Nach Begrüßung und inhaltlicher Einführung durch Marion Sendker erläuterte Hans-Hartwig Blomeier, Leiter des Auslandsbüros in Mexiko der Konrad-Adenauer-Stiftung, die Bedeutung der bevorstehenden, größten und umfangreichsten Wahlen in der Geschichte Mexikos, bei der über 20.000 Ämter zur Wahl stünden – neben dem Präsidentenamt und den Mandaten im Kongress, würden auch 9 von 32 Landesregierungen, 31 von 32 Landtagen sowie über 2.500 Kommunalverwaltungen neu gewählt. Prognosen fielen schwer, aber eines sei klar: Mexiko werde nach der Wahl erstmals von einer Frau als Staatsoberhaupt regiert; entweder von der Favoritin Claudia Sheinbaum, der Kandidatin des Regierungslagers, oder von der Kandidatin der Opposition, Xóchitl Gálvez. Wünschenswert sei in jedem Falle ein eindeutiges Ergebnis, da die Rechtmäßigkeit eines knappen Ergebnisses bereits im Vorfeld angezweifelt werde und die gesellschaftliche Polarisierung dann in Proteste umschlagen könne.
Die Bilanz der letzten Regierung sei – gemessen an den drei Hauptwahlversprechen 2018 – durchwachsen. Zumindest müsste die Lösung von zwei von ihnen als gescheitert angesehen werden. Zum einen die Abschaffung der Korruption, wovon keine Rede sein könne, zum anderen das Problem der inneren Sicherheit: Allein bis jetzt in der noch laufenden Regierungsperiode habe es offiziell 185.000 Morde gegeben, ein neuer Rekord. Hinzu kämen noch bis zu 100.000 „verschwundene Personen“. Nur beim dritten Wahlversprechen, die soziale Frage anzugehen, habe die Regierung mit der Verdopplung des Mindestlohns und einer Rentenerhöhung Ergebnisse erzielt. Zwar profitierten davon nicht die 50 Prozent Mexikaner, die im informellen Sektor arbeiteten, aber die erhielten direkte finanzielle Zuwendungen. Diese zustimmungsbringenden Maßnahmen seien aber auf Kosten des Gesundheitswesens gegangen, bei dem zur notwenigen Finanzierung kräftig eingespart worden sei.
Das größte Problem in der komplexen und kontrastreichen Realität Mexikos sei sicherlich die grassierende Gewalt insbesondere durch die erstarkten Kartelle. Die Bevölkerung arrangiere sich mit dieser Unsicherheitslage, versuche zu koexistieren. Der Staat habe vielfach nicht mehr die Hoheit und das Gewaltmonopol inne. Die Kartelle hätten in weiten Teilen Mexikos die lokale Ebene unter Kontrolle. Hier gehe es um Kontrolle des Territoriums und Sicherung ihrer sehr lukrativen Geschäfte. Um das zu erreichen, schreckten Sie auch hier nicht vor Mord zurück. Allein in diesem Wahlkampf seinen bislang etwa 40 Kandidaten für Bürgermeister und Stadträte getötet worden. Neben der Verbreitung von Terror und Angst sicherten sie sich aber auch durch lokale soziale Wohltaten die Zurückhaltung der Bevölkerung.
Jenseits dieser Realität sei Mexiko aber auch eine boomende Volkswirtschaft, mehr als 2.000 deutsche Firmen seien hier ansässig und es sei der wichtigste Handelspartner der USA. Generell müsse Mexiko eher als Teil Nordamerikas begriffen werden, als ein Teil Lateinamerikas. Hans-Hartwig Blomeier appellierte, in diesem Sinne umzudenken, denn die wirtschaftliche, politischen und soziale Realität mache die Unterschiede zum Subkontinent deutlich und müsse zu der entsprechenden Neubewertung führen. Deutschland und die EU müssten dringend die Beziehungen zu Mexiko intensivieren.
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