דוח אירועים
Jeder der vier Themenkomplexe rechtfertigt eigentlich eine eigene Abend-füllende Veranstaltung und so mussten je zwei Diskutanten alle Register ziehen, um in vier 20-minütigen Streitgesprächen die wesentlichen Punkte ihrer Argumente darzulegen.
TTIP - Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft
Darin, dass ein Freihandelsabkommen grundsätzlich Chancen böte, waren sich Cvetelina Todorova und Florian Moritz zwar einig, nicht jedoch darin, wer am Ende zu den Gewinnern zählen würde. „Angesichts der gemeinsamen Werte, die Europa mit den USA teilt, bin ich überzeugt, dass wir das Abkommen nutzen können, um globale Standards setzen und so die Globalisierung aktiv gestalten können“, sagte die Koordinatorin Grundsatzfragen Ordnungspolitik und Soziale Marktwirtschaft der Adenauer-Stiftung. In seiner derzeitigen Form stelle TTIP ein klassisches Wirtschaftsabkommen dar, das Vorteile für die Unternehmen, nicht aber unbedingt für die Verbraucher bringe, entgegnete Florian Moritz. „Die Risiken überwiegen, weil gemeinsame Regulierungen nur als Hemmnis und Bremsfaktoren gesehen werden“, so der Referatsleiter Internationale und Europäische Wirtschaftspolitik des DGB.
„Im Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission geht es nicht darum, Regulierungen wegzunehmen, sondern dort anzupassen, wo es nötig ist. Standards zu harmonisieren, damit nachhaltig sichergestellt werden kann, dass sie auf beiden Seiten nicht leiden“, so Todorova. Sie könne die Bedenken in der öffentlichen Diskussion zwar verstehen, doch solch ein Abkommen würde am Ende auch den Verbrauchern zugutekommen. „Wir profitieren von einer größeren Auswahl und einer Erleichterung im Produktionsprozess – und das senkt den Preis für den Kunden.“
Asylbewerber und Fachkräftemangel – Eine Win-Win-Situation?
Seit geraumer Zeit gebe es zwei entscheidende Entwicklungen in Deutschland, eröffnete Eva Rindfleisch. „Die Flüchtlingszahlen steigen seit ein paar Jahren angesichts vieler Krisen, die nicht schnell lösbar sind. Gleichzeitig ist die Arbeitsmarktlage in Deutschland so gut, dass wir eine so niedrige Arbeitslosenquote haben, wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr“, so die Koordinatorin für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der Adenauer-Stiftung. Grundsätzlich eine sehr positive Nachricht, doch es falle Unternehmen dadurch sehr schwer, viele Stellen zu besetzen. Dies erhöhe die Bereitschaft, in ausländische potentielle Arbeitnehmer zu investieren, sei es durch Ausbildung oder sprachliche Qualifikation. „Wenn wir Flüchtlinge integrieren, hilft das den Unternehmen und beschleunigt die gesellschaftliche Integration. Denn nichts hilft bei der Integration mehr, als geregelte Arbeitsverhältnisse.“
Die Duldungsfrage von Flüchtlingen bestimme weitgehend die Medienberichte und die daraus resultierende Unsicherheit für die Unternehmen sei ein Problem, kritisierte Katharina Senge. „Wer als Fachkraft nach Deutschland kommen will, braucht eine Qualifikation und ein Unternehmens-Angebot.“ Das entscheidende Kriterium, ob Flüchtlinge nach herkommen dürfen, hänge jedoch von ihrer Schutzbedürftigkeit durch Verfolgung in ihren Heimatländern ab. Ihr Appell: „Wir sollten an potentielle Migranten nicht das Signal senden, kommt erstmal her und dann könnt ihr versuchen, einen Job zu finden“, so die Koordinatorin für Zuwanderung und Integration der Adenauer-Stiftung. Vielmehr seien legale und sichere Migrationswege wichtig.
Welcher Islam gehört zu Deutschland?
Wichtig sei zu allererst zu erkennen, dass es nicht „den einen Islam“ gibt, sagte Thomas Volk. Viele Extremisten beriefen sich auf den Islam und zögen die mediale Aufmerksamkeit auf sich. „Dabei haben 98 Prozent der Muslime weltweit mit extremistischen Bewegungen nichts zu tun“, so der Koordinator Islam und Religionsdialog der Adenauer-Stiftung. Klar sei aber auch, dass der Islam nicht nur eine Religion, sondern ein Gesellschaftsmodell darstelle. Um herauszufinden, welcher Islam zu Deutschland passe, sei eine kritische Koranexegese nötig, „denn nicht alles aus den alten Schriften kann in einer modernen westlichen Gesellschaften gelebt werden“.
Es gebe Muslime mit „problematischen Weltanschauungen unter uns“ und das könne man „nicht wegdenken“, sagte Dr. Zekeriya Althug. Grundsätzlich müsse sich eine moderne Variante des Islam in Deutschland entwickeln „und wir haben hier sehr viele Muslime, die sich dem Land zugehörig fühlen“, so der Abteilungsleiter für Außenbeziehungen der Türkisch Islamische Union (DITIB). Doch es gelte auch zu überlegen, wie sich extreme Minderheiten einschließen ließen.
Dass laut Umfragen 57 Prozent der Deutschen den Islam als Bedrohung empfänden, hänge für Volk an der mangelnden Differenzierung zwischen Islam und Islamismus zusammen. Daneben wünsche er sich jedoch auch eine offensivere Rolle der muslimischen Verbände, statt „immer den eigenen Opferkult voranzutreiben“. Als Teil der Gesellschaft seien Muslime manchmal Täter, manchmal Opfer, so Althug. Wichtig sei jedoch auch anzuerkennen, dass dort, wo Muslime leben, die Angst und Ablehnung ihnen gegenüber viel weniger vorherrsche, als dort, wo keine seien. „Wo Begegnungen geschaffen werden, wachsen Menschen zusammen.“
Deutsche Verantwortung in der Außenpolitik
Seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise sei Deutschland in einer neuen internationalen Rolle, denn es sei erheblich besser durch die Krise gekommen, als alle anderen Euro-Länder, sagte Dr. Patrick Keller. „Unser Stärke basiert in erster Linie auf dem Export und wir profitieren von Handel, Völkerrecht und der Durchsetzung internationaler Ordnung“, so der Koordinator Außen- und Sicherheitspolitik der Adenauer-Stiftung. Heute müsse man jedoch zur Kenntnis nehmen, dass das liberale internationale System herausgefordert werde, durch Russlands Rolle in der Ukraine, den IS oder Muskelspiele Chinas im Südchinesischen Meer. „Wir müssen die Störenfriede in die Schranken weisen.“ Auch wenn das nicht automatisch bedeute, Krieg zu führen, spiele das Militär eine wichtige Rolle, denn nur eine glaubwürdige Abschreckung würde Wladimir Putin etwa davon abhalten, seine Einschüchterungspolitik auf NATO-Partner im Baltikum auszuweiten.
Deutschland müsse auf jeden Fall seiner Verantwortung in der Welt nachkommen, entgegnete Christine Hoffmann. Doch es dürfe dabei nicht „geschichtsvergessen“ handeln, so die pax-christi-Generalsekretärin. Ihre Organisation sei nach dem Grauen des Zweiten Weltkriegs als Versöhnungsgeste zwischen französischen und deutschen Christen gegründet worden. „Deutschland trägt dafür Verantwortung, Versöhnungswege zu öffnen.“ Statt kleine Waffen – „die wahren Massenvernichtungswaffen“- zu exportieren, solle sich Deutschland viel eher für eine Stärkung der Vereinten Nationen, zivile Konfliktbewältigung und globale Abrüstung einsetzen.
Deutschland müsse seiner Geschichte Tribut zollen, doch welche Lehre ergäbe sich daraus, fragte Keller? „Wenn der ehemalige polnische Außenminister Radosław Sikorski bereits 2011 sagte, mehr als deutsche Macht fürchte er deutsche Untätigkeit, müssen uns die Ohren klingen.“ Alle großen Mächte rüsteten heute auf, während Europa seit Jahren abrüstet. „Wir dürfen unsere Position nicht vernachlässigen, denn wenn nötig, müssen wir auch bereit sein, militärisch aktiv zu werden.“ Was er sich wünsche, sei eine breite gesellschaftliche Debatte über die Rolle der Bundeswehr, Auslandseinsätze und Rüstungsgeschäfte.
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