Welchen Einfluss haben die Proteste der „Black Lives Matter“ Bewegung auf die Wahlchancen von Donald Trump? Wieso kann ein Präsidentschaftskandidat im amerikanischen System mit weniger als 50% der landesweiten Stimmen trotzdem die Wahl gewinnen? Und wieso ist dieses Land scheinbar so gespalten wie lagen nicht mehr?
Auf all diese und viele weiter Fragen versuchte die Veranstaltung „Die USA vor den Präsidentschaftswahlen“ am Montag, den 07.09.20, Antworten zu finden. Dazu referierte der langjährige diplomatische Korrespondent des Tagesspiegels und USA-Kenner und Experte Dr. Christoph von Marschall und bot einen Überblick über die politische Großwetterlage in den USA vor den Präsidentschaftswahlen. Nach einigen einleitenden Begrüßungsworten durch den Referenten der Konrad-Adenauer-Stiftung des PBFs-Thüringen Herr Daniel Braun, stand zu Beginn der Veranstaltung ein 30-minütiger Vortrag von Herrn von Marschall.
Zu Beginn des Vortags arbeitete von Marschall die Relevanz der USA Wahl für Deutschland und Europa heraus. Dabei wurde deutlich, dass die Ablehnung der Deutschen gegenüber Donald J. Trump besonders groß sei und viele Deutsche Putin oder Xi Jinping mehr vertrauen würden als Trump. In diesem Zusammenhang betonte von Marschall, wie wichtig die transatlantischen Beziehungen trotz allem sein und das seiner Meinung nach eine schlecht regierte und unberechenbar wirkende USA immer noch deutlich mehr Gemeinsamkeiten mit Europa habe als Russland oder China. Im zweiten Schritt analysierte und erklärte Herr von Marschall die Wahlsituation und das Wahlsystem in den USA. Besonders sei, dass die Wahl des Präsidenten durch sogenannte Wahlmänner erfolge, welche wiederum in den einzelnen Bundesstaaten durch das System „the winner takes it all“ gewählt würden. Während der Wahlausgang im Großteil der Bundesstaaten berechenbar sei, hänge in der Konsequenz der Ausgang des Wahlergebnisses von einigen wenigen „Swing States“ ab. Auch wurde deutlich, wie ausgeprägt die Polarisierung die USA-Gesellschaft in diesem Jahre ist. Besonders augenscheinlich sei dies an der extrem gespaltenen Medienlandschaft. Sowohl Sender wie Fox News auf der rechten Seite des Meinungsspektrums als auch MSNBC auf der linken Seite würden ihren Auftrag in einem Meinungskampf für oder gegen Trump sehen und nicht in einer ausgeglichenen Berichterstattung. In der Konsequenz würden Amerikaner zunehmend in zwei verschiedenen Realitäten leben, so von Marschall. Ein weiteres starkes Beispiel für die Spaltung des Landes seien die „Black Lives Matter“ Proteste. Deren umschlagen in Gewalt und die an Bürgerkriegsszenen erinnernden Bilder geben Trump die Möglichkeit, sich als „Law and Order“ Mann zu präsentieren und hätten zu einem Aufholen von Trump in den Umfragen geführt. Im Gegensatz dazu würden die starken wirtschaftlichen Schäden durch die aktuelle Corona-Pandemie Trump sein bestes Wahlkampfargument vom erfolgreichen „Dealmaker“ und der starken Wirtschaft nehmen und hätten erheblich zu den guten Umfragewerten von Joseph Robinette (Joe) Biden beigetragen.
Nach einem überaus spannenden und lehrreichen 30-minütige Vortrag schloss sich eine Fragerunde an. Trotz des digitalen Zoom-Formats nahmen die Teilnehmer über die Chatfunktion lebhaft und interessiert teil. So wurde u.a. noch die Relevanz der Briefwahl für die Wahlen besprochen oder der Einfluss von verschiedenen Minderheiten wie die Afroamerikaner oder die Hispanics auf den Wahlausgang. Auf die Frage nach seinem Bauchgefühl, wer den die Wahl gewinnen würde, wagte von Marschall die Prognose, dass Biden der nächste US-amerikanische Präsident sein würde, wenn heute, der 07.09, Wahlen gewesen wären.
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