Worauf es wirklich ankommt

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Meppener Tagespost, 19. Oktober 2002

"Missachtung der Bildung" / Akademietagung der Konrad-Adenauer-Stiftung

In Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltete das Studienseminar Meppen für das Lehramt an Gymnasien eine Akademietagung zum Thema Bildung. Prof. Dr. Jörg-Dieter Gauger (Bonn) sprach und diskutierte über das Thema "Worauf es wirklich ankommt: Die Missachtung der Bildung".

Oberstudiendirektor Hermann Wilmes konnte zu dieser Akademieveranstaltung annähernd 100 Leiter, Fachberater, Referendare und Ausbilder der emsländischen Gymnasien sowie den Leitenden Regierungsschuldirektor Rolf Hopster und Seminarleiter Markus Frerker von der Konrad-Adenauer-Stiftung begrüßen. Die Auswirkungen und Diskussionen der PISA-Studie ließen erkennen, dass die Leistungsfähigkeit eines Bildungswesens offensichtlich von der öffentlichen und politischen Wertschätzung abhängt. Die Tagung gelte der Untersuchung, ob es in Deutschland eine bildungsmissachtende Gesellschaft gibt.

In Deutschland habe es als Folge der PISA-Studien "sinnlose Diskussionen" gegeben, sagte Prof. Gauger. In allen Vorschlägen und Änderungsmöglichkeiten gehe es seitdem immer nur um Strukturen und nicht um Inhalte. Ganztagsbetreuung und Sprachkurse sowie intensivere Lehrerausbildungen und Wirtschaft als Schulfach würden als Allheilmittel proklamiert, die aus dem Dilemma herausführen sollen. Die Gesellschaft sei nicht nur erziehungsunsicher, sondern auch bildungsfremd und sie unternehme wenig, diese Missachtung zu verbergen. Ein völlig diffuses Lehrerbild verdunkle dieses Szenario. In der Diskussion verstärke sich das falsche Prinzip von der "Gleichwertigkeit aller Fächer".

Das größte Problem sei, dass man nicht wisse, was Bildung ist und wem sie nützt. Es sei verhängnisvoll, die Bildung auf ihre ökonomische Nützlichkeit zu reduzieren. Gleichzeitig würden Tradition und Kultur abgewertet und als das monopolisiert, was als "modern" zu gelten habe. Das Zählen nach Quantitäten statt des Messens an Qualität sei ebenso falsch wie der Glaube an die Allheilwirkung von Strukturen, Fördermaßnahmen und Unterrichtstechnologien. Information werde mit Wissen verwechselt genauso wie der Ersatz von Inhalten durch Methode. Bildung, so argumentierte der Leiter des Teams Bildung, Forschung und Kulturpolitik der Konrad-Adenauer-Stiftung, sei eine große "Chance für die Lebensentwürfe der Einzelnen". Bildung sei sinnvoll und notwendig.

Dabei sei Bildung ohne Wissen leer. Allgemeine Bildung sei kein Fachwissen. Denn diese Bildung beziehe sich nur auf einen bestimmten Wissensbereich. "Wahre Bildung hat keinen Zweck, wohl aber Sinn", formulierte der Referent. In der Ausbildung habe zweckorientiertes Wissen ebenso seinen Platz wie das Informationswissen. Echte Bildung erziele man jedoch um ihrer selbst willen. Bildung sei auch ein Beitrag zur Verständigung unter den Menschen, denn der gebildete Mensch gewinne als Kulturwesen eine besondere Identität. Bildung trage auch zum Lebensgenuss bei, so dass der gebildete Mensch "mehr vom Leben" habe. Bildung beinhalte kein kanonisches Wissen, sondern sei im Kontext des Lebens wichtig für den Einzelnen.

Die Bildung als Lernprozess beinhalte ein alltägliches und lebenslanges Lernen, versicherte Dr. Gauger. Die Schule müsse mit dem Grundwissen das Fundament für ein komplexes Wissen legen. Die Schule dürfe sich nicht an Qualität und Quote orientieren. Vielmehr sei sie die einzige Institution in der pluralistischen Gesellschaft, die unabdingbare Bedeutung habe. Schule müsse als "kulturelle Institution" begriffen werden. Leider werde diese inhaltliche Diskussion verdrängt durch Kritik an der Schule als "Supermarkt für Defizite". Die Schule von heute sei auch Allgemeinbildung, und als öffentliche Einrichtung müsse sie sich mit "werturteilsbildender Funktion" bewähren. Die Bildung sei ein "Wissensvehikel", das nicht nur ein unmittelbares Bedürfnis befriedige, sondern sei ein "kultureller Besitz für die Zukunft".