דוח מדינה
Am 24. September, zeitgleich mit den Bundestagswahlen, fand die Wahl zum französischen Senat, der zweiten Kammer des Parlaments, statt. Die Hälfte der 348 Abgeordneten wird alle drei Jahre durch ein Wahlgremium neu besetzt.
Diesmal hatte Macron, der zuvor die traditionellen Parteilager in Frankreich aufmischte, kein leichtes Spiel. „La République en marche“ verlor einen Sitz und stellt nur noch 28 von insgesamt 348 Senatoren. Die Partei verpasste somit das Ziel, zweitstärkste Partei des Senats zu werden. Mit 159 Sitzen, 15 mehr als im scheidenden Senat, sind die Républicains (LR) erwartungsgemäß als stärkste Kraft aus den Wahlen hervorgegangen. Gemeinsam mit der „Union des démocrates et indépendants“ (UDI), die 8 Sitze gewinnt und nunmehr 50 Senatoren stellt, hat das bürgerlich-konservative Lager nun die absolute Mehrheit im französischen Senat. Die Verluste der angeschlagenen Sozialisten waren nicht so groß wie erwartet. Sie werden künftig mit 81 Abgeordneten im Senat vertreten sein und verloren lediglich 5 Sitze. Der rechtsextreme Front National gewann keine neuen Sitze - seit 2014 hat die Partei zwei Plätze im Oberhaus.
Wahl der Senatoren
Der Senat ist die zweite Kammer des französischen Parlaments und „hoher Rat der Gemeinden Frankreichs". Er wird als Vertretung der Gebietskörperschaften indirekt durch ein Wahlgremium gewählt. Er entspricht damit in seiner Funktion in etwa dem deutschen Bundesrat. Das Wahlgremium besteht heute aus ca. 150.000 Mitgliedern: 577 Abgeordneten der Nationalversammlung, rund 1 870 Regionalräte, 4000 Departement-Räte und 143 553 Delegierte der Gemeinderäte.
Jeweils die Hälfte von ihnen wählt alle drei Jahre abwechselnd die neu zu bestimmenden Senatoren. Die Zahl der Vertreter einer Region im Wahlgremium ist dabei abhängig von der Bevölkerungszahl, aber nicht proportional zu dieser: ländliche Regionen haben bei der Wahl im Verhältnis mehr Stimmen als Städte. 2014 wurden zuletzt 178 Abgeordnete des Senats gewählt.
Befugnisse des Senats
Laut Verfassung hat der Senat als Teil der Legislative die gleichen Befugnisse wie die Nationalversammlung: beide Kammern sind an der Gesetzgebung beteiligt und haben eine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung. In der Realität ist der Senat jedoch die schwächere der beiden Kammern. Der Senat kann Gesetze zwar ebenso vorschlagen oder Änderungen an bestehenden Gesetzen einbringen. Um ein Gesetz zu verabschieden, muss dieses von Nationalversammlung und Senat wortgleich verabschiedet werden. Gibt es seitens einer Kammer Änderungsbedarf am Gesetz, wird ein Vermittlungsausschuss berufen. Kommt es zwischen beiden Kammern nach dem Vermittlungsprozess zu keiner Einigung, hat die Nationalversammlung das letzte Wort.
Als Ergebnis der V. Republik wurden die Regierung und der Präsident gegenüber dem Parlament gestärkt. Insofern sind auch die Kontrollmöglichkeiten des Senats gegenüber der Regierung beschränkt. Der Senat hat das Recht, die Regierungsmitglieder zu befragen und Berichte zu veröffentlichen, aber keine formellen Sanktionsmöglichkeiten. Auch in der Gesetzgebung hat die Regierung so viele Eingriffsmöglichkeiten, dass in der Realität kaum ein Gesetz verabschiedet wird, das vom Parlament ausgeht. Geht ein Gesetz vom Senat aus, so kann es die Nationalversammlung nicht zwingen, dieses zu beraten. Entsprechend geht nur ein geringer Teil der verabschiedeten Gesetze vom Senat aus. Oft erfüllt der Senat dahingehend nur eine beratende Funktion. Im Gegensatz zur Assemblée nationale kann der Senat jedoch nicht durch die Regierung aufgelöst werden.
Der Senatspräsident gilt als zweiter Mann der Republik, denn er tritt an die Stelle des Staatspräsidenten, sollte dieser zurücktreten oder im Amt sterben. In der V. Republik ist dies zwei Mal eingetreten: Alain Poher, Senatspräsident von 1968 bis 1992, amtierte gleich zwei Mal für den Präsidenten: 1969 nach dem Rücktritt von Charles de Gaulle und 1974 nach dem Tod von Georges Pompidou. Der aktuelle Senatspräsident heißt Gérard Larcher, Senator für das Departement Yvelines (westlich von Paris) und Mitglied der Républicains. Er bemüht sich um seine zweite Amtszeit.
Machtspiel der Mehrheitsverhältnisse
Der Wahlausgang war für Macron abzusehen und vor dem Hintergrund des Wahlsystems unvermeidbar. Der Senat gilt aufgrund des indirekten Wahlverfahrens mittels Wahl-Delegierten sowie der langen Wahlperiode als statisch. Dem versuchte die Reform des Senats von 2004 mit einer Verkürzung der Mandatsdauer von 9 auf 6 Jahre Rechnung zu tragen. Auch wird nicht mehr ein Drittel, sondern die Hälfte der Senatoren neu gewählt. Dennoch schlagen sich Veränderungen der politischen Landschaft viel langsamer nieder, als in der Nationalversammlung, da das Wahlsystem diejenigen Parteien favorisiert, die in den kleinen Kommunen stark verankert sind. Seit seiner Gründung 1958 hatte daher das bürgerlich-konservative Lager überwiegend starke Mehrheiten im Senat. Kleine Parteien wie etwa die Grünen erreichen hingegen nur einen Bruchteil der Mandate, die sie in der Nationalversammlung halten. Der Front National verfügte bis 2014 über gar keine Mandate.
Von den Mehrheitsverhältnissen hängt auch ab, welche Rolle dem Senat zuteil wird. Entspricht es dem Verhältnis in der Nationalversammlung, so erfüllt der Senat die für ihn vorgesehene gesetzgebende und beratende Funktion. Steht der Senat in Opposition zum Präsidenten und der Nationalversammlung, beschränkt sich seine Rolle auf Verhinderungspolitik. Angesichts des Sieges der Républicains bei den Senatswahlen und der damit weiterhin bürgerlich-konserva¬tiven Mehrheit wird sich der Senat im Gesetzgebungsprozess voraussichtlich darum bemühen, die Initiativen der Nationalversammlung zu blockieren, während die Regierung und ihre Mehrheit der Nationalversammlung alles tun werden, um die Einflussmöglichkeiten des Senats zu minimieren.
Während der sozialistischen Regierung unter Präsident François Mitterrand 1981-1986 zum Beispiel haben der Präsident und die Nationalversammlung einen Großteil der Gesetzentwürfe als „dringlich“ erklärt, um den bürgerlich-konservativen Senat mit der Arbeitslast zu überfordern und ihm effektives Arbeiten unmöglich zu machen. Der Senat wiederum hat seit der Verfassungsänderung 1974 eine andere Möglichkeit, um sich gegenüber der Nationalversammlung durchzusetzen: es reichen nunmehr 60 Senatoren, um ein Gesetz vom Conseil Constitutionel (dem Äquivalent zum deutschen Bundesverfassungsgericht) prüfen zu lassen. Seitdem hat damit faktisch auch die Opposition das Recht, die Verfassungsgerichtsbarkeit anzurufen, und macht davon intensiv Gebrauch.
Bedeutung für Macrons Politik
Für Macron sind die von der Nationalversammlung abweichenden Mehrheitsverhältnisse im Senat vor allem für seine geplante Verfassungsänderung folgenreich. Diese ist im Zusammenhang mit der institutionellen Reform notwendig, die er am 3. Juli 2017 feierlich bei seiner Rede vor dem Kongress (der gemeinsamen Sitzung beider Parlamentskammern) in Versailles angekündigt hatte. Das betrifft unter anderem sein Versprechen, die Anzahl der Abgeordneten von 577 auf 348 zu reduzieren, den Gesetzgebungsprozess effizienter zu gestalten sowie eine „Dosis“ Verhältniswahlrecht bei den Wahlen zur Assemblée nationale einzuführen. Diese Projekte, die Macron bis Juli 2018 umzusetzen versprach, rücken mit einer bürgerlich-konservativen Mehrheit im Senat zunächst in weite Ferne.
Eine Verfassungsänderung kann zum einen durch eine Volksabstimmung erfolgen, zum anderen durch den Kongress. Die Änderung der Verfassung setzt die Zustimmung von 3/5 der Abgeordneten beider Kammern voraus, was einer Zahl von 555 Mandatsträgern entspricht. Gemeinsam mit den Fraktionen von „MoDem“ und „Les Constructifs“ kommt Macrons Bewegung LREM auf 396 Abgeordnete aus der Assemblée nationale und 27 Senatoren.
Bis auf eine Ausnahme (Senkung der Amtszeit des Präsidenten von sieben auf fünf Jahre durch ein Referendum) wurde bislang jede Verfassungsänderung durch die Parlamentsversammlung verwirklicht. Vorsichtshalber kündigte Macron aber bereits bei seiner Rede am 3. Juli an, die Verfassungsänderung notfalls mittels Referendum durchsetzen zu wollen.
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