Plötzlich ging alles ganz schnell. In weniger als 24 Stunden nach Schließung der Wahllokale am Sonntagabend, 10. November, haben sich der amtierende Ministerpräsident und Generalsekretär der Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE), Pedro Sánchez, und der Generalsekretär der linkspopulistischen Bewegung Unidas Podemos (UP), Pablo Iglesias, darauf verständigt, eine Regierungskoalition zu bilden. Nach den Wahlen am 28. April dieses Jahres hatte sich Sánchez lange vehement gegen eine Koalition mit UP gestemmt, weil er unbedingt weiterhin eine Alleinregierung der PSOE führen wollte. Erst kurz vor der Abstimmung über seine Wiederwahl in der Abgeordnetenkammer hatte er der UP sehr halbherzig ein Koalitionsangebot gemacht und dabei verlangt, dass Iglesias nicht in die Regierung eintritt. Er selbst und die Mehrheit der Spanier, so Sánchez später, könnten nicht ruhig schlafen, wenn Iglesias Mitglied der Regierung wäre. Dieser verzichtete zwar auf einen Kabinettsposten, doch ließen er und seine Gruppierung Anfang Juli die Wahl von Sánchez dennoch scheitern, weil das Angebot zur Regierungsbeteiligung ihren Ansprüchen nicht genügte. Sánchez suchte danach weder mit den linken noch den konservativen Parteien weitere Gespräche, sondern hoffte darauf, bei den Neuwahlen am 10. November besser abzuschneiden, um sein Ziel einer Alleinregierung der PSOE durchzusetzen. Während des Wahlkampfes wiederholte er mehrfach seine Ablehnung gegenüber Pablo Iglesias und einer Regierungskoalition mit UP. Iglesias dagegen wurde nicht müde, immer wieder seine Bereitschaft zu einer Koalition mit den Sozialisten zu betonen, damit Spanien eine „progressive“ Regierung der Linken bekäme. Als sich bei der Stimmenauszählung in der Wahlnacht herausstellte, dass die Sozialisten keine Stimmen hinzugewannen, sondern drei Mandate in der Abgeordnetenkammer und die Mehrheit im Senat verloren, schickte Iglesias eine Textnachricht an Sánchez, in der er die Verständigung zwischen PSOE und UP auf eine Linkskoalition zur „historischen Notwendigkeit“ erklärte. Am Montag nach der Wahl trafen sich beide, vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen, zu einem Gespräch und vereinbarten die Grundlinien einer Koalition. Am Dienstagmorgen, als viele Beobachter und Kommentatoren noch rätselten, wie es nach diesem Wahlergebnis weitergehen könnte, besiegelten Sánchez und Iglesias mit einer herzlichen Umarmung ihren Pakt über die Bildung einer „progressiven“ Regierung. Die Kontroversen der Vergangenheit wollen sie hinter sich lassen. Möglichst noch vor Weihnachten soll die neue Regierung gebildet sein. Doch zunächst müssen sie eine Mehrheit im Parlament für die Wiederwahl von Sánchez suchen, die angesichts des Wahlergebnisses und der Verluste beider Parteien keineswegs sicher ist.
Parlamentswahlen in Spanien 2015 bis 2019
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2015 | 2016 | April 2019 | Mandate April 19 | 2019 November | Mandate Nov 19 |
PPSOE | 22,01% | 22,66% | 28,68% | 123 | 28% | 120 |
PP | 28,72% | 33,03% | 16,70% | 66 | 20,82 | 89 |
Vox | 0,20% | 10,26% | 24 | 15,90% | 52 | |
PODEMOS | 20,66% | 21,10% | 14,31% | 42 | 12,84% | 35 |
C´s | 13,93% | 13,05% | 15,86% | 57 | 6,79% | 10 |
ERC | 2,39% | 2,63% | 3,89% | 15 | 3,61% | 13 |
JuntsxCat* | 2,25% | 2,01% | 1,91% | 7 | 2,19% | 8 |
CUP-PR | 1,01% | 2 | ||||
PNV | 1,20% | 1,20% | 1,51% | 6 | 1,57% | 6 |
EH Bildu | 0,87% | 0,77% | 0,99% | 4 | 1,15% | 5 |
MÁS PÀIS | 2,30 | 3 | ||||
CCa-PNC | 0,33% | 0,33% | 0,53% | 2 | 2 | |
COMPROMÍS 2019 | 0,66 | 1 | ||||
NA+ | 0,41% | 2 | 2 | |||
BNG | 0,50% | 1 | ||||
PRC | 0,20 | 1 | 0,2 | 1 | ||
¡TERUEL EXISTE! | 0,08 | 1 | ||||
Mandate insgesamt | 350 | 350 |
*2015: DL, 2016: CDC
Die wichtigsten Ergebnisse der Parlamentswahlen in Spanien vom 10. November 2019
Die Fragmentierung und Polarisierung des spanischen Parteiensystems und des Parlaments haben sich verschärft. In der neuen Abgeordnetenkammer werden nicht weniger als 16 Parteien vertreten sein. Keiner der traditionellen Blöcke des linken oder rechten Lagers hat eine Mehrheit. Die Regierungsbildung bleibt trotz des Abkommens zwischen den Sozialisten und Unidas Podemos schwierig. Zusammen verfügen sie nur über 155 der für eine absolute Mehrheit notwendigen 176 Stimmen. Die Volkspartei, VOX, Ciudadanos und auch Navarra Suma (NA) haben es bereits abgelehnt, die Wahl von Sánchez durch ihre Enthaltung zu ermöglichen. Auch von den nationalistischen Parteien JuntsxCat und CUP aus Katalonien ist ein „nein“ zu erwarten. Entscheidend wird daher das Verhalten der übrigen nationalistischen Parteien sein, der Linksrepublikaner (ERC) aus Katalonien und der beiden nationalistischen Parteien aus dem Baskenland PNV und EH Bildu. Die Zustimmung der PNV zur Wahl von Sánchez dürfte sich ohne Weiteres gewinnen lassen, ebenso die Zustimmung der neuen Linkspartei MÁS PAÍS sowie der kleinen Regionalparteien CCa-PNC von den Kanarischen Inseln, BNG, PRC und ¡TERUEL EXISTE!. Das ergibt zusammen aber nur 170 Stimmen. Die Wahl des spanischen Ministerpräsidenten hängt somit vor allem von dem Verhalten der Linksrepublikaner aus Katalonien ab! In den nächsten Wochen werden Sánchez und Iglesias versuchen, diese zur Unterstützung der Wahl von Sánchez durch Stimmenthaltung zu bewegen. ERC hat das in ersten Stellungnahmen nicht ausgeschlossen, doch vor einer Entscheidung will sich die Partei mit ihrem inhaftierten Vorsitzenden Oriol Junqueras beraten. Zudem wird sie einen politischen Preis von Sánchez verlangen, der u.a. darin bestehen kann, dass eine Art „neutraler Vermittler“ im Konflikt mit den katalanischen Nationalisten ernannt wird, um weitere Zugeständnisse im Hinblick auf die allmähliche Loslösung der Gemeinschaft von Spanien zu erhalten.
Die Strategie von Ministerpräsident Sánchez und der Sozialistischen Partei (PSOE), durch die Neuwahlen ihre Position zu verbessern und dann eine Alleinregierung der PSOE durchzusetzen, ist gescheitert. Die PSOE hat zwar wiederum eine relative Stimmenmehrheit (28 %) gewonnen, doch ca. 750.000 Stimmen, drei Parlamentsmandate und ihre absolute Mehrheit im Senat verloren. Sánchez und die PSOE waren offensichtlich nicht auf die Reaktionen in Katalonien und ganz Spanien infolge der Verkündung der Urteile gegen die katalanischen Separatisten Mitte Oktober vorbereitet. Die Mobilisierung und gewaltsamen Aktionen der Separatisten stießen im übrigen Spanien auf heftige Ablehnung. Sánchez versuchte sich zwar als Verteidiger von Recht und Ordnung zu präsentieren, verteidigte die Polizeieinsätze gegen gewaltsame Demonstranten und kritisierte die Regionalregierung in Barcelona wegen ihrer Unterstützung solcher Aktionen. Doch mit seiner neuen harten Attitüde überzeugte er die Wähler nicht. Auch die Umbettung des Leichnams des Diktators Franco eine Woche vor Beginn der Wahlkampagne blieb ohne Effekt, obwohl Sánchez diese Umbettung als Großereignis über das Staatsfernsehen inszenierte. Die meisten Spanier blieben davon unberührt. Nachdem er sich in der Fernsehdebatte vom 4. November schlecht präsentiert hatte und die beiden Vorsitzenden der extremen Parteien Iglesias von UP und Abascal von VOX als „Sieger“ aus der Debatte hervorgingen, wechselte Sánchez in den Tagen vor der Wahl seine Taktik wiederum und präsentierte sich erneut als Vertreter einer progressiven Linken. Diese Wandlungsfähigkeit wurde vom Wähler nicht belohnt. In der Wahlnacht kündigte er an, eine „progressive“ Regierung führen zu wollen, wobei viele Kommentatoren das so verstanden, er würde erneut versuchen, eine Alleinregierung zu bilden. Da hatte er aber schon die Textnachricht von Pablo Iglesias über die „historische Notwendigkeit“ einer Linkskoalition erhalten. Seine Wandlungsfähigkeit half ihm am Tag darauf, sich mit Iglesias schnell auf eine Koalition zu verständigen.
Die rechtspopulistische Partei VOX ist der eindeutige Wahlsieger und nun drittstärkste Kraft hinter den Sozialisten und der Volkspartei. Ihr Stimmenanteil erhöhte sich von 10,26% im April auf nun 15,09% und die Zahl ihrer Mandate hat sich von 24 auf 52 mehr als verdoppelt. Die Unfähigkeit der übrigen Parteien zur Überwindung der gegenseitigen Blockade, aber auch die neuerlichen Unruhen in Katalonien nach der Veröffentlichung der Urteile gegen die Anführer der Unabhängigkeitsbewegung haben die rechtsnationale Partei VOX eindeutig begünstigt. Innerhalb eines halben Jahrs gewann sie mehr als eine Million Stimmen (von 2,6 auf 3,6 Millionen) und 28 zusätzliche Mandate. Auch in Katalonien gewann die Partei zwei Mandate. VOX punktete vor allem mit einer kompromisslosen Haltung gegenüber den katalanischen Separatisten, profitierte aber auch von dem smarten Auftritt ihres Vorsitzenden Santiago Abascal während der Fernsehdiskussion am 4. November, wo er sich weitgehend auf die Kritik an den übrigen Parteien wegen der gegenseitigen Dauerblockade sowie auf die Verteidigung der Einheit Spaniens gegen die Nationalisten konzentrierte, während er seine sonstigen Provokationen gegen Migranten oder das Gleichstellungsgesetz auf ein Mindestmaß beschränkte.
Die Volkspartei (PP) hat nach ihren großen Stimmenverlusten im April etwas aufgeholt, doch der Zugewinn blieb hinter ihren Erwartungen zurück. Mit einem um etwa 4 Prozentpunkte höheren Stimmenanteil erhielt die PP 23 zusätzliche Mandate (89 statt bisher 66). Ein größerer Zugewinn wurde durch das gute Ergebnis von VOX vereitelt, sodass die PP am 10. November ihr bisher zweitschlechtestes Ergebnis erzielte. Besonders schmerzlich ist für sie, dass sie sowohl in ihrer traditionellen Hochburg Murcia als auch in vier Provinzen Andalusiens hinter VOX zurückblieb. In Katalonien erhielt die PP diesmal zwei Mandate, nachdem es im April nur für ein Mandat gereicht hatte. In der Wahlnacht hatte sich ihr Vorsitzender Pablo Casado darauf beschränkt zu erklären, die PP warte nun, was Sánchez zu den Wahlen sagen werde. Das wurde zunächst als ein Zeichen der Offenheit gegenüber Gesprächen mit der PSOE verstanden. Am Montag aber, als Sánchez und Iglesias bereits zusammensaßen, schloss die PP erneute eine passive Unterstützung der Wahl des Sozialisten durch Stimmenthaltung aus. Trotz des enttäuschenden Wahlergebnisses ist die Position des Vorsitzenden Casado vorerst eher gestärkt, nicht zuletzt, weil auch keine Alternativen zu ihm erkennbar sind. Während des Wahlkampfes war er deutlich moderater aufgetreten als vor den Wahlen im April. Allerdings hatte er in der letzten Woche vor der Stimmabgabe, als das gute Ergebnis von VOX abzusehen war, seine Angriffe auf Sánchez wieder verschärft. Die Volkspartei wird nun im Parlament mit VOX um die Rolle des Oppositionsführers konkurrieren. Dabei bleibt abzuwarten, mit welcher Tonlage sie diese Rolle ausüben wird.
Die nationalliberale Partei Ciudadanos ist der große Wahlverlierer. Sie verlor mehr als die Hälfte ihres Stimmenanteils von April (von 15,9 auf 6,8%) und 47 ihrer bisher 57 Mandate. Der Parteivorsitzende Albert Rivera zog am Tag nach der Wahl die Konsequenzen aus der Niederlage und legte nicht nur den Vorsitz nieder, sondern erklärte auch seinen Abschied von der Politik. Nach den Wahlen im April hatten PSOE und Ciudadanos zusammen eine Mehrheit der Sitze im Parlament. Eine Koalition dieser beiden Parteien wäre von vielen Spaniern und nicht zuletzt auch den Vertretern der spanischen Wirtschaft begrüßt worden. Doch weder machte Pedro Sánchez einen Schritt auf Ciudadanos zu, noch war deren Vorsitzender Albert Rivera bereit, überhaupt mit Sánchez zu sprechen. Riveras Ziel war es, die PP als die wichtigste Kraft des konservativen Lagers abzulösen. Parteiinterne Kritiker an diesem Kurs hat Rivera isoliert oder zum Austritt getrieben. Zu spät erkannte er die fatalen Folgen dieser Strategie für Ciudadanos. Vor den jetzigen Wahlen versprach er, die Blockadehaltung aufzugeben und dafür zu sorgen, dass es zu einer Regierungsbildung kommt. Doch die Wähler wollten das von ihm nicht mehr hören. Ciudadanos erlitt einen dramatischen Stimmen- und Mandatsverlust. Die vermutliche Nachfolgerin im Parteivorsitz, Ines Arrimadas, hat nach dem Bekanntwerden der Koalitionsvereinbarung zwischen PSOE und UP erklärt, Ciudadanos werde die Wiederwahl von Sánchez nicht durch Enthaltung unterstützen. Allerdings ist damit zu rechnen, dass Sánchez dennoch versuchen wird, einen Meinungsumschwung bei Ciudadanos herbeizuführen.
Der Stimmenanteil der Linkspopulisten ist im Wesentlichen gleich geblieben. Unidas Podemos hat seit April einige Prozentpunkte verloren. Das wird aber von der neuen Linksgruppierung MÁS PAÍS ausgeglichen, die im Frühjahr 2019 aus einer Abspaltung der UP entstanden war. Trotz des Scheiterns der Verhandlungen im Juni/Juli betonte der UP-Generalsekretär Iglesias stets seine Bereitschaft für die Bildung einer Linkskoalition. Dabei ließ er keinen Zweifel, dass Sánchez die Stimmen der UP nur erhalten werde, wenn er diesmal eine Regierungsbeteiligung dieser Partei ohne Vorbehalte gegen bestimmte Personen akzeptiert. Für das Scheitern der Regierungsbildung im Sommer wurden Iglesias und UP von den Wählern der Linken nicht bestraft. Die Mandatsverluste sind eher auf das Wahlsystem und das Auftreten von MÁS PAÍS zurückzuführen.
Die Nationalisten aus Katalonien und dem Baskenland haben ihren Stimmenanteil gehalten. In Katalonien hat sich der Stimmenanteil der Nationalisten leicht erhöht, doch erhielten sie weder eine Mehrheit der Stimmen in der Autonomen Gemeinschaft (zusammen ca. 42% regionaler Stimmenanteil) noch eine Mehrheit der hier insgesamt vergebenen 48 Mandate (zusammen gewannen sie 23 Mandate). Die anarchistische Linkspartei CUP, die erstmals an nationalen Wahlen teilnahm, gewann in Katalonien zwei Mandate. Die Linksrepublikaner (ERC) verloren dagegen zwei Mandate. Sie treten mittlerweile nicht mehr für einen radikalen Bruch mit Spanien ein, sondern für eine schrittweise Loslösung Kataloniens im Rahmen neuer, aber legaler institutioneller Regelungen. Da ERC bei der Wahl von Sánchez womöglich das „Zünglein an der Waage“ spielen wird, sind Forderungen zu erwarten, die in diese Richtung weisen werden.
Im Baskenland dominieren weiterhin PNV und EH-Bildu; letztere gewann ein zusätzliches Mandat gegenüber den April-Wahlen. Die Volkspartei, die im April im Baskenland leer ausging, hat nach einer Nachzählung ein Mandat gewonnen. VOX und Ciudadanos gingen im Baskenland leer aus.
Spanien vor der Bildung einer „progressiven“ Linksregierung
Niccolò Machiavelli, der italienische Staatsphilosoph, der die Trennung von Macht und Moral thematisierte, hätte von Pedro Sánchez noch einiges lernen können - wäre er nicht vor fünfhundert Jahren gestorben. Zumindest die üblichen Sánchez-kritischen Kommentatoren in Spanien haben dem amtierenden Ministerpräsidenten nach seiner überraschenden Einigung mit Iglesias über die Bildung einer Linkskoalition ein hohes Maß an Zynismus zugeschrieben, weil er Iglesias monatelang dämonisierte, eine Regierungsbeteiligung von Unidas Podemos ablehnte, deshalb eine Neuwahl provozierte, die das Land ca. 135 Millionen Euro kostete – nur um dann in weniger als 24 Stunden nach Schließung der Wahllokale eine Koalition der Verlierer und Iglesias als einen der künftigen stellvertretenden Ministerpräsidenten zu präsentieren. Eine positive Lesart der Entwicklung wird darauf hinweisen, dass Spanien nun womöglich zum ersten Mal auf nationaler Ebene eine Regierungskoalition erhalten und dass eine Regierung gebildet wird, die voraussichtlich etwas länger als zwei Jahre im Amt bleibt. Das ist für sich genommen ein wichtiger Schritt, weil die Akteure dadurch Kompromissfähigkeit lernen werden, an der es in Spanien in den letzten Jahren deutlich gemangelt hat. Allerdings wird die neue Regierung, sofern es ihr gelingt, insgesamt etwa acht Parteien für die aktive oder passive Wahl von Sánchez zu mobilisieren, keine eigene Mehrheit im Parlament haben. Die Linksrepublikaner (ERC) aus Katalonien und die Baskische Volkspartei (PNV) werden regionale Ansprüche geltend machen, die besonders im Hinblick auf Katalonien erheblichen Widerstand der Opposition hervorrufen werden. Ohne Zugeständnisse an die Nationalisten aber sind eine Wahl von Sánchez und die spätere Zustimmung zu einem Staatshaushalt kaum vorstellbar.
In einer vorläufigen programmatischen Rahmenvereinbarung haben Sánchez und Iglesias in 10 Punkten die Politikbereiche abgesteckt, die in einem Koalitionsvertrag konkretisiert werden sollen. Da sind bisher noch keine konkreten Maßnahmen angesprochen. Doch die Wahlprogramme der Sozialisten und vor allem von Unidas Podemos lassen erwarten, dass mehr Schulden gemacht werden und die Steuerbelastungen für Unternehmen und besserverdienende Einkommensschichten steigen werden. Ob dann wirklich die Finanzierung der angekündigten Sozialleistungen möglich sein wird, bleibt angesichts der sich etwas verdüsternden Wirtschaftslage abzuwarten. Die Europäer werden vor allem darauf achten, ob und wie Spanien seine Haushaltsverpflichtungen erfüllt. Mit Podemos und Iglesias in der Regierung kann es schwieriger werden, einen europäischen Konsens im Hinblick auf bestimmte Themen zu erzielen; sei es beim Europäischen Haushalt, der Grenzsicherung und Migrationspolitik, der Sicherheits- und Verteidigungspolitik oder auch der Haltung gegenüber Populisten in Lateinamerika und andernorts.
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