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KAS-Bremen

דוח אירועים

Aussteigerbericht aus dem Rechtsextremismus

של Bintia Dennog

Wie der „Hitler von Köln“ zum „Judas von Köln“ wurde

Am 14.08.2024 lud die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) zu einer Abendveranstaltung zum Thema Extremismus ein. Der ehemalige Rechtsextremist Axel Reitz, damals als „Hitler von Köln“ betitelt, referierte und berichtete dem Publikum von seinem Ausstieg aus der Neonaziszene.

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Der Leiter der KAS-Bremen, Ralf Altenhof, bedankte sich bei dem Publikum für das zahlreiche Erscheinen und führte in die Veranstaltung ein. Normalerweise würde er den Referenten ausführlich vorstellen, erklärte Altenhof, dies sei heute allerdings nicht nötig, da dessen Biografie Gegenstand des Vortrages sei. Er betonte zudem, dass man sich von allen Formen des Extremismus abgrenzen sollte, sich aber dennoch mit der Frage beschäftigen müsste, weshalb jemand vom „Pfad der Demokratie“ abweiche. Was macht die Szene attraktiv? Warum und wie ist Reitz eingestiegen? Und wie gelang ihm der Ausstieg?

Um diesen Fragen nachzukommen, wendete Reitz sich zuerst seiner persönlichen Radikalisierung zu, die schon im frühen Alter begann. Bei einem Schulprojekt zu den deutschen Kleinparteien befasste er sich erstmals mit der NPD, der DVU und den Republikanern. Nachdem er mit der NPD in Kontakt gekommen war, wurde er zu einem Treffen eingeladen, bei dem er die ersten Schritte zur Radikalisierung unternahm. 

Reitz selbst beschrieb diesen Prozess mit dem Begriff „Lovebombing“ und erzählte dem Publikum, dass er damals mit Komplimenten und Anerkennung von der rechten Szene überschüttet wurde. Radikalisierung spreche häufig den Bauch an und nicht den Kopf, erklärte er. Den Gegenwind aus seinem Umfeld empfand er damals nur als Bestätigung. Dies trug zu einem „Wir-Gefühl“ und binären Weltbild – hier die Guten, dort die Schlechten – bei, welches bei Extremisten oft vorhanden ist.

Als er irgendwann Eigenschaden nicht mehr als problematisch empfand, war der letzte Schritt seiner Radikalisierung vollbracht. Dies geschah, als Reitz im Alter von 14 Jahren für die NPD plakatierte und von einem Linksextremen mit einem Messer in den Rücken gestochen wurde. Er weigerte sich, ins Krankenhaus zu gehen, aus Angst, seine Eltern würden ihm seine politischen Aktivitäten verbieten. „Die Narbe erinnert mich heute noch daran, wie doof ich damals gewesen bin“, erzählte er dem Publikum.

In seiner Hochzeit als Neonazi beschrieb Reitz sich als einen „verbalen Totschläger“, der häufig bei Demos sprach und Hetze verbreitete – was ihn u.a. wegen Volksverhetzung ins Gefängnis brachte. Sein Lebensstandard entsprach ihm zufolge dem „eines besseren Penners“, finanziert von verschiedenen Nebenjobs. Ab 2008 bezog er zudem Hartz IV.

Sein Ausstieg begann erst, als sein Wunschdenken nicht länger mit der Realität vereint werden konnte. Reitz wurde depressiv, denn das idealisierte „Wir“ von dem er zuvor noch überzeugt war, gab es nicht. Die „rechte“ Szene war von Kleinkriegen gezeichnet und es gab „kein Volk, kein Reich, aber eintausend Führer.“ Nachdem er erneut ins Visier der Fahnder geriet und ein langjähriges Verfahren gegen die Neonazi-Szene begann, entschloss er sich zu kooperieren.

Mithilfe eines Aussteigerprogramms fing er an, die letzten 15 Jahre aufzuarbeiten. Ihm wurde klar, was er für ein „zynisch schlechter Mensch“ war und dass seine Taten allein aus seinen Entscheidungen folgten. Als Altenhof ihn nach der Reaktion zu seinem Ausstieg fragte, meinte Reitz, dass es viel Lob, aber auch negative Reaktionen aus seinem Umfeld gab. Seine ehemaligen Parteifreunde bezeichneten ihn als „Judas von Köln“ und von der Gesellschaft wurde teilweise eine schnelle Entradikalisierung gefordert. Der Ausstieg sei jedoch „kein Sprint, sondern ein Marathonlauf“. Zudem argumentierte Reitz, dass von einem Salafisten nicht erwartet wird, dass dieser nicht mehr Muslim ist. Gerade hier müsse man differenzieren, denn „rechts“ zu sein – solange es im demokratischen Rahmen bleibt – ist okay.

Bei der anschließenden Fragerunde bezog sich Altenhof auch auf die aktuelle Aufhebung des Verbots des Compact-Verlags durch das Bundesverwaltungsgericht. Reitz sah die Verbotsverfügung durch Innenministerin Faeser kritisch. Im Vereinsrecht hält er zwar Verbote für angemessen, jedoch könne man dieses nicht bei einem Verlag anwenden. Das müsse die Demokratie aushalten, meinte er. Ein Parteiverbot der AfD könnte er auch nicht befürworten, denn ein Fehlschlag würde die Narrative der Partei weiter befeuern und das eigentliche Problem nicht lösen. Bessere Kommunikation über moderne Kanäle und eine gute Politik würden da mehr bringen.

Die Gäste der KAS erfragten auch, wie es um die heutige rechtsextreme Szene steht. Diese, erklärte Reitz, habe sich in den letzten Jahrzehnten verändert und bestehe nun größtenteils aus Identitären und Esoterikern. Er fügte hinzu, dass manche Neonazis die AfD sogar als halb-demokratische Geschichte kritisierten und sich der Verschwörungstheorie, sie sei von Merkel gegründet worden, anschlössen. Die Reichsbürgerbewegung ist zudem hochgradig gewaltbereit und gefährlich, erklärte er.

Reitz plädierte auch für mehr Präventionsarbeit, insbesondere bei jungen Leuten, die man in dem Alter noch gut erreichen kann. In Schulklassen sei die Resonanz fast immer positiv, berichtete er. Jedoch gebe es in Ostdeutschland mehr Schwierigkeiten – dies lege zunächst auch an einer fehlenden intensiven Aufarbeitung der Verbrechen und Totalität der DDR. Hier fügte Altenhof hinzu, dass der Rechtsextremismus nicht nur ein Problem des Ostens sei und man ebenfalls beachten müsse, dass Ende der 60er Jahre die NPD im Westen in fast sämtliche Landtage eingezogen sei.

Abschließend bedankte Ralf Altenhof sich bei Axel Reitz für die lebensnahe Schilderung. Er betonte, dass er nicht jeden Aussteiger zu der KAS einladen würde, sondern nur jemanden, der glaubwürdig ausgestiegen ist und sich klar von allen Arten des Extremismus abgrenzt.

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Dr. Ralf Altenhof

Dr. Ralf Altenhof

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