20 7834 4119
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Sebastian Schnorrenberg

Sebastian Schnorrenberg

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

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London, UK