ღონისძიების მოხსენებები
Dr. Mareike Ohlberg hat in Heidelberg und an der Columbia University in New York Ostasienwissenschaften studiert und promivierte im Fach Sinologie. Nach ihrer Zeit als Postdoctoral Fellow an der Harvard University und am Cheng-Shewo-Institut für Journalismus der Shih-Hsin-Universität in Taipei ist Sie seit 2016 wissenschaftliche Mitarbeiterin am MERICS (Mercator Institute for China Studies) in Berlin.
Nach einer kurzen Einführung von Monika Kurz, der Vertreterin des Veranstaltungsmanagements der Volkshochschule (die für diese Veranstaltung Kooperationspartner war und auch die Räumlichkeit im TREFFPUNKT Rotebühlplatz bereitstellte) in Stuttgart, begann Dr. Mareike Ohlberg mit Ihrem etwa einstündigen Vortrag.
In diesem legte Sie dar, wie die chinesische Regierung über ein schier unfassbar vielschichtiges System von schwarzen Listen, Bewertungssystemen und Überwachung von sozialem Verhalten versucht, den Markt zu steuern. Ohlberg nannte die Pläne bzw. teilweise bereits existierenden Strukturen ein (von der Regierung so betrachtetes) „Allheilmittel für Chinas Probleme“ und legte anhand sehr interessanter Karikaturen der offiziellen Regierungswebseiten dar, inwiefern versucht wird, dies der Bevölkerung auch zu beweisen. „Unehrliche“, die beispielsweise einen Kredit nicht zurückzahlen konnten, werden dort konsequent in die Rolle von dem Erfolg der Allgemeinheit entgegenwirkenden Personen gedrängt, was die harten Strafen und den Sinn eines gesellschaftlichen Bonitätssystems rechtfertigen soll – das Prinzip des „Naming and Shaming“ findet hier seine auf diese Art perfektionierte Anwendung.
Bezüglich der schwarzen Listen für Unternehmen führte Ohlberg beispielsweise aus, dass man als Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens in China nach zwei weniger schweren Delikten wie der nicht fristgerechten Ablieferung eines Jahresberichtes damit rechnen müsse, keine Flüge oder bestimmte Hotelklassen mehr buchen zu können.
Mehr und mehr würden nun auch die kommerziellen Bewertungssysteme gedrängt, ihre Daten an die Regierungspiloten weiterzugeben. Dennoch existierten noch immer erhebliche bürokratische Hürden, die die Etablierung eines einheitlichen Bewertungssystems, welches der Regierung erlauben würde, ständig positives Verhalten zu belohnen (etwa durch Vorteile bei Behördengängen) bzw. negatives Verhalten zu bestrafen (etwa durch einen „Vergabestopp“ von Krediten) zumindest ausbremsen könnten. Jedoch ist ein solches System in der Provinz Rongcheng bereits aufgebaut.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten nach Vortragsende in der anschließenden Diskussion reges Interesse. In vielen Fällen wurden Fragen gestellt, die sich noch tiefer in die Materie hineinzuwagen versuchten, was auf erhebliche Vorkenntnisse verweist.
Die Stimmung während der Diskussion lässt sich im Grunde genommen auf den inhaltlichen Kontext übertragen: Man könnte von einer Mischung aus Interesse, Unsicherheit und einer gewissen Besorgnis sprechen. Das in der Zukunft garantiert noch massiv an Bedeutung gewinnende Thema fesselte, wenngleich sich der Optimismus in Grenzen halten muss – denn die technischen Fähigkeiten zum Umgang mit großen Datenmengen werden immer umfangreicher. Sicherlich bleibt es hochinteressant, die weiteren Vorgänge und vor allem auch die Diskussionen in der chinesischen Öffentlichkeit weiter zu beobachten – momentan drehe sich die Debatte hier mehrheitlich darum, wie man seinen „Score“ erhöhen könne, weniger um Sinn oder Unsinn dieses Systems.
Letztlich ist jedoch genau dies das Problem: Es wird bei bloßem „Beobachten“ bleiben. Denn welche Pläne für ein möglicherweise noch umfangreicheres „Social Credit System“ in zwei oder drei Jahren vor der Umsetzung stehen, ist im Wesentlichen unklar.
Text und Foto: Robin Schenk
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