Das Ziel war Innovation, sowohl mit Blick auf das Format, als auch auf die Zielgruppen und die Werbung, wie die Hauptabteilungsleiterin der Politischen Bildung, Dr. Melanie Piepenschneider, bei ihrer Verabschiedung der jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer nochmal deutlich machte.
Bei der Mission:MitMischen stand pragmatisches gemeinsam Machen im Zentrum, fokussiert auf das komplexe Phänomen Nachhaltigkeit. Weg von Vorträgen, hin zur Augenhöhe: Den Teilnehmenden eine Plattform zu bieten war der Plan. Eine Plattform für das Entwickeln von Projekten, für das Diskutieren mit Expertinnen und Experten sowie für das Realisieren von Ideen – und dass alles an nur einem Wochenende. Zum Programm gehörten unter anderem zwölf „Skill-Workshops“ zu Themen wie Videodreh, Finanzierung von Projekten und Design Thinking sowie eine abschließende Diskussion über das Thema Nachhaltigkeit und den richtigen Weg dorthin (Protest oder Konsens, (partei-)politisch oder Selbstengagement?).
Eine Veranstaltung als Startschuss für ein neues Netzwerk
„Wir erhoffen uns, dass diese Veranstaltung eine Initial-Zündung für ein Netzwerk ist“, so Dr. Melanie Piepenschneider. Die zukünftigen Mitglieder dieses Netzwerkes – Studierende und junge Berufstätige, kirchlich und kulturell Engagierte, teilweise politisch aktiv, auf jeden Fall dialogbereit – hatten auf die rein digitale Einladung der KAS reagiert. Sie waren teilweise vorher in regionalen Workshops der Bildungsforen aktiv und brachten die dort erarbeiteten Impulse mit nach Berlin. Diese Impulse kamen aus verschiedenen Bereichen, u.a. nachhaltige Mode, innovative Technik und der Aufbau einer nachhaltigen Gesellschaft. Die ersten Schritte zum Netzwerken wurden auf der Spree gemacht: Mit ihrer Müllsammel-Aktion in der Rummelsburger Bucht leisteten die Teilnehmenden einen Beitrag zum World-Clean-Up-Day (siehe Fotos).
Im Zentrum der Diskussion: Was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit?
„Nachhaltigkeit ist ein Begriff, mit dem 85 Prozent der Menschen in Deutschland etwas anfangen können“, so Jan Korte, Vertreter des Rates für Nachhaltigkeit. Er hebt die verschiedenen Nachhaltigkeitsziele hervor und betont, dass die Nachhaltigkeitsdiskussion nicht erst in den letzten Jahren entstanden ist, wie auch die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie seit 2001 zeigt. Auf die große Spannweite des Begriffs verweist auch die Moderatorin Sabina Wölkner (Konrad-Adenauer-Stiftung) zu Beginn der Fishbowl-Diskussion am Sonntag: „Nachhaltigkeit ist mehr“. Und Jannik Berbalk von Fridays for Future in Kleve fügt hinzu, dass Nachhaltigkeit eine Frage der gerechten Verteilung von Ressourcen ist. Eine zentrale Rolle spiele die Bildung an Schulen, aber auch der Druck auf die Politik. Bei ihm vor Ort sei nur durch Druck eine überfraktionelle kommunale Zusammenarbeit zugunsten des Klimas zu erreichen gewesen. Berbalk bringt es auf den Punkt: „Macht etwas!“
Bei der Frage nach der Prioritätensetzung – Ökonomie oder Ökologie? – scheiden sich allerdings die Geister. Auf den Zielkonflikt zwischen ökonomischem und ökologischem Wirtschaften macht vor allem Antonia Bing (Familienbetriebe in Land und Forst Brandenburg/Sachsen-Anhalt e.V.) aufmerksam; sie lenkt den Blick auf die durchaus existierenden „Exportschlager“ auf dem Gebiet der technologischen Neuerungen, wie Windkraftprojekte. Zudem müsse man in allen Diskussionen die Landwirtschaft mitdenken, welche die Ernährung der Welt sicherstelle. Deutschland sei dabei ein „Hochleistungsstandort“, so Bing.
Das Fazit der Diskussion: Wer Nachhaltigkeit will, muss Grenzen überwinden. „Ungewohnte Allianzen vor Ort“ (Wölkner) müsse man schließen, „Verbündete gewinnen, auch unkonventionelle“ (Korte): das PolitCamp zeigte 90 Minuten lang, wie eine sachorientierte Debatte zugunsten von Nachhaltigkeit laufen kann.
Eine große Bandbreite von Aspiranten bewarb sich um den begehrten Preis
Der Erfolg nachhaltig agierender Projekte ist auch von ihrer strategischen Aufstellung abhängig. Durch das große Engagement der Agentur yellow too aus Berlin konnte eines der vorgestellten Projekte ausgezeichnet werden; sie alle entstanden entweder im Vorfeld des Camps oder wurden hier als Idee geboren. Alle machten in den Workshops weitere Schritte zur Professionalität. Die Bandbreite der Aspiranten auf den Preis war enorm: Von stylishen Mülleimern, die ihren Weg von Ungarn durch Europa nehmen, über ein Wissensnetzwerk zum Thema Nachhaltigkeit bis hin zu einer Rettungsaktion für Lebensmittel. Sieger wurde das Projekt von Benoit Titi Adjalla, eines jungen Togolesen, der eine Ausbildung zur Pflegefachkraft in Deutschland macht und danach ein Studium anstrebt. Er setzt sich für den Bau von Brunnen in Akata Djokpé im Süden seines Landes ein. Die Lage vor Ort ist prekär: Viele Leprakranke, bedroht von Hungersnot, kaum Aussicht auf Schulbildung für die Kinder aufgrund der Armut der Eltern.
Fazit: Aus einem nöligen MiMiMi wird eine vor Engagement sprudelnde Mission
Das Reframing des nöligen, zeitgeistigen „MiMiMi“ in eine vor Engagement sprudelnde Mission war ein voller Erfolg. Das Rezept? Pragmatismus in jeder Planungsphase (potentielle Saboteure der Veranstaltung: Corona, das Wetter oder ein GdL-Streik), eine große Bereitschaft zur Kooperation von Seiten der benachbarten Hauptabteilungen (ein herzlicher Dank vor allem an AuB), Mut zum kalkulierten Risiko und immer den Grundsatz vor Augen, in dem sich alle Veranstalter und Teilnehmenden des Camps wiederfinden konnten: „Macht etwas!“
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