In der 154. Sitzung des Verwaltungsrats der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bedeutsame Fortschritte erzielt. Ein entscheidender Meilenstein war die konkrete Ausgestaltung der WHO-Strategie für den Zeitraum 2025-2028, die der Weltgesundheitsversammlung (WHA) im Mai zur Genehmigung vorgelegt wird. Die Mitgliedsstaaten signalisierten breite Unterstützung für den umfassenden Plan der ersten Investitionsrunde, die im November 2024 stattfinden soll. Dieser Schritt wurde als entscheidend für die nachhaltige Finanzierung und Stärkung der WHO betrachtet, und die deutsche Leitung der Arbeitsgruppe "Nachhaltige Finanzierung" erhielt erneut ausdrücklich Lob für ihre herausragende Arbeit.
Die Sitzung behandelte umfassend gesundheitliche Prioritäten, darunter universelle Gesundheitsversorgung, nicht-übertragbare Krankheiten, Impfungen, Mütter- und Kindergesundheit, vernachlässigte Tropenkrankheiten, Antibiotikaresistenz, Polio, Notfälle sowie Gesundheit und Frieden.
Fortschritte wurden auch hinsichtlich der Reformbemühungen auf organisatorischer Ebene und in Governance-Fragen erzielt, wobei noch nicht in allen Aspekten Konsens herrscht und weitere Verhandlungen notwendig werden.
In einem geopolitisch herausfordernden Umfeld gab es aber auch tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten. Im Fokus standen Gaza und die Ukraine: Palästina beschuldigte Israel des Völkerrechtsverstoßes und Genozids im Gaza-Streifen. Israel warf der WHO wiederum "Kollusion" mit der Hamas, also eine heimliche Zusammenarbeit, vor, ohne dass WHO-Vertreter während der Sitzung darauf eingingen. Die Diskussion über die Gesundheitssituation in der Ukraine führte zu Streit, wobei Russland einen WHO-Bericht als "politisch motiviert" ablehnte. Andere Krisenherde, wie Afghanistan oder Armenien, wurden nur am Rande erwähnt.
Im Kontext der 154. Sitzung des WHO-Verwaltungsrats konnte eine zunehmende Polarisierung und Regression in Bezug auf Klimawandel, Geschlecht und Geopolitik beobachtet werden, welche die Arbeit der WHO beeinflussen. Einige Mitgliedstaaten werden beschuldigt, von bereits errungenen Meilensteinen in Klimafragen und bei Frauenrechten abzuweichen. So stößt ein von mehreren Ländern (darunter Barbados, Fidschi und das Vereinigte Königreich) eingebrachter Resolutionsentwurf auf Ablehnung. Stein des Anstoßes ist die Anwendung des Prinzips der "Gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortlichkeiten" (Common but Differentiated Responsibilities, CBDR). Einige Länder befürchten, dass eine solche Anwendung auch auf die Verhandlungen des Pandemieabkommens ausstrahlen könnte. Uneinigkeiten bestehen auch über die Notwendigkeit eines globalen Aktionsplans zu Klimawandel und Gesundheit sowie über geschlechtergerechte Ansätze.
Ein weiterer Konflikt betraf die Aufnahme der Organisationen Rare Diseases International (RDI) und The Center for Reproductive Rights (CRR) in den Kreis der Organisationen mit offizielle Beziehungen zur WHO. Einige Länder äußerten Bedenken gegenüber CRR, das von pro-life-Gruppen als radikale Abtreibungsgruppe bezeichnet wird. Die Entscheidung über eine Aufnahme wurde schlussendlich vertagt. Diese internen Spannungen und kulturellen Auseinandersetzungen könnten die WHO möglicherweise davon abhalten, sich auf drängendere Fragen, wie den Klimawandel und andere Prioritäten zu konzentrieren. Trotz starker Divergenzen zu Konflikten sowie Themen wie reproduktive Gesundheit, Geschlechterfragen und LGBTQI+ betonten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Notwendigkeit, weiterhin im Dialog zu bleiben, um Kompromisse und Konsens zu fördern.
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