Nach den ersten Runde der Wahlen am 22. Dezember gab es in 125 Wahlkreisen einen klaren Sieger. Die Liberaldemokratische Partei Usbekistans (UzLiDep) behielt demnach den Status der Regierungspartei bei und erhielt 42 Abgeordnetenmandate im neuen Parlament. Der UzLiDep folgten die Demokratische Partei «Milliy Tiklanish» mit 34 Mandaten, die Sozialdemokratische Partei „Adolat“ mit 20 Mandaten, die demokratische Volkspartei Usbekistans (NDPU) mit 18 Mandaten und die Ökologische Partei Usbekistans mit 11 Mandaten. So konnten alle fünf bei der Wahl beteiligten Parteien ins neue Parlament einziehen. Die Wahlbeteiligung lag bei 67,8 Prozent der Gesamtzahl der Wahlberechtigten unter Berücksichtigung der im Ausland lebenden Bürger[1]. Dies ist statistisch zwar die niedrigste Wahlbeteiligung in der Geschichte Usbekistans. Aus Sicht von Experten wird die Wahlbeteiligung dennoch als positiv bewertet, da es sich im Gegensatz früheren Wahlen um reale Zahlen handelt, die von einer relativen Wahlfreiheit und der Unterbindung von Fälschungen zeugen.
An den Stichwahlen am 5. Januar nahmen jeweils die zwei Kandidaten teil, die im ersten Wahlgang in ihrem Wahlkreis die meisten Stimmen auf sich vereinen konnten. Im Ergebnis der Stichwahlen erhielten die UzLiDep 11 Sitze, die demokratische Partei Usbekistans „Milliy Tiklanish“ zwei Sitze sowie die Sozialdemokratische Partei Usbekistans „Adolat“, die Demokratische Volkspartei Usbekistans und die Ökologische Partei je vier Sitze in der Gesetzgebungskammer des usbekischen Parlaments.
Damit sieht die Sitzverteilung im Parlament wie folgt aus: UzLiDep - 53 Sitze (35 Prozent), Milliy Tiklanish - 36 Sitze (24 Prozent), Adolat - 24 Sitze (16 Prozent), NDPU - 22 Sitze (15 Prozent), die Ökopartei - 15 Sitze (10 Prozent). Gewählt wurden 48 Frauen, die 32 Prozent der Gesamtzahl der Abgeordneten ausmachen.
Die Ergebnisse der Parlamentswahlen stellen nicht nur eine Bestätigung für Präsident Sсhawkat Mirsijojew und seinen dynamischen Modernisierungskurs dar. Die Art und Weise ihrer Durchführung ist zugleich Ausdruck eines Wandels im politischen Selbstverständnis Usbekistans, der bis vor wenigen Jahren unvorstellbar erschien. Dass sich das Land mit seinem Reformkurs auf einem guten Weg befindet, können auch die von der OSZE-Wahlbeobachtermission angebrachten Kritikpunkte am Wahlprozess nicht negieren.
Im Präsidialsystem Usbekistans war der Gestaltungsanspruch des Parlaments in der Vergangenheit wenig ausgeprägt. In der vom Staatspräsidenten initiierten Entwicklungsstrategie Usbekistans für den Zeitraum von 2017 bis 2021 wird allerdings der Stärkung der Rolle der Parteien und der Parlamentsarbeit insgesamt eine wichtige Stellung eingeräumt. Vom Parlament und den Parteien erwartet der Präsident eine konstruktive Mitgestaltung seines gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Reformkurses, der auch das Ansprechen von Fehlentwicklungen beinhalten soll. Inwieweit und wie rasch die Parteien und das Parlament sich in diese für sie bisher ungewohnte Rolle einfügen, lässt sich nur schwer vorhersagen. Tatsache ist, dass nunmehr zumindest die Chance für das Parlament besteht, eine wesentlich gestaltendere Rolle im politischen System Usbekistans einzunehmen, als es bisher in der jungen Geschichte des Landes möglich war. Und zwar nicht nur aufgrund der dem Parlament seitens des Präsidenten zugedachten stärkeren Rolle, sondern auch aufgrund der in dieser Form noch nicht dagewesenen Legitimation durch die aktuellen Parlamentswahlen.
Bewertung der Parlamentswahlen durch internationale Beobachter
Die Wahlen wurden von fast 140.000 lokalen und mehr als 800 internationalen Beobachtern sowie von neun Organisationen wie der GUS, der SOZ und der OSZE beobachtet.
Die Beobachtermission der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) erkannte die Wahlen als demokratisch und transparent an. Der Leiter der Mission, Vorsitzender des Exekutivkomitees-Exekutivsekretär der GUS, Sergej Lebedew, sagte: „Die Mission glaubt, dass die Wahlen in Übereinstimmung mit der Verfassung Usbekistans und den in der Republik geltenden Gesetzen demokratisch und transparent durchgeführt wurden. Für Beobachter wurden alle Bedingungen geschaffen, Treffen mit Leitern von Wahlkreisen und Wahllokalen sowie mit Vertretern der politischen Parteien, die an Wahlen teilnehmen, organisiert"[2].
Die GUS-Mission bestand aus 182 Beobachtern aus Aserbaidschan, Armenien, Weißrussland, Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Tadschikistan, Turkmenistan, die die Interparlamentarische Versammlung der GUS sowie das Exekutivkomitee der GUS vertreten.
Die Beobachtermission der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) hob hervor, dass die Wahlen zur legislativen Kammer des usbekischen Parlaments frei, legitim, demokratisch waren und den Anforderungen der nationalen Gesetzgebung entsprachen.
„Bei den Wahlen wurden keine Verletzungen festgestellt, die die Wahlergebnisse in Frage stellen würden“, sagte Xie Xiaoyong, Stellvertretender Generalsekretär der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und Leiter der SOZ-Beobachtermission[3]. Die Mission bildeten 20 Beobachter aus sieben SOZ-Mitgliedsländern.
Die vom OSZE-Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte und der Parlamentarischen Versammlung der OSZE gemeinsam organisierte Mission zur Beobachtung der Wahlen resümierte, dass sich die jüngsten Änderungen des Wahlrechts in Usbekistan den internationalen Standards nähern, die von allen OSZE-Teilnehmerländern eingehalten werden. Gleichzeitig bleibe – so der Bericht – die gesetzliche Grundlage für die Grundrechte und Freiheiten, die für demokratische Wahlen wichtig sind, übermäßig restriktiv.
„Die Verbesserungen im Wahlrecht Usbekistans und die zunehmende Akzeptanz der Meinungsfreiheit sind lobenswert, aber sie konnten den Mangel an Oppositionsparteien, die anhaltende Missachtung der Grundrechte und ernsthafte Verletzungen am Wahltag nicht kompensieren", lautet es in einer am 23. Dezember 2019 veröffentlichten Erklärung über vorläufige Ergebnisse und Schlussfolgerungen[4].
„Obwohl eine wichtige Grenze überwunden ist, haben alte ungesunde Gewohnheiten, auch am Wahltag, gezeigt, dass dem Land noch viel Arbeit bevorsteht“, sagte George Tsereteli, Sonderkoordinator und Leiter der kurzfristigen OSZE-Wahlbeobachtungsmission[5].
Die OSZE ist der Auffassung, dass die umfangreichen Reformen in Usbekistan einen echten und direkten Einfluss auf diese Wahlen ausübten, aber die demokratische Entwicklung künftig mehr Wettbewerb und Respekt der Grundrechte und Freiheiten erfordere.
„Die beispiellose Anzahl von weiblichen Kandidaten bei den gestrigen Wahlen kann auf die Veränderungen in Usbekistan hinweisen", sagte Kari Henriksen, Leiterin der Delegation der Parlamentarischen Versammlung der OSZE. „Aber obwohl diese Wahlen durch ein viel größeres Maß an Offenheit als in der Vergangenheit gekennzeichnet sind, ist die Wahl, die den Wählern zur Verfügung gestellt wird, immer noch sehr begrenzt“[6].
Sie brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass die Reformen, die durch die Regierung durchgeführt werden, bald von der ganzen Gesellschaft wahrgenommen werden.
„Unabhängige Meinungen werden immer mehr, sie gewinnen an Kraft, ein neues Gefühl der Freiheit ist entstanden. Diese Änderung ist sehr willkommen“, sagte Tana de Zulueta, Leiterin der ODIHR-Wahlbeobachtungsmission. „Aber diese Freiheit hat einen harten Rahmen, und öffentliche Meinungsverschiedenheiten können immer noch zu Strafverfolgung oder Haft führen“[7]. Im Allgemeinen äußerte das ODIHR die Hoffnung auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den Behörden Usbekistans, um ihnen bei der Verbesserung der demokratischen Institutionen zu helfen und das Land weiter voran zu bringen.
Im Bericht der OSZE-Wahlbeobachtungsmission wird positiv hervorgehoben, dass mehr als 820 internationale Beobachter und 135 ausländische Journalisten an den Wahlen teilnahmen, für die ein gleichberechtigter und ungehinderter Zugang zu allen Aspekten des Wahlprozesses geschaffen wurde.
Der Bericht der OSZE-Mission enthält auch eine Reihe von Empfehlungen, die auf die Verbesserung der Wahlgesetzgebung und der Wahlpraxis abzielen.
Es wird empfohlen, den Straftatbestand für Verleumdung, „Beleidigung der Würde von Bürgern“ und Verbreitung von „falschen Informationen“ zu ändern. Er schränke nach Ansicht der OSZE-Wahlbeobachtermission in der bisherigen Form die Tätigkeit von Journalisten und das Recht auf Meinungsfreiheit noch zu sehr ein. Außerdem merkt die ODIHR-Mission an, dass die Forderung, dass Kandidaten seit mindestens fünf Jahren vor der Wahl in Usbekistan wohnhaft sein müssen, zu restriktiv sei. Es wird zudem empfohlen Möglichkeiten zu prüfen, auch Entmündigten das Wahlrecht zu garantieren und künftig auch unabhängige Kandidaten zur Wahl zuzulassen.
Die OSZE-Mission ist auch der Ansicht, dass Frauen derzeit nicht in ausreichender Zahl im gesellschaftlichen und politischen Leben Usbekistans vertreten seien. Gleichzeitig würdigte das ODIHR, dass der Anteil von Frauen in der Zentralen Wahlkommission von bisher drei auf sieben gestiegen sei, die Wahlbeteiligung von Frauen bei 49 Prozent gelegen habe und 41 Prozent aller zur Wahl stehenden Kandidaten weiblich gewesen seien.
[1] http://elections.uz/uz/lists/view/2198
[2] https://uz.sputniknews.ru/politics/20191223/13085912/Missii-SNG-i-ShOS-priznali-demokratichnymi-vybory-v-uzbekskiy-parlament.html
[3] ebenda
[4] osce.org/odihr/elections/uzbekistan/442888)
[5] https://www.osce.org/ru/odihr/442927
[6] ebenda
[7] ebenda
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