Auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung diskutierten Annegret Kramp-Karrenbauer, Ursula von der Leyen, Rita Süssmuth und andere Vertreterinnen aus Wirtschaft und Politik über Gleichstellung, Frauenquote und Rechte der Frauen in der Welt. Anlass war das 100-jährige Jubiläum des Frauenwahlrechts.
Kramp-Karrenbauer bedauerte, dass der aktuelle Frauenanteil im Bundestag geringer sei als noch vor 20 Jahren. Sie nahm die Politik in die Pflicht und forderte ein Umdenken auch innerhalb ihrer Partei, die sich mehr für Parität einsetzen sollte. Ansonsten müsse eine intensive Diskussion über den Frauenanteil bei einer möglichen Wahlrechtsreform im Bundestag geführt werden. „Die Chance der Digitalisierung muss von Frauen genutzt werden“, sagte sie mit Blick auf den noch geringen Frauenanteil bei Start-up-Unternehmen.
Ursula von der Leyen über Beruf und Karriere
Erste Neuerungen gebe es in verschiedenen Bundesländern, in denen eine paritätische Vertretung auf den Landtagslisten geführt und im Reißverschlussverfahren bestückt werde. Neben der Diskussion über diese Entwicklungen gewährten Politikerinnen wie Dr. Ursula von der Leyen und Prof. Dr. Rita Süssmuth Einblicke in ihre persönliche Welt und Karriereentwicklung. Die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen erläuterte ihre Beweggründe, warum es in der Bundeswehr so wichtig gewesen sei, vor einigen Jahren die Voraussetzungen für eine bessere Vereinbarkeit von Dienst und Familie zu schaffen. „Man hat wahrgenommen, dass wir auch Mütter und Väter sind“, sagte sie. Aufgabe der Zukunft sei es, mehr Frauen in leitenden Positionen zu etablieren. „Dabei brauchen wir mehr Frauen in Führungspositionen gerade im Mittelbau“, so von der Leyen. Dort sei die „gläserne Decke am schwersten“, die dazu führe, dass Frauen nicht in obere Führungspositionen nachrücken könnten.
Frauen in der internationalen Friedensarbeit
Rita Süßmuth, ehemalige Präsidentin des Deutschen Bundestages, setzte auf die Reaktivierung von Frauennetzwerken und sprach sich für einen engagierten Einsatz von Frauen für Frieden in der Welt aus. „Frauen müssen tätig werden als Friedensfrauen“, sagte Süßmuth. Denn die Situation der Frauen in der Welt habe sich verschlechtert. Dabei sei eine solidarische Zusammenarbeit von Frauen verschiedener Kulturkreise national wie international entscheidend. „Wenn ich jünger wäre, würde ich wieder in die Politik gehen, um etwas zu verändern“, resümierte die 81-Jährige, die als Quereinsteigerin ihren Weg in die Politik fand.
In den weiteren Diskussionsrunden blickten Vertreterinnen aus Wirtschaft und Politik in die Nachbarländer wie Frankreich und Schweden, in denen der Frauenanteil in verschiedenen Bereichen unterschiedliche Beachtung findet.
Neue Dynamik in der Frauenpolitik
Tanja Gönner, Vorstandssprecherin der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), sah ebenfalls wie ihre Vorrednerinnen Handlungsbedarf. „Frauen müssen ermutigt werden, weil sie zu selbstkritisch sind oder sie mehr die Verantwortung für die Familie übernehmen“, sagte Gönner. Aber diese Gründe lasse sie nicht zu. Sie sprach sich für mehr Unterstützung und Gleichberechtigung aus, auch wenn dies bedeute, „den anderen in den Diskurs zu zwingen“.
Von einer „neuen Dynamik in der Frauenpolitik“ sprach auch Nadine Schön, stellvertretende Vorsitzende der CDU-/CSU-Fraktion. „Wir stehen auf den Schultern unserer Vorgängerinnen und erinnern uns daran, was wir nach 100 Jahren Frauenwahlrecht erreicht haben“, sagte sie. „Aber mit Blick auf die Weiterentwicklung brauchen wir keinen Turn around und auch keine Revolution, sondern eine Evolution“, sagte Schön. Sie sieht die Frauenquote daher als „Krücke“, um die Situation zu verändern.
Mehr Work-life-balance und Vorbilder
Bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) werde viel Wert auf eine Gleichberechtigung gelegt, die sich in der explizit weiblichen Form der Stellenausschreibungen widerspiegele. „Sprache prägt das Bewusstsein“, erklärte Dr. Sigrid Nikutta, Vorstandsvorsitzende der BVG. Sie versuche es in ihrem Unternehmen anders zu machen. „Privatleben und Beruf müssen vereinbar sein“, so Nikutta. Anhand von persönlichen Erfahrungen machte sie das „Dilemma der Frauen“ deutlich. Früher traute sich Nikutta nicht, ihrem Vorgesetzten mitzuteilen, dass ihr Kind krank war, sondern schob als Grund einen Wasserrohrbruch vor, der sie zwang, nach Hause zu eilen. Erst in ihrer Position als Vorstandsvorsitzende habe sie den Mut, offen mit ihrer Mutterrolle umzugehen.
Welche entscheidende Bedeutung Bildung und Vorbilder haben, machte die Journalistin und Menschenrechtlerin Düzen Tekkal deutlich. „Wir müssen in Schulen gehen und junge Menschen unterstützen“, sagte sie. Sie habe als junge Frau das Glück gehabt, von ihren Lehrern gefördert zu werden. Identität spiele dabei eine Rolle. Mit Unterstützung ihres Vaters habe sie als Jesidin ihren Weg gefunden. Sie setzt auf die Unterstützung der Männer. „Wir brauchen eine Männerpolitik, die dafür sorgt, dass Frauen gleichberechtigt sind.“ Alle Diskutantinnen waren sich am Ende des Abends einig, dass man noch lange nicht am Ziel sei und die Frauenpolitik ihren Beitrag zur Veränderung leisten müsse.
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