ქვეყნის ამბები
Nach den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im letzten und vorletzten Jahr galten die Kommunalwahlen vielen Beobachtern als erneuter Demokratietest.
Entscheidend für die Zukunft der georgischen Demokratie war insbesondere die Frage, inwieweit sich Oppositionsparteien als politische Kraft behaupten und den politischen Pluralismus sichern können. Die Regierungskoalition Georgischer Traum (GT) konnte sich zwar als stärkste politische Kraft durchsetzen, blieb aber mit ihrem Stimmanteil von knapp über 50% hinter den Erwartungen zurück. Demgegenüber hat es die Vereinte Nationalbewegung (UNM) geschafft, sich als etablierte Opposition zu behaupten.
Die Lokalverwaltungsreform
Im Vorfeld der Wahlen hatte das georgische Parlament eine umfassende Lokalverwaltungsreform verabschiedet. Durch eine Änderung des Kommunalverwaltungsgesetzbuchs und eine neue administrative Einteilung des Landes erhalten Städte und Gemeinden größere Selbstverwaltungsrechte und die Bürger weitreichendere demokratische Mitbestimmungsrechte. So werden Bürgermeister und Verwaltungsoberhäupter zum ersten Mal direkt von der Bevölkerung gewählt statt wie bisher von der Lokalverwaltung ernannt . Neben der Hauptstadt Tiflis erhalten elf weitere Städte den Status einer Selbstverwaltungsstadt. Des Weiteren wurde die Hürde für die Zuteilung von Sitzen in Stadt- und Gemeinderäten auf einen Stimmanteil von 4% gesenkt und die staatliche Parteifinanzierung verbessert. Die Reformen sollen die direkte politische Partizipation der Bürger auf lokaler Ebene ermöglichen und die Rolle kleinerer Parteien stärken.
Das vorläufige Wahlergebnis
Das vorläufige Ergebnis der Wahl zeigt ein vergleichsweise starkes Abschneiden der UNM mit 22% der Stimmen im gesamten Land. Die Regierungskoalition GT konnte knapp über die Hälfte der Stimmen (51%) auf sich vereinigen. Drittstärkste Kraft wurde Nino Bujanadzes Vereinigte Opposition mit etwa 10%. Die restlichen Stimmen entfielen auf kleinere Parteien, von denen jedoch keine mehr als 5% der Stimmen gewinnen konnte. Insgesamt waren 24 Parteien und politische Blöcke für die Wahl registriert und über 16000 Kandidaten nominiert.
Die größte öffentliche Aufmerksamkeit erhielt das Rennen um das Tifliser Bürgermeisteramt, um das sich 14 Kandidaten beworben hatten. In der Hauptstadt wird es zu einem zweiten Wahlgang und einer Stichwahl um das Bürgermeisteramt kommen. Davit Narmania, Spitzenkandidat des GT, verfehlte mit 46% der Stimmen die nötige absolute Mehrheit von 50%. Der relativ unbekannte UNM-Kandidat Nika Melia konnte rund 28% der Stimmen gewinnen. Drittplatziert ist der Kandidat der Vereinigten Opposition mit knapp 13%. Die übrigen elf Kandidaten erhielten jeweils nur geringe Stimmanteile.
Auch in den anderen elf Selbstverwaltungsstädten schnitten die GT-Kandidaten zwar am stärksten ab, erhielten jedoch nur in vier Städten die absolute Mehrheit im ersten Wahlgang. Neben der Hauptstadt wird es somit in Batumi, Gori, Mtskheta, Ozurgeti, Poti, Rustavi und Telavi zu Stichwahlen kommen. In den Gemeinden ohne Selbstverwaltungsstatus setzte sich ebenfalls GT als stärkste Kraft durch. Die endgültige Auszählung der Stimmen wird vielerorts über das Stattfinden eines zweiten Wahlgangs entscheiden.
Insgesamt beteiligten sich nur 43% der Georgier an der Wahl. In den letzten Lokalwahlen im Jahr 2010 hatten noch 49% der Bevölkerung ihre Stimme abgegeben.
Implikationen des Ergebnisses
Die Regierungskoalition GT kann sich zwar als stärkste politische Kraft in allen Regionen Georgiens behaupten, im Vergleich zu den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen wird jedoch deutlich, dass das Momentum der Bewegung abgenommen hat. Das erklärte Ziel des GT, die Mehrheit in allen Städten und Gemeinden zu gewinnen, wurde – zumindest im ersten Wahlgang – verfehlt. Nicht nur der drastische und schnelle Stimmverlust für GT gegenüber den letzten Wahlen, sondern auch die enttäuschend niedrige Wahlbeteiligung zeigt die Unzufriedenheit der Bürger mit der Arbeit der Regierungskoalition. Da die 2012 und 2013 abgestrafte ehemalige Regierungspartei UNM nur langsam das Vertrauen der Wähler zurückgewinnt und für viele desillusionierte GT-Anhänger noch keine wählbare Alternative darstellt, ist Nichtwahl Ausdruck des politischen Protests. Insgesamt gelingt es GT nicht mehr im gleichen Maße wie früher, ihre Anhänger zu mobilisieren.
Die UNM hingegen konnte ihr Ergebnis, vor allem in der Hauptstadt Tiflis, gegenüber den Präsidentschaftswahlen im Herbst des letzten Jahres klar verbessern. UNM-Kandidat Davit Bakradze erhielt damals nur 21% der Stimmen. Nika Melias aktuelles Ergebnis in Tiflis fällt dagegen mit 28% sichtlich stärker aus. Das Erreichen eines zweiten Wahlgangs in Tiflis und einer Vielzahl anderer Städte und Gemeinden ist ein Erfolg für UNM und zeigt, dass sich die Partei als aktive Opposition etabliert hat und Politikalternativen aufzuzeigen vermag.
Politische Atmosphäre
Internationale Beobachter bescheinigen Georgien erneut die erfolgreiche Durchführung fairer und freier Wahlen. Die Stimmung am Wahltag blieb insgesamt ruhig. Dennoch gab es Unregelmäßigkeiten und Berichte über Wahlfälschungen. So kam es laut Wahlbeobachtern zu prozeduralen Fehlern und in einigen Fällen zu Angriffen auf Wahllokale. Fragen wirft vor allem die disproportional höhe Anzahl ungültiger Stimmen für Kandidaten der Opposition auf.
Große Sorge bereitete die politische Atmosphäre im Vorfeld der Wahlen. Die Rhetorik von GT und UNM war von Feindseligkeit geprägt. Insbesondere der Premierminister und GT-Vorsitzende, Irakli Gharibashvili, fiel durch aggressive Statements gegenüber der Opposition auf. So äußerte er öffentlich, dass GT den Sieg einer anderen Partei nicht zulassen und alles daran setzen werde, dass die UNM aus der politischen Landschaft Georgiens verschwinde.
Die UNM beklagte die massive Behinderung ihres Wahlkampfes durch die Regierung. So übten Regierungsvertreter und Polizei Druck auf Oppositionspolitiker aus, ihre Kandidatur zurückzuziehen. Insgesamt traten 25 Kandidaten der UNM vor der Wahl zurück. Besondere Aufmerksamkeit erhielt der Fall des UNM-Kandidaten im Marneuli Distrikt, dessen aussichtsreiche Kandidatur von der Wahlkommission der Gemeinde annulliert und erst durch einen Gerichtsbeschluss wieder zugelassen wurde. Zudem kam es in den vergangenen Monaten mehrmals zu körperlichen Angriffen auf UNM-Politiker. Wahlkampfveranstaltungen der UNM in verschiedenen Städten und Gemeinden wurden teils gewaltsam gestört.
Ausblick: Ein heißer Sommer?
Georgien hat mit den Kommunalwahlen nach Ansicht internationaler Beobachter seinen dritten Demokratietest in Folge bestanden. Während GT insgesamt siegreich aus den Wahlen hervorgeht, konnte die UNM ihre Position als Oppositionspartei stärken. Interessant wird nun das Rennen zwischen den führenden GT-Kandidaten und ihren Herausforderern im zweiten Wahlgang Ende Juli. Zu erwarten ist eine weitere Zuspitzung des politischen Klimas in Georgien.