In Hinblick auf die sinkenden Inzidenzwerte der vergangenen Wochen blicken viele Menschen hoffnungsvoll auf den Sommer und freuen sich, ein Stück dieser Freiheit zurückzugewinnen. Jedoch wissen wir auch, dass gerade in Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele, die Mobilität, wie wir sie bisher kennen, umgedacht werden muss. Wir fragen uns daher, wie die Mobilität in unseren Städten, zwischen Stadt und Land, inländisch sowie grenzüberschreitend morgen aussehen wird.
Um dieser Frage nachzugehen, haben wir am vergangenen Donnerstag einen regen Diskurs über eine klimafreundliche Mobilität der Zukunft mit Dr. Claus Doll, Projektleiter des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI, und Torsten Klimke, Generalsekretär für Mobilität und Transport der Europäischen Kommission, geführt. Für die Moderation war an diesem Abend Franziska Schwarzmann zuständig.
Zu Beginn stellte Thorsten Klimke den „Greendeal“ der Europäischen Kommission vor, bei dem es ganz generell um Klimafreundlichkeit geht. Diesbezüglich bestehe seit Dezember 2020 das Ziel, europaweit mindestens 90 Prozent der Emissionen im Verkehrsbereich bis zum Jahr 2050 zu reduzieren. Dies sei ein überaus ambitioniertes Ziel. Eine Schlüsselposition zur Erreichung dieses Ziels besäßen Elektorautos. Allerdings mahnte Herr Klimke, dass wir in Europa bisher nicht die Infrastruktur geschaffen hätten, so dass EU-Bürger problemlos mit ihrem elektronisch-betriebenen Fahrzeug durch Europa reisen könnten. Es fehlen schlicht die Steckdosen. Darüber hinaus fügte Herr Klimke hinzu, dass es in Zukunft auch darum gehen werde, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Mobilitätsprodukte zu gewährleisten. Zukünftige europäische Autos, Flugzeuge sowie Schiffe sollen nicht nur klimafreundlich werden, sondern weiterhin zu den weltweiten Spitzenprodukten zählen.
Claus Doll wies auf das Potential von Wasserstoff als klimaneutralen Energieversorger. Er betonte, dass dieses Potential sehr groß erscheint. Allerdings sei Wasserstoff bisher nicht wettbewerbsfähig, da die Produktion bis dato sehr kostenintensiv sei. Es werde eine große Herausforderung sein, diese kostengünstig zu gestalten. Auch die Bundesregierung sehe das Potential des Wasserstoffs und teste ihn anhand verschiedener Modellprojekte. Nach Claus Doll müssen ebenso die Kommunen in diesem Zusammenhang gelobt werden, die in kurzer Vergangenheit hier auch ein reges Engagement zeigten.
Des Weiteren berichtete Torsten Klimke über die EU-Strategie zur urbanen Mobilität von 2013, die gerade überarbeitet wird. In dieser Strategie komme sowohl der „saubere“ als auch der „smarte“ Verkehr zusammen. Es geht darum, Digitalisierung und Klimaneutralität Hand in Hand nach vorne zu bringen. Exemplarisch nannte Torsten Klimke ein Projekt aus Wien. Dort besteht eine App, mit der man verschiedene klimaneutrale Verkehrsträger buchen kann. Wenn ein Wiener beispielweise in der Bahn sitzt, kann er sich auf seinem Smartphone für die Weiterfahrt einen klimaneutralen Motorroller digital buchen.
Da beide Referenten ihrer Überzeugung Ausdruck verliehen, dass die klima- und lebensfreundliche Stadt „nur“ ein Umsetzungsproblem sei, wurden Überlegungen angestellt, wie Verwaltung und Politik, die immer auch auf ihre Wiederwählbarkeit achte, der Umgang mit Verhinderungspotenzialen erleichtert werden könne. Nicht die Abschaffung, sondern die frühzeitige und intelligente Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger bei größeren Infrastrukturprojekten könne Widerstand, der auch aus der Nichtbeachtung, bzw. einer zu späten Berücksichtigung erwachse, überwunden werden. Torsten Klima sah die Notwendigkeit, frühzeitig die Bedenken der betroffenen Bevölkerung in der Entwurfsphase schon zu berücksichtigen.
Eine weitere Strategie zur Klimaneutralität sah Klimke aber auch in der erheblich effizienteren Nutzung bestehender Infrastruktur durch die besseren Verknüpfung von Verkehrsträgern zwischen Land und Stadt und grenzüberschreitend.
Beide Referenten sahen in einer sozialverträglichen Mobilität und der Suche nach attraktiven Alternativen für klimaschädliche Verkehrsträger eine Bedingung für die Akzeptanz von weiteren Schritten zur Klimaneutralität des Verkehrs.
Welche Rolle die Politik haben sollte, wurden die Referenten gefragt. Sie sollte nicht selbst wie in der Pandemie Apps entwickeln, sondern Rahmenbedingungen setzen.
Auf die Frage, welche Prognose beide Referenten der Mobilitätswende gäben, antwortete Torsten Klimke mit einem Plädoyer für eine Bewusstseinswende im Individualverkehr. Die Forschungen im Flug- und Schiffsverkehr würden von der Kommission unterstützt und kämen voran. Dr. Doll machte sich für eine öffentlich umstrittene Umwidmung von Straßenraum und dem dadurch entstehenden Gewinn an Lebensqualität in den Städten stark.
Letztlich hoben beide Referenten hervor, dass wir unter Zeitdruck stehen. Die Politik und die Wirtschaft müssten in Zukunft noch intensiver an klimaneutralen Lösungen arbeiten. Jedoch zeigte die Veranstaltung auch, dass die Europäische Union, einschließlich Deutschland, sich auf einen hoffnungsvollen Weg begeben hat, die Energiewende ins Rollen zu bringen.
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