Relazioni degli eventi
Im Saarland versucht man diese Frage bereits seit einem knappen Jahr mit einem neuen Modell zu beantworten. Dort beschloss der Landtag am 7. Februar 2007 die Einrichtung einer Screeningstelle, die überprüfen soll, ob Kleinkinder von ihren Eltern regelmäßig zu den Früherkennungsuntersuchungen gebracht werden. Seit dem 1. April 2007 hat diese Screeningstelle am Universitätsklinikum Homburg ihre Arbeit aufgenommen. Für die Vortragsreihe „Zukunftsblicke“ war Josef Hecken, der saarländische Minister für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales, in die Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung nach Berlin gekommen, um über die ersten Erfahrungen mit diesem Modell zu berichten.
„Es geht bei diesem Screening nicht darum, Eltern zu kriminalisieren oder bestrafen“, betonte der 48-jährige Jurist, „sondern es geht darum, Hilfe anzubieten, wo sie gebraucht wird.“ Dazu melden die Kinderärzte in der Screeningstelle alle Früherkennungsuntersuchungen an, die sie durchführen, und zwar täglich aktualisiert. Findet die Untersuchung bei einem Kind im dafür vorgesehenen Alter nicht statt, ergehen nach zwei Wochen zwei Erinnerungsschreiben mit kurzem Abstand. Sind die Eltern dann immer noch nicht aktiv geworden, stattet das Gesundheitsamt der Familie einen Besuch ab. Dabei bietet es Beratung an und führt die Untersuchung durch. „Natürlich können wir so keine Ausraster und Affekthandlungen unterbinden, aber wir verhindern, dass Kinder zwischen null und sechs Jahren im Nirvana verschwinden“, so Hecken.
Um die Screeningstelle einzuführen, mussten im Saarland zunächst einige Voraussetzungen im rechtlichen und finanziellen Bereich geschaffen werden. Das Verfahren kostet pro Kind und Jahr 5,40 Euro, dazu kommen für zusätzliche Arztstellen und Sozialarbeiter im Gesundheitsamt Kosten, die Hecken mit rund vier Millionen Euro pro eine Million Einwohner beziffert. Im Bereich des Datenschutzes gibt es gegen das Verfahren einige Bedenken, wie Hecken weiß. Außerdem mussten Gesetze geschaffen werden, die es dem Gesundheitsamt ermöglichen, eine Untersuchung der Kinder beim Hausbesuch durchsetzen zu können. Doch das Einmischen des Staates ist aus der Sicht des Ministers kein zu hoher Preis, wenn es um das Wohlergehen der Kleinsten geht: „Es gibt kein Recht auf Vernachlässigung der Kinder.“
Hecken hält das Modell für einen Erfolg und belegt dies mit Zahlen aus der Arbeit der Screeningstelle. Bei der Früherkennungsuntersuchung U5, die zwischen dem sechsten und siebten Lebensmonat stattfinden sollte, wurden die saarländischen Gesundheitsämter bei 3,5 Prozent aller Kinder aktiv. In fast einem Drittel dieser Fälle erging ein Hinweis an das Jugendamt, nachdem die Ärzte des Gesundheitsamts einen Blick auf die Lebensumstände der Kinder geworfen hatten. Auch aus den Reaktionen der Bürger weiß Hecken, dass die Screeningstelle Zustimmung findet. Sowohl die Erinnerungsbriefe als auch der Besuch durch das Gesundheitsamt stoßen auf positives Echo, geschätzt werde vor allem die unbürokratische Arbeitsweise. Denn das Saarland setzt neben dem Screening noch auf eine zweite Säule in der Betreuung von Kleinkindern: sogenannte Familienhebammen besuchen alle Neugeborenen in ihrem häuslichen Umfeld und können bis zu einem Jahr mit der Familie arbeiten, wenn Bedarf besteht.
Abschließend brachte Hecken seine Hoffnung zum Ausdruck, dass das Screeningverfahren bald bundesweit zum Einsatz kommt. Zumindest mit Rheinland-Pfalz sei eine Zusammenarbeit angestrebt, und auch die übrigen Länder zeigten sich beim Kindergipfel im Dezember interessiert. Eine wichtige Voraussetzung ist allerdings, dass das Verfahren auch vor dem Bundesverfassungsgericht standhält und nicht aufgrund seines Umgangs mit sensiblen Daten gekippt wird. Die rege Diskussion und die Nachfragen der Zuhörer in der Berliner Akademie zeigten jedoch, dass das kleine Bundesland in diesem Bereich durchaus Vorbildcharakter haben könnte.
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