Ausgangslage
Die Vereinigten Mexikanischen Staaten sind eine föderal organisierte Präsidialrepublik mit 32 Bundesstaaten. Der Präsident wird direkt zum Staats- und Regierungsoberhaupt für eine sechsjährige Amtsperiode ohne Möglichkeit zur Wiederwahl gewählt. Der Kongress besteht aus zwei Kammern: Senat (128 Sitze) und Abgeordnetenhaus (500 Sitze), die alle sechs bzw. drei Jahre neu gewählt werden. Bis ins Jahr 2000 wurde das Land mehr als 70 Jahre lang ununterbrochen von einer einzigen Staatspartei (PRI) regiert, deren Erbe das allgemeine Verständnis von Demokratie, Wahlen, Gewaltenteilung, Einflussnahme und Machttransfer de facto bis heute prägt. Auch der derzeitige Amtsinhaber und zahlreiche Führungskräfte der aktuellen Regierungspartei MORENA wurden in dieser PRI sozialisiert und haben dementsprechend ein eingeschränktes Verständnis für unabhängige judikative Prozesse und Kontrollmechanismen der Opposition, die Machtmissbrauch vorbeugen bzw. die Regierungsarbeit kontrollieren sollen. Im Freedom House Index 2024 erhält Mexiko 60 von 100 möglichen Punkten und wird lediglich als „teilweise frei“ eingestuft.
Die politische Landschaft Mexikos ist seit dem Jahr 2000 durchaus volatil. Als die Alleinherrschaft der PRI zur Jahrtausendwende durch die konservative PAN mit Vicente Fox gebrochen werden konnte und Mexiko durch den friedlichen Machtwechsel zu einer vollwertigen Demokratie aufstieg, wurden einige Anstrengungen unternommen, den strukturellen Nepotismus zu reformieren; mit bescheidenen, aber wichtigen Errungenschaften wie der Gründung des unabhängigen nationalen Wahlinstituts Instituto Nacional Electoral (INE). 2018 kam AMLO mit der von ihm begründeten MORENA-Bewegung an die Macht. Diese hat seitdem ihre politische Präsenz im Land konsequent ausbauen können und regiert heute in 23 von 32 Staaten.[1]
Die Verteilung von Vermögen und industriellen Kapazitäten in Mexiko ist außerordentlich ungleich. Außerdem leben über 40 Prozent der Bevölkerung weiter in Armut, aller wirtschaftlichen Fortschritte zum Trotz. Im Norden und im industrialisierten Zentrum (Bajío) des Landes profitieren die Staaten vom freien Handel mit den angrenzenden USA und Milliardeninvestitionen im Rahmen der Nearshoring-Dynamik, also der Verlagerung der Wertschöpfungsketten von Unternehmen ins nahgelegene Ausland, während die Menschen im Süden und Südosten des Landes weniger ökonomische Perspektiven und soziale Aufstiegschancen haben. Nichtsdestotrotz ist Mexiko ein industrialisiertes Schwellenland, G20- und OECD-Mitglied und die derzeit zwölftgrößte Volkswirtschaft der Welt.[2]
Das Land weiß um seine besondere Rolle und Beziehung zu den USA im Rahmen des nordamerikanischen Freihandelsabkommens, dem „T-MEC“ (Tratado entre México, Estados Unidos y Canadá), ehemals NAFTA. Mexiko ist der wichtigste Handelspartner der USA und wirtschaftlich wie sozial engstens mit dem „großen Bruder“ im Norden verflochten. Dadurch entsteht eine spezielle Attraktivität für Investoren aus Europa und Asien.
Die inneren Herausforderungen allerdings sind gravierend und kontinuierlich. Die Mordraten im Kontext des außer Kontrolle geratenen Drogenkrieges bzw. Auseinandersetzungen der inzwischen weit diversifizierten Kartelle sind auf einem historischen Rekordhoch, Teile des Landes sind nicht mehr vollständig unter Kontrolle der Staatsmacht.[3] Die auf allen staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen vorherrschende Korruption ist ein weiteres äußerst problematisches Phänomen, welches die Stabilität der demokratischen Institutionen gefährdet. Die Schwächen des Rechtsstaates, mit einer Straflosigkeit von 95 Prozent und einer zunehmend in Frage gestellten Unabhängigkeit und Effektivität der Justiz, lassen die mexikanische Demokratie derzeit mindestens fragil, wenn nicht gar dysfunktional erscheinen. Viele dieser Probleme sind nicht ursächlich auf die aktuelle Regierungsperiode AMLOs zurückzuführen, sondern längerer und struktureller Natur.
Eine umfassende Bilanz des aktuellen „sexenio“, das heißt der sechsjährigen Regierungszeit, ist hier nicht beabsichtigt. Festzuhalten ist jedoch, dass viele der hohen Erwartungen mit denen AMLO das Amt 2018 nach seinem deutlichen Wahlsieg (53,2 Prozent) angetreten ist, sich nicht nur nicht erfüllt haben, sondern durch seine eigene Politik konterkariert wurden. Besonders bedenklich stimmen in diesem Zusammenhang die erwähnte Gewaltspirale, die deutlich gestiegene Militarisierung des Staates, zweifelhafte Großprojekte im Bereich Infrastruktur (Tren Maya, Raffinerie Dos Bocas, neuer Hauptstadtflughafen AIFA), eine Rückkehr in der Energiepolitik zu fossilen Brennstoffen, eine deutlich verschlechterte gesundheitliche Versorgung und die weitestgehende Verabschiedung Mexikos von der internationalen Bühne.
Demgegenüber sind aber auch signifikante Errungenschaften im Bereich der Sozialpolitik wie die Erhöhung des Mindestlohnes und Verbesserungen im Rentensystem zu verzeichnen, deren wirtschaftliche Nachhaltigkeit zumindest fragwürdig sind. Hinzu kommen die konstanten Scharmützel der Regierung mit der Justiz, insbesondere dem Obersten Gerichtshof, öffentliche Auseinandersetzungen mit kritischen Journalisten und die Schwächung der autonomen Kontrollinstanzen des politischen Systems wie des Wahlinstituts INE oder der Informationsbehörde INAI (Instituto Nacional de Transparencia, Acceso a la Información y Protección de Datos Personales).
Wahlkampf und Umfragen
Seit dem 01. März 2024 ist der Wahlkampf in Mexiko offiziell in vollem Gange. Am 02. Juni sind über 99 Millionen Bürgerinnen und Bürger zur Stimmabgabe aufgerufen und politische Ämter werden auf allen Ebenen des Staates neu vergeben, von Rathäusern bis in den Präsidentenpalast – insgesamt 20.263 Posten laut dem Nationalen Wahlinstitut (INE).[4] Die wichtigste Entscheidung ist zweifelsohne die Wahl des nächsten Staatsoberhauptes bei der sich Claudia Sheinbaum (MORENA) als Vertreterin des Regierungslagers und Xóchitl Gálvez (ehemalige Senatorin der PAN) als Kandidatin der Opposition gegenüberstehen.[5] Für Movimiento Ciudadano (MC) tritt Jorge Álvarez Máynez an, dem keine realistische Chancen eingeräumt werden.
Die 61-jährige Claudia Sheinbaum war Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, ist vor allem aber eine enge Vertraute, wenn nicht gar treu ergebene Anhängerin AMLOs, den sie bisweilen auf ungelenke Art zu imitieren versucht. Die promovierte Physikerin rückte in der Pandemie kurzzeitig von ihrem Mentor ab und stützte sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse zum Umgang mit dem Coronavirus – ein Fehler, zumindest politischer Natur, den sie nicht nochmal begehen wird. Sie präsentiert sich seither konsequent als nahtlose Fortführung der Regierungspolitik, die die historische Aufgabe annimmt, die „Vierte Transformation“ (4T) AMLOs weiterzuführen.[6] Die Essenz dieser Transformation sollte eigentlich der Kampf gegen Korruption und Armut sein. Ironischerweise hat sich die Korruptionsproblematik seit AMLOs Amtsantritt 2018 indes nicht verbessert, sondern verschärft. Sheinbaum kann man durchaus politisches Gespür und administrative Kompetenzen zugestehen; zumindest hat sie relevante Regierungserfahrung. Allerdings gibt es Zweifel daran, ob sie tatsächlich einen eigenen Politikstil finden und sich von ihrem „Übervater“ AMLO lösen kann.
Das Besondere an diesem Wahlkampf ist, dass sich Claudia Sheinbaum rhetorisch nur an die Politik ihres Vorgängers halten muss, der nach wie vor über sehr hohe Zustimmungswerte (65 Prozent im Schnitt seit Amtsantritt) verfügt und in den letzten beiden Amtsjahren die Ausweitung staatlicher Sozialprogramme verstärkt hat, die etwa Pensionären, alleinerziehenden Müttern, Studenten und anderweitig Benachteiligten direkt und in bar zugutekommen. Auch die Erhöhung des Mindestlohns, der 2018 noch bei 88 Pesos pro Tag (ca. 3,80 Euro) war und heute im Landesdurchschnitt 249 Pesos (ca. 13,50 Euro) beträgt, ist ein Faktor, den Millionen Menschen unmittelbar spüren und der somit ein nicht zu unterschätzendes Element im aktuellen Wahlkampf ist.[7]
Auf Seiten der Opposition versucht auch die ebenfalls 61-jährige Xóchitl Gálvez die erste Präsidentin der Geschichte Mexikos zu werden. Die ehemalige Senatorin der konservativen PAN, deren formales Mitglied sie allerdings nie war, ist Kandidatin des Koalitionsbündnisses Fuerza y Corazón por México (Kraft und Herz für Mexiko). Die Ingenieurin und erfolgreiche Selfmade-Unternehmerin indigener Abstammung beeindruckt durch ihre persönliche Geschichte des Aufstiegs aus einfachsten Verhältnissen. Diese verfängt besonders bei sozial schwächeren Bevölkerungsteilen und verleiht ihr ein hohes Maß an persönlicher Glaubwürdigkeit. Allerdings ist ihre praktische Regierungserfahrung begrenzt: In der Amtszeit von Vicente Fox (2000-2006) wurde sie mit dem Aufbau des Instituts für indigene Angelegenheiten betraut, später war sie Bürgermeisterin im Stadtteil Miguel Hidalgo der Hauptstadt. Sie gilt im Gegensatz zu Claudia Sheinbaum als charismatisch, nahbar, eine Frau des Volkes, die bis vor kurzem noch mit dem Fahrrad durch Mexiko-Stadt fuhr.
Der Dritte im Bunde im Kampf um die Präsidentschaft, Jorge Álvarez Máynez (MC), macht aus seiner abgeschlagenen Position das Beste, versucht gezielt ein junges Publikum zu erreichen und durch eine entsprechende Stimmenabgabe die Rolle seiner Partei bei möglichen Koalitionsverhandlungen nach der Wahl zu stärken.
In den beiden bisherigen TV-Debatten der Spitzenkandidaten konnte in der ersten Runde Claudia Sheinbaum durch ihr abgeklärtes Auftreten punkten. Hier blieb Xóchitl Gálvez erstaunlich blass. Im zweiten Duell konnte sie dann den Spieß umdrehen und eine wesentlich offensivere Rolle spielen, seitdem ist zumindest atmosphärisch im Oppositionslager wieder eine optimistischere Stimmung zu verspüren. Die bisher bekannten bzw. veröffentlichten Umfragen sind mit Vorsicht zu genießen. Allein die erheblichen Unterschiede (die Abstände reichen von 30 Prozent zwischen Sheinbaum und Gálvez bis hin zu einem knappen einstelligen Wert bzw. zum technischen Patt) verdeutlichen, dass hier nicht immer seriös vorgegangen wird bzw. zumindest einige dieser Umfragen eher Propagandamaterial sind.
Inwieweit der laufende Wahlkampf, die TV-Debatten und die massive Wahlwerbung hier noch signifikante Verschiebungen in der Wählergunst verursachen werden, ist fraglich. Noch komplexer sind Vorhersagen über die zukünftige Zusammensetzung des Kongresses, der für die Handlungsfähigkeit der zukünftigen Präsidentin von entscheidender Bedeutung sein wird. Insgesamt ist der Wahlkampf deutlich von persönlichen Attacken und Vorwürfen geprägt. Inhaltliche Vorstellungen, wie die diversen strukturellen Herausforderungen gemeistert werden sollen, sucht man hingegen vergebens. Auf Seiten Sheinbaums ist und bleibt der Präsident selbst – trotz aller rechtlichen Verbote und Ermahnungen des INE – der wichtigste Wahlhelfer, kombiniert mit der territorialen Präsenz der 23 MORENA-Gouverneure und den erheblichen finanziellen Mitteln, die von Regierungsseite im Wahlkampf mit hoher Intransparenz ausgeschüttet werden. Ein in jeder Hinsicht „ungleicher“ Wahlkampf, bei dem Gálvez neben diesen Herausforderungen auch mit einer nicht immer professionellen Wahlkampfstrategie und internen Machtkämpfen der drei Koalitionspartner zu kämpfen hat.
Darüber hinaus wird in insgesamt neun Bundesstaaten ein neues Landesoberhaupt (Gouverneur/in) und in 31 von 32 ein neues Landesparlament gewählt. In manchen dieser Staaten scheint die Situation relativ klar zu sein; zu stark ist der Rückhalt in der Bevölkerung zum Beispiel für MORENA in Chiapas oder in Tabasco, der Heimat AMLOs. In einigen der Hochburgen der PAN, so z.B. in Guanajuato oder Yucatán, liegen die jeweiligen PAN-Kandidatinnen und Kandidaten vorne, allerdings mit relativ knappen Vorsprüngen im einstelligen Prozentbereich. Deutlich spannender als noch vor zwei Monaten zu erwarten war, scheint die Auseinandersetzung in den bevölkerungsreichen Bundestaaten Mexiko-Stadt, Puebla und Veracruz zu sein. Hier lagen die MORENA-Kandidaten deutlich vorn, inzwischen ist in allen drei Staaten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu erwarten, was für das Gesamtergebnis und für die Zusammensetzung des nationalen Kongresses noch von besonderer Bedeutung sein dürfte.
Wahlkalender für den 02. Juni 2024.
Quelle: Nationales Wahlinstitut INE
Wahlkampf und Gewalt
Das zentrale Thema des Wahlkampfs ist die grassierende (elektorale) Gewalt im ganzen Land. Wie bereits seit den letzten großen Regionalwahlen 2021 auf allen Seiten des politischen Spektrums befürchtet, ist der Einfluss der organisierten Kriminalität auf den gesamten Wahlprozess noch gewachsen. Nahezu täglich melden die Medien Angriffe auf Wahlkämpfer, den Rückzug von Kandidatinnen und Kandidaten oder deren Ermordung.
Gisela Gaytán etwa, eine 37-jährige MORENA-Kandidatin für das Bürgermeisteramt von Celaya, einer Stadt mit knapp 500.000 Einwohnern in Guanajuato, wurde am ersten Tag ihrer Kampagne auf offener Straße mit Schüssen von einem fahrenden Motorrad ermordet. Unter Berufung auf Zahlen der Beratungsfirma Integralia schreibt die Zeitung El Universal am 24. April von 501 Fällen gezielter elektoraler Gewalt im Zeitraum zwischen September 2023 und Mitte April 2024. Pro Tag gibt es 2,2 Angriffe auf Politikerinnen und Politiker, Journalisten und Wahlkämpfer. Dies reicht von Bedrohung über Entführung bis hin zu Mord.[8]
Schon heute ist diese Wahlperiode die mit großem Abstand blutigste in der Geschichte Mexikos. Erwähnenswert ist hierbei, dass beide Seiten relativ gleichmäßig betroffen sind, man also keiner Partei (auf lokaler Ebene) eine besondere Nähe unterstellen könnte. Kandidatinnen und Kandidaten des Regierungslagers und seiner Partner werden ebenso attackiert und getötet (18 bis dato) wie Vertreter der Opposition (11 in besagtem Zeitraum).
Inzwischen setzen die Kartelle in einigen Regionen eigene Kandidaten auf den Wahllisten durch; sie bestimmen vor der Wahl, wer antreten darf und wer es lieber bleiben lässt. Auch Kandidaten/Bewerber, die mit den Großkartellen oder lokalen Banden nichts zu tun haben wollen, sind auf deren Unterstützung – implizit oder explizit – angewiesen bzw. werden teilweise ungefragt über deren Unterstützung informiert. Auch wenn die AMLO-Regierung nicht ursächlich für die Situation verantwortlich gemacht werden kann – die komplexen Gründe für die heutige Situation reichen Jahrzehnte zurück und sind auch anderswo zu suchen – hat die Verharmlosung und Duldung des Problems der organisierten Kriminalität und Kartelle doch ein beispielloses „sexenio der Machterweiterung“ ermöglicht.[9]
Ausblick
Was den Wahlkampf und die politischen Debatten in Mexiko so schwer greifbar macht, ist die Tatsache, dass das zentrale Problem der Gewalt und des Kontrollverlustes des Staates offensichtlich ist, aber bei niemandem ein klares Konzept zu erkennen ist, wie damit umgegangen werden soll, geschweige denn, wie mittelfristig eine Lösung aussehen könnte.
Auch wenn Xóchitl Gálvez das Thema Sicherheit in ihrer Kampagne priorisiert – „Mexiko ohne Angst“ ist einer ihrer Slogans – ist nicht klar, was sie konkret im Falle des Wahlsieges zu tun gedenkt. Die Bürger des Landes scheinen resigniert und setzen keine ernsthaften Hoffnungen in die Problemlösungskompetenz der Politik, auch wenn sie in Umfragen „Sicherheit“ als die größte Herausforderung der kommenden Regierung identifizieren. Claudia Sheinbaum folgt in dieser Thematik ganz ihrem Mentor und denkt gar nicht daran einzugestehen, dass Mexiko ein gravierendes Gewalt- und Sicherheitsproblem hat, das in vergleichbar entwickelten Ländern seinesgleichen sucht.
Eindeutig ist, dass die nächste Präsidentin einen riesigen Berg an Problemen erben wird: Neben der jährlichen Mordrate, die dreimal so hoch ist wie in den Vereinigten Staaten (23 Morde pro 100.000 Einwohner), spielt auch die Migrationsproblematik eine erhebliche Rolle, nicht nur im bilateralen Verhältnis zu den USA. Ständig werden neue „Rekordzahlen“ vermeldet von Flüchtlingen, teils aus Lateinamerika, teils aus Afrika oder Asien, die versuchen sich via Mexiko in den Norden durchzuschlagen. Auf dieser Route sind sie den Erpressungen, Vergewaltigungen und Ermordungen der ebenfalls allgegenwärtigen Drogenkartelle ausgesetzt. Das Thema dürfte einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Wahlausgang in den USA am 5. November haben.[10]
Die sozialen Wohltaten der Regierung AMLO beruhen nicht auf strukturellen Veränderungen, sondern auf schuldenfinanzierten Bargeldtransfers an arme Bevölkerungsteile. Mitten im Wahlkampf will natürlich keine Seite öffentlich eingestehen, dass diese Form der sozialen Umverteilung schlicht und ergreifend nicht nachhaltig finanzierbar ist; eine Kürzung aber auch nur anzudeuten, käme dem politischen Suizid gleich.
Zu hoffen bleibt, dass Mexiko ungeachtet des spezifischen Wahlsiegers wieder neue und zukunftsweisende Wege beschreiten wird, so zum Beispiel in der Energieversorgung. Es ist kein Geheimnis, dass Mexiko seine Anstrengungen beim Klimaschutz drastisch erhöhen muss, um mehr saubere Energie zu produzieren und eine solide Infrastruktur für ausländische Investitionen zu schaffen. Nur so kann der aktuelle Nearshoring-Hype sinnvoll genutzt und in Investitionen, Arbeitsplätze und mehr Wohlstand umgesetzt werden.
In demokratischer Hinsicht bleibt zu hoffen, dass die Wähler neben einem klaren Mandat für die neue Regierung auch für sinnvolle demokratische Gegengewichte im Kongress sorgen, damit die demokratischen und rechtsstaatlichen Rückschritte der aktuellen Administration nicht von der nachfolgenden mit einer Verfassungsmehrheit überboten werden könnten. Alles in allem bleibt die Lage in Mexiko dynamisch und komplex, aber die nahenden politischen bzw. personellen Verschiebungen im ganzen Land bieten die Möglichkeit für einen neuen Start und neue Ideen. Daran gilt es festzuhalten.
[1] Während MORENA in Koalitionen 23 Bundesstaaten regiert, beschränkt sich die Regierungsverantwortung der Opposition auf 9 Staaten: 5 der PAN, 2 der PRI und 2 für Movimiento Ciudadano (MC).
[2] IMF-Forecast, 2024
[3] In der Amtszeit AMLOs sind nach offiziellen Regierungsstatistiken bereits mehr als 180.000 Morde zu verzeichnen.
[4] Calendario Electoral - Instituto Nacional Electoral (ine.mx)
[5] Historisches Duell um die Präsidentschaft in Mexiko – DW – 09.04.2024
[6] Der historische Kontext dieses Schlagwortes beinhaltet die bisherigen drei wichtigsten Transformationsprozesse Mexikos: (1) Die Unabhängigkeit von Spanien 1810-1821, (2) die Reformprozesse mit der Verfassung von 1857 und (3) die Revolution 1910 mit der Verfassung von 1917. AMLO und Morena sehen sich selbst nun im vierten Transformationsprozess, bei dem der Staat wieder die Kontrolle übernimmt, ein Ende des „Neoliberalismus“ der letzten Jahrzehnte herbeiführt etc.
[7] Así aumentó el salario mínimo durante el sexenio de AMLO (expansion.mx)
[8] Mexiko: Die Mafia bestimmt die Politik (fr.de)
[9] Das immer wieder betonte Mantra „abrazos, no balazos“ (Umarmungen statt Schüsse) verdeutlicht diese gescheiterte Strategie.
[10] The Economist, 30.04.2023 – Andrés Manuel López Obrador will haunt his successor.
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