Die Veranstaltung wurde von dem stellvertretenden Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung, Hermann Gröhe MdB, eröffnet. Er warnte davor, dass das Vertrauen in das deutsche Altersvorsorgesystem leide, wenn vermehrt Leistungsversprechen gemacht werden, ohne die damit einhergehenden Kosten zu benennen. Wie das Sozialstaatsversprechen guter Altersvorsorge in Zeiten demographischer Herausforderungen eingehalten werden kann ohne die Beitragszahler zu überfordern, hob der Bundestagsabgeordneter als zentrale Frage hervor. Darüber hinaus sei entscheidend zu klären, inwiefern das Element der Kapitaldeckung dort eine Rolle spielen könne, wo zusätzliche Sicherung notwendig ist.
Die Keynote der Veranstaltung hielt der Wirtschaftsweise Prof. Dr. Martin Werding zu den Erfahrungen und Lehren für die Zukunft des Drei-Säulen-Systems in Deutschland. Bezugnehmend auf vielfältige Simulationsszenarien verwies er auf beunruhigende Perspektiven. Ohne Reformen des gegenwärtigen Rentensystems würden vor dem Hintergrund des demographischen Wandels Beitragssätze stetig steigen, das Rentenniveau immer weiter sinken oder aber die Bundeszuschüsse auf 6,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2060 (gegenüber 2,9% im Jahr 2019, während der gesamte Haushalt etwa 10 Prozent am BIP ausmacht) ansteigen müssen. „Wenn die Umlagefinanzierung durch einen heftigen Alterungsprozess unter Druck gerät, dann muss sie durch kapitalgedeckte Vorsorge ergänzt werden, gerade auch im Hinblick auf Fragen der Generationengerechtigkeit“, ermahnte der Ökonom. Dafür müsse man insbesondere die zweite und dritte Säule in den Blick nehmen, ergänzende Altersvorsorge müsse rentierlicher, verbindlicher und einfacher werden.
Im Anschluss stellte Natalie Klauser, Referentin für den Demographischen Wandel bei der Konrad-Adenauer-Stiftung, die Studie „Ist die Rente wirklich sicher? Ein neuer Start für die kapitalgedeckte Altersvorsorge“ vor, zu der anwesende Expertinnen und Experten mit ihrem fachlichen Input beigetragen hatten. Für eine generationengerechte Neuaufstellung der Altersvorsorge als Frage der nachhaltigen Akzeptanz und des gesellschaftlichen Zusammenhalts müssten alle drei Säulen angepasst und insbesondere die kapitalgedeckte betriebliche und private Altersvorsorge gestärkt werden. Das Potenzial der betrieblichen Altersvorsorge könne durch verbesserte Bedingungen zum Transfer von Anwartschaften bei Arbeitgeberwechsel besser ausgeschöpft werden und im Rahmen des Tarifpartnermodells sollten für Beschäftige von klein- und mittelständischen Unternehmen mehr Zugangsmöglichkeiten in betriebliche Altersvorsorge geschaffen werden. Für eine stärkere Verbreitung der privaten Altersvorsorge in der Bevölkerung sei es notwendig, aus den Erfahrungen der Riester-Rente zu lernen und eine Reform in Richtung eines verständlichen und leicht vergleichbaren Standardproduktes in die Wege zu leiten. Durch ein niedrigschwelliges und zielgruppenspezifisches Informationsangebot könnten zudem breite Bevölkerungsschichtigen befähigt werden, frühzeitig eigenständige Altersvorsorgeentscheidungen zu treffen.
In der Diskussionsrunde stellte der Bundesvorsitzende der Jungen Union Johannes Winkel heraus, dass die von der Bundesregierung geplante Aktienrente an den gegenwärtigen Herausforderungen in der Rentenversicherung vorbeigehe und ein schuldenfinanzierter Kapitalstock dem Ziel der Generationengerechtigkeit widerstrebe. Angesichts des demographischen Wandels sei es dennoch notwendig, Reformen der Kapitaldeckung umzusetzen. Eine massive Bezuschussung des Umlagesystems durch den Bundeshaushalt habe zur Folge, dass Investitionen für die Zukunft ausblieben. Ein Demographieproblem würde demnach zu einem Demokratieproblem, wenn große Teile der Steuereinnahmen nicht für Aufwendungen genutzt werden, die für die Zukunft der jungen Generation wichtig seien.
Frau Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband kritisierte bisherige Angebote zusätzlicher Altersvorsorge sowie die angekündigten Vorhaben der Bundesregierung im Zusammenhang mit Kapitaldeckung in der Rentenversicherung als unzureichend. Sie argumentierte für ein öffentlich verwaltetes Standardprodukt der kapitalgedeckten Altersvorsorge, welches über eine Opt-Out-Option im Wettbewerb mit anderen, privatwirtschaftlichen Angeboten steht und Verbraucherinnen und Verbrauchern gute Renditechancen bei niedrigen Verwaltungs- und Vertriebskosten ermöglicht. Demgegenüber sprach sie sich gegen Kapitaldeckung in der ersten Säule aus und sprach den Wunsch nach einem günstigen und effizienten Vorsorgeprodukt wie die vom Verbraucherzentrale Bundesverwand vorgeschlagene Extrarente aus.
Der Leiter des Clusters Staat, Steuern und Soziale Sicherung vom Institut der deutschen Wirtschaft Dr. Jochen Pimpertz warnte bezugnehmend auf marktwirtschaftliche Mechanismen davor, ein als günstig und effizient identifiziertes Vorsorgeprodukt als das beste vorzugeben und sprach sich für die freie Wahl von unterschiedlichen privatwirtschaftlichen Angeboten abhängig von der individuellen Lebenssituation aus. Zudem betonte er, dass auch Vermögensbildung, bspw. durch Lebensversicherungen oder Wohneigentum, bei der Alterssicherung zu berücksichtigen ist. Herr Prof. Dr. Werding führte bezugnehmend auf die Vorbehalte an, dass ein Standardprodukt jedoch positive Effekte auf die Verbreitung der privaten Altersvorsorge haben könnte, da Vorsorgeentscheidungen nachweislich aufgrund von Wissensmangel bzw. der Komplexität der Thematik häufig vertagt würden. Schließlich hob Herr Dr. Pimpertz hervor, dass die Umsetzung von zwingend notwendigen Reformen der Altersvorsorge, um eine intergenerative Lastenverschiebung zu beenden, der Äußerung eines entsprechenden politischen Willens bedarf.
Im Schlusswort betonte Kai Whittaker MdB die Notwendigkeit von baldigen Reformen der Kapitaldeckung in der Altersvorsorge für eine gerechte Verteilung von Lasten zwischen den Generationen. Er ergänzte, dass offen debattiert werden müsse, inwieweit auch andere Versorgungswerke, z.B. jene für Verbeamtete, Selbstständige aber auch Politikerinnen und Politiker, zumindest anteilig in das rentenbasierte Altersvorsorgesystem einbezogen werden könnten. Gleichbehandlung und Beteiligung würden dazu beitragen, dass ein System akzeptiert werde.
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