カントリーレポート
Bereits im Vorfeld des Gipfels gab es Kritik an dessen Ausrichtung durch Teile der togolesischen Bevölkerung. Dies ist nicht verwunderlich, denn die Staatskassen sind leer. Seit Monaten werden togolesische Beamte und Angestellte des öffenlichen Dienstes nicht mehr bezahlt. Und dann ein solcher Gipfel, dessen Kosten vom Organisationskomitee auf über 100 Mio. DM beziffert wurden.
Aber nicht nur die Kosten des Gipfels hätten dessen Verantwortliche bedenklich stimmen müssen. Daneben haben die afrikanischen Staatschefs mit ihrer Zustimmung zu dem Gipfel in Togo dem sich bisher demokratischen Reformen verschliessenden Staatschef Eyadéma die Möglichkeit verschafft, sich international zu profilieren, da er mit der Ausrichtung des Gipfels in seinem Land die Präsidentschaft der OAU für ein Jahr übernimmt.
Mit der Präsidentschaft Eyadémas stellt sich die OAU und damit Afrika kein gutes Zeugnis aus. Denn an der Spitze der Organisation befindet sich für ein Jahr ein Staatschef, von dem bekannt ist, dass er die im Jahre 1998 und 1999 abgehaltenen togolesischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen massiv manipuliert und die politische Krise Togos sowie deren wirtschaftliche und soziale Folgen verschärft hat.
Schillerndste Persönlichkeit und Hauptsponsor des Gipfels war ohne Zweifel der libysche Staatschef Muammar alGaddafi. Mit einer Delegation aus mehreren hundert Personen nahm er am Gipfel teil. Gaddafi selbst und ein Teil seiner Delegation reiste bereits mit einer Wagenkolonne von über 200 Fahrzeugen einige Tage vor dem Gipfelbeginn durch die westafrikanischen Staaten Niger, Burkina Faso und Ghana, um für seine Vision einer afrikanischen Union zu werben, die im Mittelpunkt der Gipfeldebatte und zur Abstimmung durch die anwesenden Staatschefs stand.
Dies ist damit auch zugleich die zweite bemerkenswerte Beobachtung des Gipfels. Neben der Tatsache, dass ein Eyadéma die Präsidentschaft der OAU von seinem Amtsvorgänger, dem algerischen Staatschef Bouteflika übernimmt, kommt erschwerend noch hinzu, dass der Gipfel thematisch und personell von der Person Gaddafis bestimmt wurde, der für internationale Terroranschläge, zuletzt wegen des Bombenanschlags auf ein US-Passagierflugzeug über dem britischen Lockerbie, verantwortlich gemacht wird.
Im Mittelpunkt des Gipfels stand also Gaddafis Initiative einer afrikanischen Union nach dem Muster der europäischen mit dem Hauptziel, Afrikas soziale Situation zu verbessern und den Anforderungen einer sich veränderndern Welt gerecht zu werden. Gaddafis Plan ist nicht neu. Er nimmt einen bereits gefassten Beschluss der OAU von 1980 in Lagos über die Errichtung einer Gesamtafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft bis zum Jahr 2000 durch Stärkung und Zusammenfassung bestehender regionaler Wirtschaftsgemeinschaften wieder auf.
27 Staatschefs unterzeichneten in Lomé den konstituierenden Akt einer afrikanischen Union. Damit der Akt in Kraft treten kann, müssen nach dem Statut der OAU zwei Drittel der 53 afrikanischen Staaten diesen durch ihre Staatschefs unterzeichnen bzw. durch ihre nationalen Parlamente ratifizieren lassen. Es ist bereits jetzt zu bezweifeln, dass der Akt nach OAU-Statut in Kraft tritt, da davon auszugehen ist, dass einige afrikanische Parlamente diesen auf-grund der umstrittenen Persönlichkeit Gaddafis nicht ratifizieren werden.
Auffallend ist jedoch, dass es sich bei den Unterzeichnerstaaten vor allem um die westafrikanischen und nordafrikanischen Staaten wie Algerien, Bénin, Burkina Faso, Kap Verden, Gambia, Ghana, Guinea Bissau, Guinea, Liberia, Mali, Niger, Senegal, Sierra Leone, Sudan, Tschad und Togo handelt. Dies erklärt sich dadurch, dass diese Staaten Libyen nicht nur geographisch und teilweise religiös nahestehen, sondern vor allem von libyschen Finanz- und Entwicklungsgeldern profitieren, die vor allem Gaddafis Einfluss in der westafrikanischen Region sichern sollen. Die Zustimmung dieser Staaten zum konstitutiven Akt der afrikanischen Union ist deshalb weniger im panafrikanischen Kontext zu sehen, sondern vielmehr im Bestreben danach, sich Libyen als Geldgeber zu erhalten.
Die Idee der Umsetzung einer afrikanischen Union und damit der Förderung des Panafrikanismus ist begrüßenswert. Der politische Wille zur Umsetzung einer afrikanischen Union muss jedoch deutlicher hervortreten. Für den neugewählten senegalesischen Staatschef, Abdoulaye Wade, macht eine afrikanischen Union keinen Sinn, solange man nicht ungehindert von bürokratischen Hürden z. B. mit dem Auto von einem afrikanischen Land in das andere fahren kann. Das gleiche gilt für die Zusammenarbeit im Bereich der Telekommunikation und der Gesundheit. Alleine die starke Ausbreitung von Aids erfordert eine kontinentale, ungehinderte Kooperation der afrikanischen Staaten. Im übrigen gibt es zur afrikanischen Union keine Alternative. Die rasche Globalisierung erfordert eine beschleunigte wirtschaftliche und politische Integration des afrikanischen Kontinents. Der Anteil der afrikanischen Wirtschaft von bisher nur 1,5 Prozent am Weltmarkt verdeutlicht dies in dramatischer Weise.
Insbesondere Südafrika zögert, den Aktionsplan zu ratifizieren. Dies ist verständlich, denn gerade die wirtschaftlich starken und sich demokratisierenden Staaten Afrikas, wie Südafrika und Nigeria, lehnen einen Panafrikanismus mit der Handschrift Gaddafis ab. Er steht im nicht unbegründeten Verdacht, panafrikanische Bestrebungen für eigene politische Ziele, - wie die Verbreitung des Islam und des Antiamerikanismus - zu missbrauchen. Ein authentischer afrikanischer Einigungsprozess kann aber nur dann gelingen, wenn er von demokratischen Grundwerten und glaubwürdigen Vertretern dieser Werte getragen wird. Gaddafi und Eyadéma können die Repräsentanten eines demokratisch geprägten afrikanischen Einigungsprozesses nicht sein. Zu sehr haben sie dies in der Vergangenheit bewiesen und der Wille zur Umkehr ist bei ihnen nicht gegeben. Da diese Auffassung von nicht wenigen afrikanischen Politikern geteilt wird, ist davon auszugehen, dass der konstitutive Akt einer afrikanischen Union nicht in die Umsetzungsphase treten wird.
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