Das Gespräch bot Erkenntnisse von renommierten Rednern, die sowohl die thailändische als auch die deutsche Perspektive vertraten. Zu den Podiumsgästen gehörten Gunther Krichbaum, Mitglied des Deutschen Bundestages und Europapolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Carsten Buchholz, Wirtschaftswissenschaftler und Leiter des Büros von MdB Krichbaum, Dr. Sineenat Sermcheep, Assistant Professor an der Wirtschaftsfakultät der Chulalongkorn-Universität, und Dr. Thanyaporn Krichtitayawuth, Executive Director des UN-Global Compact Netzwerks in Thailand. Das Publikum bestand aus Teilnehmern verschiedener Branchen, einschließlich Vertrerter von internationale Organisationen, der Zivilgesellschaft, von Regierungsbehörden, der Wissenschaft und der Wirtschaft. Das diverse Publikum verdeutlich die Anziehungskraft und Relevanz des Themas.
Die Diskussion wurde von Henning Glaser, Direktor des CPG und Moderator der Veranstaltung, eröffnet. Er betonte die Auswirkungen von weniger stabilen Lieferketten, die durch verschiedene Faktoren wie die Covid-19-Pandemie oder den Krieg in der Ukraine verursacht wurden. Im Hinblick auf China wies Herr Glaser auf die bestehenden Wirtschaftsbeziehungen hin, betonte aber auch die Notwendigkeit des Ausbaus von Verbindungen zu anderen Akteuren und unterstrich die europäische Politik des „Derisking“ von China. Zum Thema der Entwicklung von Lieferketten, insbesondere aus deutscher Sicht, hob Gunther Krichbaum die Bedeutung eines diversifizierten Ansatzes hervor. Er erörterte auch die unterschiedlichen Auffassungen von Sicherheit in Thailand und Deutschland, die durch die jeweilige Geschichte und die jeweiligen Umstände geprägt sind. MdB Krichbaum äußerte sich besorgt bezüglich wirtschaftlicher Sicherheit, insbesondere angesichts der steigenden Zahl von Cyberangriffen auf Unternehmen. Er ging auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Thailand, Europa und anderen globalen Akteuren ein. Dabei erkannte er die wirtschaftlichen Beziehungen Thailands zu anderen Ländern an, wies aber auch auf die Herausforderungen hin, die sowohl von China als auch von Russland ausgehen, insbesondere im Zusammenhang mit der Energieversorgung. Eine Diversifizierung sei notwendig, um die Risiken zu mindern. So könnte Deutschland durch eine Diversifizierung des Handels, wie beispielsweise durch ein EU Freihandelsabkommen mit Thailand, unabhängiger werden und in Krisenzeiten an Resilienz und Sicherheit gewinnen.
Einen weitere deutsche Perspektive bot Dr. Carsten Buchholz. Er betonte, wie wichtig es sei, sich an die sich wandelnde Natur der Lieferketten anzupassen, insbesondere im Hinblick auf Themen wie COVID-19 und den Krieg in der Ukraine. Er erörterte die Bedeutung von Sozialstandards in Lieferketten und schlug vor, dass Thailand durch die Angleichung an europäische Standards mehr Investitionen anziehen könnte. Dr. Buchholz betonte, wie wichtig ein faires und sorgfältiges Management während dieses Übergangs sei. Darüber hinaus wies er auf die Möglichkeit hin, Freihandelsabkommen als Brücke für einen vielfältigeren und freien Handel zu nutzen.
Asst. Prof. Dr. Sineenat Sermcheep gab Einblicke in die Entwicklung globaler Lieferketten, insbesondere aus thailändischer Sicht. Sie erörterte sowohl die positiven als auch die negativen Auswirkungen des Wachstums innerhalb ASEANs auf das Lieferkettenmanagement. Dabei betonte sie die Notwendigkeit der Widerstandsfähigkeit angesichts von Herausforderungen wie Cyberbedrohungen. Asst. Prof. Dr. Sineenat hob die beispiellosen Auswirkungen von Derisking und Globalisierung auf Thailands Wirtschaft hervor. Sie schlug vor, dass Effizienz und günstiger Handel mit China nicht mehr die oberste Priorität sein sollten. Stattdessen betonte sie die Relevanz des Übergangs zu nachhaltigen Praktiken, wie z. B. grüne Energie und die Rolle der Cybersicherheit beim Schutz der Lieferketten. Da Thailand noch nie mit dieser Situation konfrontiert war, schaut Thailand nach Europa um Rat zu bekommen, wie es die Produktion in Thailand umstellen und sich durch weitere Freihandelsabkommen von China abkoppeln kann.
Dr. Thanyaporn Krichtitayawuth gab Einblicke aus der Perspektive der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft. Dabei lag der Schwerpunkt auf Thailands Wandel auf dem globalen Markt. Sie erörterte die Sektoren, die im Asien-Pazifik Raum gefährdet sind, und betonte die Relevanz eines fairen und sorgfältigen Managements während des Wandels. Dr. Krichtitayawuth betonte die Notwendigkeit, sich von den Praktiken der Billig- und Massenproduktion abzuwenden, da diese nicht nur die Umwelt schädigen, sondern auch zu niedrigen Löhnen und Armut im Land beitragen. Im Zuge dessen wies sie auf die Bedeutung von Transparenz und Risikomanagement in Lieferketten hin, insbesondere im Hinblick auf die Sorgfaltspflicht für Menschenrechte. Um für Transparenz zu sorgen, bräuchte Thailand einen rechtlichen Rahmen, um das Bewusstsein in der Gesellschaft für bestimmte Themen zu schärfen. Sie erläuterte auch die Herausforderungen, die mit der Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards verbunden sind, und betonte gleichzeitig den Wettbewerbsvorteil der Einhaltung von ESG-Richtlinien (Environmental, Social, Governance).
Weitere Erkenntnisse und Fragen aus dem Publikum
Herr Krichbaum bot einen umfassenden Überblick der jüngsten Bemühungen die Beziehung zwischen Deutschland und Thailand zu stärken. Dabei hob er die Herausforderungen hervor, die sich aus der wertebasierten Politik der EU ergeben, und betonte die Notwendigkeit strategischer Autonomie, um globale Abhängigkeiten effektiv zu navigieren. Gleichzeitig betonter er die Komplexität von EU Freihandelsabkommen und hob die Bedeutung von Flexibilität bei den Verhandlungen hervor. Er identifizierte insbesondere die Förderung von Agrarexporten und der sektoralen Effizienz als potenzielle Bereiche für die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Thailand. Ferner unterstrich Herr Krichbaum die Dringlichkeit von Freihandelsabkommen und Fristen für Verhandlungen sowie die Kontrolle des demokratischen Fortschritts Thailands durch das Europäische Parlament. Bedenken wurden hinsichtlich der von deutschen Unternehmen wahrgenommenen Risiken aus China geäußert. Herr Krichbaum schloss sich dieser Meinung an und betonte die Notwendigkeit eines gleichberechtigten Zugangs zu asiatischen Märkten für europäische Unternehmen. Er sprach auch die Bewältigung möglicher Risiken des Wissenstransfers an.
Dr. Krichtitayawuth und Asst. Prof. Dr. Sermcheep gewährten wertvolle Einblicke in die Chancen und Herausforderungen für die lokale Wirtschaft und betonten dabei den Technologietransfer, die Verbesserung von Lieferketten und die Vorteile künftiger Kooperationen sowie von Freihandelsabkommen zur Steigerung der Exporte und der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit. Aus deutscher Sicht äußerte sich Herr Krichbaum abschließend optimistisch zum Freihandelsabkommen. Er räumte Herausforderungen ein, zeigte sich aber zuversichtlich, dass diese gelöst werden können, und betonte die Bedeutung der Beachtung der Menschenrechte, die von der EU beobachtet wird.
Die Diskussion am Runden Tisch endete mit einem kleinen Networking-Empfang, der den Teilnehmern die Möglichkeit bot, in einen Dialog zu treten und mögliche Arten der Kooperation im Bereich der wirtschaftlichen Sicherheit und der Diversifizierung der Lieferketten zu erkunden.
Die Veranstaltung bot eine wertvolle Plattform zur Förderung eines tieferen Verständnisses und der Zusammenarbeit bezüglich der Komplexität globaler Lieferketten, insbesondere angesichts aktueller geopolitischen Spannungen. Der Gedankenaustausch verdeutlichte die Notwendigkeit proaktiver Strategien zur Bewältigung der sich wandelnden Lieferkettendynamik und die Bedeutung gemeinsamer Anstrengungen zur Sicherstellung der Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit angesichts der zahlreichen Herausforderungen.
Bericht von Michelle Silies, KAS Thailand Praktikantin
Übersetzt von Lilli Tabea Albrecht
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