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Islamistische Tendenzen in Deutschland und Bosnien und Herzegowina

Welche Auswirkungen hat der Gaza-Krieg?

Ein Beitrag der Deutschen Welle über "Islamistische Tendenzen auf dem Westbalkan" hat in Bosnien und Herzegowina Aufsehen und Kritik erregt. Da hier auch die Konrad-Adenauer-Stiftung erwähnt wird, beleuchten wir die Hintergründe und Sachverhalte.

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Einen Tag vor dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Serbien am 19. Juli 2024 und der dabei erfolgten Unterzeichnung eines Abkommens zwischen Serbien und der EU zum Abbau von Lithium[1] – dafür interessiert sich auch China – veröffentlichte die Deutsche Welle einen Beitrag von Claudia Mende über „Islamistische Tendenzen auf dem Westbalkan“[2]. Anlass war der Angriff eines zum Islam konvertierten 25-jährigen Serben auf einen serbischen Wachmann der Israelischen Botschaft in Belgrad am 29. Juni 2024, der für den Angreifer tödlich ausging. Aufgrund dieses Angriffs wird in dem Artikel der Deutschen Welle, der auch von Focus online[3] übernommen wurde, gefragt: „Führt der Gaza-Krieg zu einer neuen Welle der Radikalisierung auf dem Westbalkan?“ Im Fokus des Beitrags stehen Bosnien und Herzegowinas und der Sandschak, die Grenzregion zwischen Serbien und Montenegro, die im Nordwesten an Bosnien und Herzegowina und im Südosten an den Kosovo grenzt. Die Mehrheitsbevölkerung in dieser Region, die etwa dreimal so groß wie das Saarland ist und rund 390.000 Einwohner hat, sind slawische Muslime, die sich allergrößtenteils als Bosniaken verstehen. Der Attentäter von Belgrad hatte hier zuletzt gelebt.

Der Artikel kommt zu dem Ergebnis, die ganz überwiegende Zahl der Muslime in Bosnien und Herzegowina und im Sandschak lehne extreme Tendenzen als Missbrauch ihrer Religion ab, die islamische Gemeinschaft habe sich von dem Terroranschlag in Belgrad klar distanziert, doch neben dem Gaza-Krieg bildeten der niedrige Lebensstandard, Diskriminierung sowie das nicht eingelöste Versprechen einer besseren Zukunft einen Nährboden für mögliche Radikalisierung. Hauptquelle für diese Einschätzungen ist Vedran Džihić, der 1976 in Prijedor im Nordwesten von Bosnien geboren wurde, 1993 nach Österreich floh und am Österreichischen Institut für Internationale Politik in Wien Senior Researcher ist. Allerdings wird zu Beginn auch eine Analyse von Karsten Dümmel erwähnt, der von 2014 bis 2018 Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Sarajevo war. Danach seien während des Bosnienkriegs 1992 bis 1995 radikale Ausrichtungen des Islam ins Land gekommen, die seitdem ein „Fundament des politischen Islamismus“ bildeten.  Nicht hingewiesen wird darauf, dass es sich hier nicht um eine aktuelle Aussage, sondern um eine lange differenzierte Analyse von 2017 handelt, die auf dem Extremismusportal der Konrad-Adenauer-Stiftung zu finden ist, wo es um unterschiedliche Formen und Ausrichtungen von Extremismus in verschiedenen Ländern weltweit geht.[4] Dementsprechend geht Dümmel in seinem Beitrag über Bosnien und Herzegowina auch auf nationalistische, links- und rechtsextremistische sowie islamistische Tendenzen und auf sexuelle Diskriminierung ein. Davon, dass hier ausschließlich und gezielt eine islamistische Gefahr beschworen werde, kann also keine Rede sein. Dass es vor sieben Jahren aber in Bosnien und Herzegowina auch Anhaltspunkte für bestimmte islamistische Tendenzen gab, gegen die erfolgreich vorgegangen wurde, lässt sich nicht leugnen.

In Bosnien und Herzegowina hat der Beitrag der Deutschen Welle im Kontext mit dem Lithium-Abkommen der EU mit Serbien in etlichen digitalen Foren und Medien für helle Aufregung und Beschuldigungen von Karsten Dümmel gesorgt. Befürchtet und beklagt wird, dass dem Land in Deutschland politisch gezielt ein islamistisches Etikett verpasst und ungerechtfertigterweise die Gefahr des Islamismus heraufbeschworen werden soll, um die neue Allianz mit Serbien zu rechtfertigen. Dass genau dies in der Republika Srbska, der serbisch dominierten Teilrepublik von Bosnien und Herzegowina, auf Zustimmung stößt, versteht sich. Im bosniakischen Teil blühen dagegen Verschwörungstheorien auf, der Beitrag über „Islamistische Tendenzen“ sei eine politische Auftragsarbeit, an der in Person von Karsten Dümmel auch die Konrad-Adenauer-Stiftung eingeschaltet worden sei. Dem ist – wie dargestellt wurde - nicht so und jeder, der sich die Texte und Zusammenhänge anschaut, wird dies bestätigen.

Gefragt wird auch, ob es in Deutschland etwa „Angst vor Muslimen und Islamophobie“ gebe.[5] Auch dies ist – trotz der Debatte, ob „der Islam“ zu Deutschland gehöre - insgesamt mit Blick auf Deutschland zu verneinen, wo mittlerweile ca. 5,5 Millionen Muslime leben, mehr als dreimal so viele, wie in Bosnien und Herzegowina, wobei sie nur 6,6 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Überhaupt ist die Aufmerksamkeit in Deutschland im Kontext des Lithium-Abkommens mit Serbien viel stärker auf die Proteste dort wegen der drohenden Umweltschäden gerichtet, über die in den Hauptnachrichtensendungen berichtet wird. Und wenn es um Islamismus geht, warnt das Bundesamt für Verfassungsschutz vor dem eigenen islamistischen Potenzial, das von über 27.000 Menschen in Deutschland ausgehe. Denn im Gegensatz zu Staaten wie Bosnien und Herzegowina gibt es in Deutschland eine konkrete Gefährdungslage durch islamistischen Terrorismus, der vor allem von Salafisten, Wahhabiten und Dschihadisten ausgeht und sich seit dem terroristischen Angriff der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023 und den darauffolgenden Gaza-Krieg weiter erhöht hat.[6]

 

[1] Vgl. etwa: https://www.zeit.de/politik/2024-07/olaf-scholz-serbien-lithium-abkommen-eu (abgerufen 17.8.lin2024). 

[2] https://www.dw.com/de/islamistische-tendenzen-auf-dem-westbalkan/a-69693734 (abgerufen 17.8.2024).

[3] https://www.focus.de/politik/ausland/welt-islamistische-tendenzen-auf-dem-westbalkan_id_260149714.html (abgerufen 17.8.2024).

[4] https://www.kas.de/de/web/extremismus; https://www.kas.de/de/web/extremismus/bosnien-und-herzegowina (abgerufen 17.8.2024).

[5] Siehe das Interview mit Michael Brand MdB in der Tageszeitung Oslobođenje Sarajevo vom 12.8.2024, die abschließende Frage: https://www.kas.de/de/web/bosnien-herzegowina/einzeltitel/-/content/bosnien-und-herzegowina-wird-siegen-und-dodik-verlieren (abgerufen 16.8.2024).

[6] https://www.verfassungsschutz.de/DE/themen/islamismus-und-islamistischer-terrorismus/zahlen-und-fakten/zahlen-und-fakten_node.html; https://www.verfassungsschutz.de/DE/themen/islamismus-und-islamistischer-terrorismus/begriff-und-erscheinungsformen/begriff-und-erscheinungsformen_node.html#doc714104bodyText2 (abgerufen 17.8.2024).

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Stephan Georg Raabe

Stefan Georg Raabe

Leiter des Auslandsbüros Bosnien und Herzegowina in Sarajevo

Stephan.Raabe@kas.de +387 33 215 240

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Sarajevo, Bosnien und Herzegowina