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Reportage sui paesi

Die Opposition vor den mongolischen Kommunalwahlen

di Johann C. Fuhrmann, Max Duckstein

Alles schon entschieden?

Die Mongolen sind aufgerufen, am 15. Oktober neue Kommunal- und Provinzparlamente zu wählen. Erst vor etwa drei Monaten hatte die regierende Mongolische Volkspartei (MVP) erneut eine Zweidrittelmehrheit im Parlament errungen. Ein abermaliger Sieg der Regierungspartei ist wahrscheinlich. Derweil gelten die landesweiten Abstimmungen auch als wichtiger Stimmungstest vor den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr. Den politischen Hintergründen sowie den Chancen der Oppositionsparteien widmet sich dieser Länderbericht.

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Die regierende MVP gibt sich siegessicher

Einige Bilder aus dem Vorwahlkampf werden den politischen Beobachtern auch nach den Abstimmungen noch lange im Gedächtnis bleiben: So wurde ein vor kurzem fertiggestellter Sportpark im Herzen Ulan Bators gleich drei Mal in Folge von verschiedenen Politikern der MVP eingeweiht. In den Wochen zwischen den Auftritten wurde der Park wieder für die Öffentlichkeit geschlossen – nur um abermals feierlich eröffnet zu werden. Derartigen Anekdoten zum Trotz, scheint ein erneuter Wahlsieg der Regierungspartei äußerst wahrscheinlich. Durch strikte Maßnahmen, vor allem schnelle und rigorose Grenzschließungen sowie Quarantänemaßnahmen, ist es der MVP-Regierung gelungen, einen Ausbruch von COVID-19 in der Bevölkerung zu verhindern. Auch hat es die Regierungspartei unter dem als charismatisch geltenden Parteichef und Premierminister U. Khurelsukh geschafft, parteiinterne Konflikte in der Öffentlichkeit zu vermeiden. Im zentralistisch aufgebauten politischen System der Mongolei sind diese nationalen Faktoren nicht zu unterschätzen. Oftmals können die lokalen Volksvertreter nur äußerst begrenzt unabhängig von der Zentralregierung in Ulan Bator entscheiden. Derweil stehen in der größten Oppositionspartei, der Demokratischen Partei (DP), wichtige Personalentscheidungen an: Nach dem Rücktritt des Parteivorsitzenden S. Erdene ist die jetzige Parteiführung nur kommissarisch im Amt. Wer die Partei in Zukunft führen wird, ist kaum vorherzusagen.

Die mongolischen Kommunalwahlen 2020 im Überblick

  • Gewählt wird in den 21 Provinzen, sämtlichen Kommunen und der Hauptstadt Ulan Bator.
  • Alle insgesamt 8.169 Mandate werden in direkter Wahl vergeben.
  • In jedem Wahlkreis werden je ein oder zwei Sitze vergeben.
  • Neun Parteien sowie unabhängige Kandidaten stellen sich zur Wahl.
  • Wahltag ist der 15. Oktober.

Größte Oppositionspartei im Umbruch

Auch aufgrund eines neuen Wahlsystems war es der größten Oppositionspartei des Landes, der Demokratischen Partei (DP), bei den Parlamentswahlen am 24. Juni lediglich gelungen, elf der 76 Parlamentssitze zu erringen. In seinem Wahlbezirk in Ulan Bator, dem Bayangol-Distrikt, schaffte es der unbeliebte Parteivorsitzende S. Erdene mit 16,4 Prozent der Stimmen lediglich auf den sechsten Platz.  Satzungsgemäß trat Erdene nach der verlorenen Wahl zurück und übergab die Amtsgeschäfte an den ehemaligen Generalsekretär und stellvertretenden Parteivorsitzenden T. Tuvaan. Als kommissarischer Vorsitzender soll Tuvaan die Partei in die Kommunalwahlen führen, bevor auf dem kommenden Parteitag am 16. November eine neue Parteispitze gewählt wird.

Die DP leidet bis heute insgesamt darunter, aus einem Zusammenschluss unterschiedlicher Oppositionsparteien entstanden zu sein. Die Flügelkämpfe wurden seither nicht überwunden. Als möglicher Kandidat für den Vorsitz wird der ehemalige Premierminister N. Altankhuyag gehandelt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Parlament im Jahr 2016 war er zunächst als Berater des Staatspräsidenten Kh. Battulga tätig. Nach seiner Ankündigung, in die aktive Politik zurückkehren zu wollen, wurde er wohl auf Betreiben des damaligen Vorsitzenden Erdene aus der DP ausgeschlossen. Altankhuyag trat daraufhin als unabhängiger Kandidat in der Bergbaustadt Erdenet an. Überraschend gelang ihm als einzigem parteilosen Kandidaten der Einzug ins Parlament. Eine Rückkehr zur DP und eine Übernahme der Parteiführung gilt nach dem Rückzug Erdenes wieder als denkbare Variante. Altankhuyag ist ein Vertrauter des Präsidenten. Darüber hinaus war er lange Zeit ebenfalls Anführer des sozialdemokratischen Flügels der Partei. Doch weißt die mögliche Kandidatur Altankhuyags eine entscheidende Schwäche auf: Als ehemaliger Premierminister steht er weniger für die Zukunft der Partei als vielmehr für vergangene Stärke.

 

Als mögliche zukünftige Parteivorsitzende wird ebenfalls die stellvertretende Parlamentssprecherin S. Odontuya gehandelt. Die Präsidentin der Frauen Union der DP kann sich auf eine der einflussreichsten Sonderorganisationen der Partei stützen. Als eine von nur zwei weiblichen DP-Abgeordneten ist Odontuya der Einzug in den Großen Staatskhural gelungen. Als Hindernis gilt jedoch ihre politische Nähe zum ehemaligen Vorsitzenden Erdene. Darüber hinaus ist fraglich, ob die Partei tatsächlich bereit wäre, die Führungsposition erstmals an eine Frau zu übergeben. Die mongolische Politik ist weit von einer Chancengleichheit der Geschlechter entfernt. So wurden nach den Parlamentswahlen im Juni nur zwei der 15 Ministerposten mit Frauen besetzt.

Als weitere Alternative wird ein Verbleib des kommissarischen Parteivorsitzenden Tuvaan diskutiert. Trotz der Tatsache, dass er bereits als Generalsekretär unter Erdene gedient hat, ist er ebenfalls ein langjähriger Weggefährte des Staatspräsidenten. Den beiden wird ein vertrautes Arbeitsverhältnis nachgesagt. Unter dem damaligen Transport- und Landschaftswirtschaftsminister Battulga hatte Tuvaan als dessen Stellvertreter fungiert. Mit seiner moderierenden Persönlichkeit ist er innerhalb der unterschiedlichen Flügel der Partei anschlussfähig. Einer möglichen Kandidatur stehen jedoch insbesondere zwei Hindernisse entgegen. Tuvaan ist es bislang nicht gelungen, sich den Ruf eines Machers zu erarbeiten. Darüber hinaus darf er laut Parteisatzung nach der verlorenen Wahl nicht erneut für ein Amt innerhalb der Parteispitze kandidieren. Eine Kandidatur schließt dies jedoch nicht endgültig aus, da für die Änderung der Satzung lediglich eine einfache Mehrheit auf dem Parteitag notwendig wäre.

Eine parteiinterne Entwicklung zeichnet sich in den vergangenen Wochen und Monaten deutlich ab: Augenscheinlich ist Staatspräsident Battulga zunehmend bemüht, die Spitzenämter innerhalb der Parteizentrale mit Personen aus seinem Umfeld zu besetzen. Mit dem der MVP angehörenden Premierminister Khurelsukh ist ihm ein äußerst populärer Gegenspieler erwachsen, dem durchaus Ambitionen auf das Amt des Staatsoberhauptes nachgesagt werden. Eine erneute Spaltung zwischen der Parteizentrale und dem Präsidialamt, so Battulgas Befürchtung, könnte ihn die Wiederwahl kosten. So nimmt der Jungpolitiker P. Nurzed, dem der Einzug ins Parlament nur knapp misslungen war, mehr oder minder offenkundig bereits jetzt die Geschäfte eines noch neu zu wählenden Generalsekretärs innerhalb der Partei wahr. Ebenso wie Battulga, der 2017 als Kandidat der DP ins Präsidialamt einzog, stammt er aus der südwestlichen Bajanchongor-Provinz. Nurzed wird eine enge persönliche Beziehung zum Staatsoberhaupt nachgesagt. In Teilen der Partei werden ihm deshalb Außenseiterchancen auf den Posten des Vorsitzenden zugesprochen.

Unabhängig davon, wer sich auf dem Parteitag im November durchsetzen wird, kommen schwere Aufgaben auf die DP-Führung zu. So war gerade auch die Uneinigkeit innerhalb der Partei ausschlaggebend für die desaströse Niederlage bei den Abstimmungen im Juni. Zwar war unter dem Vorsitz von Erdene Ende Dezember 2018 erstmals die Verabschiedung eines Parteiprogramms gelungen, aufgrund parteiinterner Streitigkeiten drang dieser Erfolg jedoch kaum in die Öffentlichkeit durch. Auch hatten Erdene und Battulga ihre Dissensen, etwa bei der Frage einer mongolischen Mitgliedschaft in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, wiederholt offen zur Schau gestellt. Erdene selbst bezeichnete dies bei seiner Rücktrittserklärung als einen entscheidenden politischen Fehler.  Folglich gilt es vor den Präsidentschaftswahlen im Sommer 2021 sowohl die unterschiedlichen Flügel in der Partei zu einen, als auch Geschlossenheit für die erneute Kandidatur Battulgas zu demonstrieren.

Unabhängig? Die Rolle der Wahlkommissionen

Für Aufsehen sorgten in den vergangenen Wochen insbesondere auch zweifelhafte Entscheidungen der jeweils zuständigen Wahlkommissionen. So wird die DP in der gesamten Darchan-Uul-Provinz inklusive der Stadt Darchan aufgrund angeblich fehlender Dokumentationen nicht antreten können.  Für öffentliche Spekulationen sorgte jedoch insbesondere die Entscheidung, dass der Nationalen Arbeiterpartei (HUN) die Kandidatur in der Hauptstadt verwehrt werden sollte.  Als einzige namhafte Oppositionspartei hatte sie sich einem für die Hauptstadt geknüpften Bündnis der anderen Oppositionsparteien verwehrt. So ist im Vorfeld der Wahlen in Ulan Bator zwischen den Parteiführungen abgesprochen worden, dass die jeweiligen Kandidaten der DP, der Mongolischen Revolutionären Volkspartei (MRVP) sowie der Neuen Partei (NP) nicht gegeneinander antreten werden. Die HUN-Partei, der es bei den Parlamentswahlen gelungen war, mit dem Kandidaten T. Dorjkhand in die Volksvertretung einzuziehen, hatte sich jedoch nicht einbinden lassen.

In der Folge warf P. Naranbayar, ein einflussreicher Funktionär der HUN-Partei, mehr oder minder direkt der DP beziehungsweise dem Präsidenten Einflussnahme auf die Entscheidung der Wahlkommission vor.  Da der Beschluss jedoch nach einer Woche wieder zurückgenommen wurde, wird auch über die Möglichkeit spekuliert, dass das politische Tauziehen um die HUN-Partei vor allem der DP schaden sollte. Tagelang war eine mögliche Einmischung durch die Partei Thema in den sozialen Netzwerken und Medien gewesen. Inwiefern der Skandal das Ansehen der DP beschädigen und der HUN-Partei nutzen wird, ist nicht abzusehen. Zu erwarten ist jedoch, dass insbesondere die regierende MVP von den intensiven Streitigkeiten zwischen den Oppositionsparteien profitieren wird. So generiert sich die Partei insbesondere als Garant für politische Kontinuität. Der Abgeordnete und Vorsitzende der Hauptstadt-MVP D. Sumyabayar warb wie folgt für seine Partei: „Die Bürger wollen Kontinuität und Stabilität im Land. Um das Land schnell modernisieren zu können, müssen Parlament, Regierung und Kommunen zusammenarbeiten können. Deswegen appelliere ich an die Wähler für unsere Kandidaten zu stimmen.“  Im Einklang mit diesem Stabilitätsversprechen zieht die Partei mit dem Slogan „Lasst uns unsere Kräfte bündeln!“ in den Wahlkampf.

Ausblick

Nur drei Monate nach den für die Oppositionsparteien desaströsen Parlamentswahlen scheint ein erneuter Wahlsieg der regierenden MVP bei den Kommunalwahlen vorhersehbar. Mit besonderer Spannung wird jedoch das Abschneiden des oppositionellen Wahlbündnisses in Ulan Bator erwartet. Der HUN-Partei könnte es durch einen Einzug in den Senat der Hauptstadt endgültig gelingen, sich als politische Kraft zu etablieren. 2012 hatte die DP erstmals Ulan Bator in einem Erdrutschsieg erobert, jedoch bei den vier Jahre später folgenden Kommunalwahlen den Großteil der Sitze wieder verloren. Chancen werden der DP insbesondere in der zentralen Dsawchan-Provinz eingeräumt. Nur hier konnte die Partei die vergangenen Kommunalwahlen 2016 für sich entscheiden und mit D. Batsaikhan den Gouverneur stellen. Des Weiteren kann die Partei in der östlichen Süchbaatar-Provinz auf einen Sieg spekulieren. Hier war es der DP bei den jüngsten Parlamentswahlen gelungen, beide Abgeordnetensitze zu erringen. Aufgrund fehlender zuverlässiger Umfragen lässt sich über die tatsächlichen Chancen für die Oppositionsparteien in den einzelnen Provinzen jedoch letztendlich nur spekulieren.

Da landesweit eine erneute Niederlage der Oppositionsparteien zu erwarten ist, bleibt letztlich fraglich, ob die DP tatsächlich nachhaltig Schaden nehmen würde. Dies gilt auch, da im zentralistischen System der Mongolei die Abgeordneten im Vergleich zu den Gouverneuren als wesentlich einflussreicher gelten. Von einem überraschend guten Abschneiden der DP würden wohl insbesondere die Vertrauten des Staatspräsidenten profitieren, da Personen aus seinem Umfeld in den vergangenen Wochen bemüht waren, das öffentliche Image der Partei aufzuwerten. Als indirekter Wahlkämpfer für die DP hatte Battulga in den vergangenen Wochen im ganzen Land tausende Mütter mit einem staatlichen Verdienstorden ausgezeichnet. Insbesondere das Lager um den Staatspräsidenten wird also dem Ausgang der Wahlen mit Spannung entgegenblicken.

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Viktor Frank

Viktor Frank

Leiter des Auslandsbüros Mongolei

viktor.frank@kas.de +976 11 31 91 35

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