Мемлекет есептері
Das Vorziehen der Wahlen wurde dieses Mal mit der wirtschaftlichen Krise begründet sowie der Notwendigkeit, das Nurly Zhol Anti-Krisenprogramm zur Implementierung der „Landesstrategie 2050“ erfolgreicher durchführen zu können. Die Wirtschaftskrise führte zum Einbruch des Wirtschaftswachstums von vier bis sieben Prozent der vergangenen Jahre zu einer vermuteten Wachstumsrate von ca. 1,8 Prozent für 2015. Verschärfend wirken sich die Devalvierung des kasachischen Tenges sowie der anhaltende niedrige Ölpreis auf die Gesamtsituation aus, da eine starke Währung wie auch ein hoher Ölpreis Garant der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes bislang darstellten.
International wie z.B. auch von Seiten der OSZE-Wahlbeobachtung wurden die Wahlen in ihrer Durchführung zwar als ordnungsgemäß beschrieben, jedoch erfüllten sie in vielen Aspekten nicht die internationalen Standards demokratischer und unabhängiger Wahlen. Bemängelt werden die nicht vorhandenen politischen Alternativen. Die zwei „Gegenkandidaten“ lobten im Wahlkampf vor allem die bisherigen Erfolge des Amtsinhabers. Somit wurde den Wählern die Möglichkeit einer freien Wahl genommen. Um den Erfolg der Wahlen durch eine hohe Wahlbeteiligung noch mehr zu legitimieren wurde der Wahlgang oft von Mitarbeitern im jeweiligen Arbeitsumfeld kontrolliert: Sie wurden offiziell dafür abgestellt, durch regelmäßige Telefonate am Wahltag den Urnengang der Kollegen zu überprüfen. Diese Praxis, so die OSZE-Wahlbeobachtungskommission, widerspreche den Vorgaben des Kopenhagener Dokuments der OSZE aus dem Jahre 1990, die den Wählern die Entscheidung, wählen zu gehen oder zu wählen „ohne Angst vor Strafe“ gewährleisten muss.
Im Vorfeld der Wahlen ließ sich in der kasachischen Presse verfolgen, wie zu sowjetischen Zeiten der Amtsinhaber von allen Kasachstanern für eine erneute Kandidatur gebeten wurde. So schrieben Arbeiter, Lehrer u.a. entsprechende Bittbriefe an Präsident Nasarbajew, so dass dieser sich nach offizieller Lesart nur dem Willen des Volkes beugte und die vorgezogenen Wahlen für den 26. April 2015 festlegen ließ. Die beiden Gegenkandidaten traten mit einer kaum nennenswerten Agenda zur Wahl an. Abelgazi Kussainov ist seit 2013 Vorsitzender des Gewerkschaftsbundes. Zuvor war er Senatsabgeordneter (1995 – 1999) und Minister für Transport (2009 – 2011). Er warb vor allem für den Umweltschutz und für eine „grüne Wirtschaft“, die als Leitmotiv für die EXPO 2017 seit einiger Zeit propagiert wird. Auch wenn er die Parteizugehörigkeit nicht thematisierte, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass er Mitglied der Präsidentenpartei Nur Otan ist. Er erhielt insgesamt nur 0,7 Prozent aller Stimmen.
Turgun Syzdykov ist seit 2014 der Sekretär des Zentralen Komitees der Kommunistischen Volkspartei Kasachstans und hat seit den 1970ern für den Komsomol und danach für die Kommunistische Partei der UdSSR gearbeitet. In den 1990ern arbeitete er für staatliche Behörden und leitete zuletzt das Büro des Maslihats des Akmola-Gebiets (2003- 2013). Seine Agenda folgte kommunistischen Prinzipien und war durch eine klare Abwendung vom Westen sowie seiner Ablehnung der Globalisierung geprägt. Sein Wahlergebnis fiel mit 1,6 Prozent ebenfalls sehr mager aus.
Der Wahlsieger hingegen hielt auch inhaltlich alle Zügel in der Hand. Präsident Nasarbajew verwies auf sein Reformprogramm, welches Teil seiner Strategie 2050 ist und fünf institutionelle Reformpunkte nennt, die von der Reform des Staatsdiensts (Verbesserung der Beamtenausbildung und Korruptionsbekämpfung), der Rechtsreform (u.a. höhere Qualifikationsanforderungen an die Gerichtshöfe), der Diversifizierung der kasachstanischen Wirtschaft, der Bildung einer einheitlichen kasachstanischen Identität bis hin zu einer höheren Transparenz des Staats reichen. Mit diesen klar definierten Zielen sind die Kasachstaner bereits seit einiger Zeit vertraut. Die politische Agenda des Gegenkandidaten Abelgazi Kussainov wurde inhaltlich ebenfalls von Nasarbajews umfassender Strategie 2050 abgedeckt.
Damit stellte er von Anfang an kein Gegengewicht zum Amtsinhaber dar und unterschied sich letztendlich nicht von dessen Wahlagenda. Klar ist auch, dass ein Vertreter der kommunistischen Partei automatisch mit den Zeiten der Sowjetunion assoziiert wird und damit auch an die Zeiten erinnert, als sich Kasachstan als sowjetische Teilrepublik in dessen kompletter Abhängigkeit befand. Nach diesen alten Zeiten sehnt sich in Kasachstan kaum einer mehr. Somit war dessen Misserfolg bei den Wahlen vorprogrammiert.Kritische Stimmen werfen dem gewählten Präsidenten vor, dass er es bis heute versäumt habe, einen möglichen Nachfolger aufzubauen. Auch ist das derzeitig bestehende politische System zu sehr auf seine Person zugeschnitten, so dass andere Kandidaten prinzipiell keine Chancen gegen ihn haben konnten.
Fakt ist, das es Nasarbajew trotz aller Kritik geschafft hat, der Mehrheit der Kasachstaner den Eindruck zu vermitteln, selbst ein Stück des wachsenden Wohlstandskuchens abzubekommen. Damit dieses Gefühl des wachsenden Wohlstands anhält, stehen im Mittelpunkt der Reformen vor allem die Ver-besserung der Wirtschaft bzw. die Bewältigung der Wirtschaftskrise. Dass dabei andere Bereiche, wie z.B. die Presse- und Meinungsfreiheit eingeschränkt werden, wird zugunsten der politischen Stabilität und eines steigenden Wohlstands hingenommen. Laut dem Politologen Dossym Satpaev geht es den meisten Kasachstanern vor allem darum, dass sie genug Einkommen erzielen können, welches ihnen den Unterhalt der eigenen Familie absichert und ermöglicht, Urlaubsreisen ins Ausland zu tätigen.
Sollte es Präsident Nasarbajew jedoch nicht gelingen, die Wirtschaftskrise zugunsten eines stärkeren Wirtschaftswachstums zu bewältigen, würde einer der wenigen gemeinsamen Nenner zwischen ihm und aller Kasachstaner verloren gehen und die nächste gesellschaftliche Gefahr, nämlich die religiöse Radikalisierung der ärmer werdenden und rasch wachsenden ländlichen Jugend zunehmen. Wie sehr ihm diese sozialen Spannungen schaden, zeigten die Proteste der Ölarbeiter in Schanaozen in Westkasachstan. Bei der Eskalation der Proteste im Dezember 2011 starben 18 Menschen. Die daraufhin erlassenen Gesetze zum Verbot radikaler Gruppierungen und die Verurteilung der vermuteten Rädelsführer stießen auf internationale Kritik.