Brauchen wir einen Digitalpakt Kita?
Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung in der frühkindlichen Bildung
Am 21. Juni fand die Online-Veranstaltung “Brauchen wir einen Digitalpakt Kita? Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung in der frühkindlichen Bildung” statt. In der Begrüßung betonte Dr. Peter Fischer-Bollin, Leiter der Hauptabteilung Analyse und Beratung, dass frühkindliche Bildung kein Nischenthema sein dürfe und die Voraussetzung dafür geschaffen werden müssten, dass frühkindliche Betreuungseinrichtungen noch stärker zu Bildungseinrichtungen werden.
Digitalpakt Kita als elftes Handlungsfeld im Gute-Kita-Gesetz? eine bildungsökonomische Einordnung
Prof. Dr. C. Katharina Spieß, die Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin gab einen Überblick über die Einsatzbereiche digitaler Möglichkeiten in Kindertagesstätten. Sie hob zunächst, die Bedeutung von Elternarbeit hervor, die auch nach der Pandemie wichtig bleibe und jenseits digitaler Kontaktmöglichkeiten helfe, die familiale Anbindungsqualität zu steigern. In Kindertagesstätten sei Digitalisierung allein schon für die Organisation wichtig: „Die Gewonnene Zeit kommt den Kindern zu.“ Darüber hinaus könne digitale Entwicklungsdokumentation die Kontinuität frühkindlicher Bildung sichern, auch wenn Fachkraft oder Einrichtung wechselten. Grundsätzlich gelte: digitale Medien seien in der frühkindlichen Bildung immer wieder auf ihre Altersgerechtigkeit hin zu überprüfen. Digital ausgestattete Kindertagesstätten hätten mittelfristig aber die Möglichkeit, etwaige Defizite in der Medienkompetenz vor Schuleintritt auszugleichen. Zudem könne die digitale Kindertagesstätte einfacher mit dem Jugendamt oder der Kommune kommunizieren und so auf Gefahren und Bedarfe aufmerksam machen. Spieß unterstrich, dass dazu einheitliche Standards vonnöten seien. Hier müsse auch der Bund unterstützend eingreifen. „Denn eins muss verhindert werden: Digitalisierung darf keine neuen Ungleichheiten schaffen.“
Digitale Medien in der Kita. Ein Praxisbeispiel
Claudia Busch, Leiterin des FRÖBEL-Kindergarten Pfiffikus in Kerpen präsentierte mit einem Video ein Praxisbeispiel digitaler Medien in Kindertagesstätten. Busch betonte, dass den noch verbreiteten Vorbehalten seitens der Eltern mit Offenheit zu begegnen sei. „Digitalisierung kann nur dann erfolgreich gestaltet werden, wenn alle mitgenommen werden.“ Um aber digitale Medien in Kindertagesstätten zu verankern, brauche es dringend einen Digitalpakt Kita. Ein solcher Digitalpakt würde den politischen Willen bezeugen, digitale Kompetenzen seitens der Fachkräfte wie auch seitens der Kinder zu stärken. Vor diesem Hintergrund seien die Funktionsweisen der in ihrer Kindertagesstätte zum Einsatz kommenden digitalen Medien auch auf ein aktives Nutzen und nicht auf ein passives Konsumieren ausgerichtet, wie das häufig im häuslichen Umfeld der Fall sei. „Ziel digitaler Medien in Kindertagesstätten ist, den Kindern einen selbstbewussten Umgang zu ermöglichen.“ Denn digitale Medien gehörten zum Alltag der deutschen Gesellschaft. Der Digitalpakt Kita habe daher grundsätzliche Fragen des Datenschutzes, der Finanzierung und der Fortbildungen der Fachkräfte zu regeln.
Kinder vor den Bildschirm? Wozu dient Digitalisierung in Kitas?
Michael Fritz, Vorstandsvorsitzender des Hauses der kleinen Forscher, stellte die Neugier der Kinder ins Zentrum. Diese interessierten sich nicht für den Unterschied zwischen digital und analog. Gelungene frühkindliche Bildung helfe Kindern, einen reflektierten Umgang mit Medien zu erlernen. „Digitale Medien ergänzen analoge Erfahrungen, ohne diese ersetzen zu wollen.“ Dennoch verändere die Digitalisierung der Gesellschaft die Annahmen und Erwartungen an Bildung grundsätzlich. Vor diesem Hintergrund seien kompetente Fachkräfte ein wichtiger Schlüssel zu einem selbstbewussten Umgang mit digitalen Medien. Der Zugang zu Fortbildungsangeboten im Bereich digitaler Medien und Bildung seien daher zu garantieren. Michael Fritz unterstrich die Forderung, Pädagogische Fachkräfte im digitalen Transformationsprozess mit einem Digitalpakt Kita zu unterstützen.
Kitas 2021 - Welche politischen Maßnahmen brauchen wir im Bereich der Digitalisierung?
Frank Jansen und Lena Przibylla vom Verband katholischer Tageseinrichtungen betonten den Aspekt der Teilhabe im Bereich der Digitalisierung. Die digitale Infrastruktur der Kindertagesstätten sei zu verbessern, damit Kinder selbstbestimmt ins Leben starten könnten. Dazu sei eine digitale Strategie notwendig, die einen umfassenden Ansatz verfolge. So seien zunächst Internetanschlüsse sicherzustellen. Alle Fachkräfte, wie auch zusätzlich die jeweiligen Gruppen sollten mit Endgeräten ausgestattet werden. Dafür seien standardisierte IT-Systeme und eine ganzheitliche Implementierung wichtig. Auf Informationsplattformen könne sich pädagogisches Fachpersonal austauschen. In Fragen des Datenschutzes sei Klarheit zu schaffen, damit Verantwortung auch übernommen werden könne. Ein zentraler Schritt sei nun, Kosten der Digitalisierung der frühkindlichen Bildung umfassend zu berechnen, damit der Umfang der Investitionen gegenüber der Politik transparent kommuniziert werden könne.
In der vom Bildungsjournalisten Jan-Martin Wiarda moderierten Diskussion wurde von den Zuschauerinnen und Zuschauern gefragt, wie viel Zeit eine umfassende Digitalisierung der Kindertagesstätten in Anspruch nehmen werde, wer dann die IT vor Ort betreue und ob der Umgang mit digitalen Medien in so jungen Jahren wirklich zu begrüßen sei. Die Expertinnen und Experten waren sich einig, dass ein altersgerechter Umgang mit digitalen Medien entscheidend ist. Zugleich wurde darauf verwiesen, dass digitale Medien in fremdsprachlichen Zusammenhängen bei der Integration helfen könnten. Die Aneignung digitaler Kompetenzen werde aber nicht dazu führen, dass alle Fachkräfte bald als digitale Experten fungierten. Vielmehr führe eine funktionale Ausdifferenzierung der Fachkräfte dazu, dass unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden könnten. Um diese Schritte gehen zu können, seien allerdings verstetigte Mittel vom Bund notwendig. Dafür sei es nun wichtig, konkrete finanzielle Bedarfe zu kalkulieren. Claudia Busch rief Kitaleitungen und Erzieherinnen und Erzieher dazu auf, mutig loszugehen, auch wenn dabei Fehler passieren können.
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Hauptabteilung Analyse und Beratung
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