דוח אירועים
Scheitert die Energiewende am Netzausbau? Diese Frage beschäftigte am 15. Mai 2014 rund 50 Teilnehmer des 2. Dialogforums zur Energiewende der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Die Veranstaltung fand in der European Energy Exchange AG („Europäische Energiebörse“) in Leipzig statt und wurde in Kooperation mit der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt (LaNU) ausgerichtet.
Dr. Joachim Klose, Leiter des Politischen Bildungsforums Sachsen und Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. für den Freistaat Sachsen, fungierte als Moderator und verwies bereits einführend auf zentrale Inhalte. Die Notwendigkeit des Ausbaus erneuerbarer Energien sei unverkennbar. Allerdings müssten Lösungsansätze, die auch international realisierbar sind, gefunden und die Versorgungssicherheit durch deutsche Stromnetzbetreiber garantiert werden. Aber wie sieht der künftige Strommarkt aus?
Das komplexe Thema der Energiewende solle durch das Dialogforum der Bevölkerung näher gebracht und verständlicher gemacht werden, so Peter Reitz, Vorstandsvorsitzender der European Energy Exchange AG, in seinem anschließenden Grußwort. Reitz zufolge leiste die „Europäische Energiebörse“ als öffentlich-rechtliche Behörde einen entscheidenden Beitrag zum Gelingen der Energiewende. Sie organisiere einen europäischen Markt für Energieprodukte wie Strom, Gas, CO²-Emissionen und Kohle. Der Energiehandel sei zentraler Bestandteil der Wertschöpfungskette und der europäische Binnenmarkt trage zur Lösung aktueller energiepolitischer Herausforderungen bei. Dafür sei allerdings ein stabiler politischer Rahmen notwendig, damit die Potentiale des Energiemarktes effektiv genutzt werden können.
Im Anschluss daran wurde die Energieverteilung in verschiedenen Vorträgen und Diskussionen thematisiert.
Energienetze in der Energiewende – Herausforderungen und Notwendigkeiten
Dr. Henning Medert, Fachgebietsleiter Energienetze und Regulierung beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW)
Laut Dr. Medert stellte der durch die Energiewende hervorgerufene Umbruch für seine Branche eine „Revolution“ dar. Bis 2022 soll der Ausstieg aus der Kernenergie und bis 2050 der Ausbau erneuerbarer Energien um 80% vollzogen werden. Medert zufolge erfordert dieser Ausbau vor allem Anstrengungen hinsichtlich des Netzausbaus sowie entstehender Kosten. Obwohl unsere Stromversorgungsqualität im nationalen und internationalen Vergleich sehr hoch ist, stehe Deutschland vor drei großen Herausforderungen: Markt- und Systemintegration von erneuerbaren Energien, Synchronisierung mit dem Netzausbau und Versorgungssicherheit. Ein damit verbundener Lösungsansatz sei unter anderem der Netzausbau, welcher „auf der Übertragungsebene genauso relevant ist wie auf der Verteilebene“. Dafür werde allerdings ein größeres Investitionsvolumen benötigt. Dringlichstes Handlungsfeld aus Sicht des BDEW sei die Ermöglichung eines verlässlichen politischen Rahmens.
Vom Ausbau erneuerbarer Energien und den Auswirkungen auf Strompreise sowie Netz- und Speicherausbaubedarf
Prof. Dr. Dominik Möst, TU Dresden, Lehrstuhl für Energiewirtschaft
Der Ausbau erneuerbarer Energien wurde durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) stimuliert. Historisch gesehen galten Photovoltaikanlagen als „Treiber“ der erneuerbaren Energien. Künftig werden es Offshore-Windparks sein, so Möst. Die Auslastung der konventionellen Kraftwerke nehme somit kontinuierlich ab. Bis 2050 werde es einen erheblichen Stromüberschuss geben. Einerseits bestehe die Möglichkeit, den „europäischen Ausgleichseffekt“ anzuwenden und dadurch andere Länder innerhalb Europas mit Strom zu beliefern. Andererseits könne vorgesorgt und überschüssiger Strom gespeichert werden. Während zusätzlicher Speicherbedarf erst nach 2035/40 benötigt werde, sei der Netzausbau sofort notwendig. Durch die Einspeisung von erneuerbaren Energien zu unterschiedlichen Strompreisen in Verbindung mit der EEG-Umlage 2014 ergeben sich zudem Herausforderungen für den Strompreismarkt. Prof. Möst war der Meinung, dass bei den erneuerbaren Energien eine stärkere Marktintegration und die Übernahme von Systemverantwortung erforderlich seien. „Gegenwärtig gibt es kein Kapazitäts-, sondern vielmehr ein Rentabilitätsproblem.“ Zudem forderte er weniger Eingriffe des Staates in den Marktprozess sowie die Orientierung der Strompreise an der Netzrealität. Prof. Möst verstand die Energiewende in erster Linie als „Elektrizitätswende“, die noch einige Jahrzehnte andauern wird. Um diesen Prozess zu optimieren und zu unterstützen, plädierte er für eine „europäischere Denkweise“.
Im Einklang!? Warum sich Natur- und Landschaftsschutz und moderne Energieversorgung nicht ausschließen?!
Joachim Schruth, Abteilungsleiter Naturschutzrecht, LV Sachsen des Naturschutzbundes Deutschland (NABU)
In einer praktischen Ausführung stellte Joachim Schruth dar, welche Auswirkungen der stärkere Ausbau erneuerbarer Energien auf das Ökosystem hat. Im Allgemeinen befürworte er die Windkraft. Allerdings gebe es Einschränkungen hinsichtlich akzeptabler Standorte. In diesem Zusammenhang initiierte der NABU eine Beschwerde bei der Europäischen Union, um ein Windpark-Projekt in der Tschechischen Republik zu verhindern, das direkt mit dem Naturschutz kollidiere. Dem Biogas stehe er wiederum eher skeptisch gegenüber. Ausschließlich die Verwendung pflanzlicher Reste und tierischer Abfälle seien dafür zu nutzen. Er kritisierte in diesem Zusammenhang die sogenannte „Vermaisung“ der Landschaft, die dazu führe, dass Nahrungsmittel zur Energiegewinnung missbraucht werden. Diese geänderte Flächenbewirtschaftung führe außerdem dazu, dass in Sachsen beispielsweise das Rebhuhn vom Aussterben bedroht ist. Als dritte Möglichkeit der alternativen Energien widmete er sich zum Abschluss der Wasserkraft. Schruth ist insbesondere ein Gegner der „kleinen Wasserkraft“, da die Flussökologie in diesem Fall dem ökonomischen Nutzen unterliegt.
Podiumsdiskussion: Scheitert die Energiewende am Netzausbau?
Matthias Pietsch, Energiegenossenschaft Leipzig
Thomas Schäfer, Stromnetz Berlin GmbH
Prof. Martin Schulte, TU Dresden, Lehrstuhl Öffentliches Recht, Umwelt- und Technikrecht
Zu Beginn der Diskussion stellte Herr Schäfer den Umgang von Netzbetreibern mit erneuerbaren Energien dar. Er begründet die Notwendigkeit des Netzausbaus unter anderem damit, dass großen, im Süden angesiedelten Industrien eine zuverlässige Stromversorgung gewährt werden kann. Des Weiteren führte Schäfer an, dass auch die Einspeisung erneuerbarer Energien eingeschränkt werden müsse, sollten keine entsprechenden Netze vorhanden sein. Zudem sehe er die Elektromobilität als Herausforderung für die Netze.
Matthias Pietsch formulierte als Ziele seiner Energiegenossenschaft den Ausbau und die Installation von Photovoltaik-Anlagen in Städten. Aufgrund eines überschaubareren Planungsaufwandes sowie der Tatsache, dass der Strom direkt vor Ort verbraucht wird, sei diese Energiegewinnung grundsätzlich von Vorteil. Laut Pietsch halten erneuerbare Energien aber auch den ländlichen Raum aktiv und schaffen Arbeitsplätze. Im Gegensatz zu seinen Diskutanten stellte er in Frage, ob die Bevölkerung noch von der Energiewende überzeugt werden müsse, die diese laut einer Umfrage 75 Prozent befürwortet. Pietsch stellte abschließend noch die Vorteile von lokalen Genossenschaften dar. Durch sie wird Sicherheit gewährt und gleichzeitig eine Vermittlung zwischen Betreibern und Verbrauchern ermöglicht.
Prof. Schulte steht der Energiewende insgesamt sehr positiv gegenüber und sprach sich für eine Balance zwischen Beschleunigung, effektiver Umsetzung und aktiver Bürgerbeteiligung aus, da die meisten Bürger noch nicht die Notwendigkeit des verstärkten Netzausbaus erkannt haben. In diesem Zusammenhang führte Schulte das Phänomen „Not in my backyard“ an, welches die unzureichende Akzeptanz der Bevölkerung bei direkter Betroffenheit des Netzausbaus widerspiegelt.
In einem Fazit der Podiumsdiskussion hob Dr. Joachim Klose noch einmal hervor, dass entscheidend sei die Verschwendung von Ressourcen zu stoppen. Es nicht wichtig ist, den genauen Auslöser der Energiewende zu definieren, sondern Alternativen in Betracht zu ziehen und ein gesellschaftliches Umdenken zu erreichen.
Dr. Hans-Joachim Gericke, Leiter der Akademie der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt fasste die Ergebnisse des Dialogforums in einem Schlusswort zusammen. Er bedankte sich bei allen Mitwirkenden und hob die inhaltlich anspruchsvollen Beträge der Referenten hervor. Zudem verwies er auf das dritte und damit letzte Dialogforum zur Energiewende, welches am 16. Oktober 2014 in Freiberg stattfinden und sich dem Themenkomplex der „Energieeffizienz“ widmen wird.
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Politisches Bildungsforum Sachsen
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