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보고서

2. Wahlgang in Frankreich

Anja Czymmeck, Nele Katharina Wissmann

Republikanische Front bremst Rechtsruck in letzter Sekunde aus

Der zweite Wahlgang in Frankreich endete mit einer Überraschung. Das rechte Bündnis von Rassemblement National (RN) und Les Républicains um Eric Ciotti (LR) kam nicht auf die absolute oder relative Mehrheit, wie nach den Ergebnissen des 1. Wahlgangs erwartet wurde, sondern landete nur auf dem dritten Platz. Das Wahlbündnis Neue Volksfront (Nouveau Front Populaire) gewann über 180 Sitze. Die zweite Kraft in der Nationalversammlung wird das Präsidentenbündnis von Ensemble. Zwar verliert dieses von Gabriel Attal angeführte Wahlbündnis knapp 100 Abgeordnete, doch dank taktischen Wählens der sogenannten republikanischen Front gelang es ihm, mehr als 160 Abgeordnete zu halten. Die Partei Rassemblement National, die nach dem zweiten Wahlgang auf eine absolute Mehrheit und das Amt des Premierministers hoffte, legte zwar um 50 Sitze zu, erreichte am Ende aber weniger als 150 Abgeordnete. Staatspräsident Macron wollte mit seiner überraschenden Auflösung des Parlaments klare Verhältnisse erzwingen, aber das ist nicht gelungen. Keine politische Partei verfügt über eine absolute Mehrheit. Die nächsten Tage werden von Verhandlungen über die Ernennung des Premierministers und der Verteilung der zentralen Posten in der Nationalversammlung geprägt sein. Auf die Euphorie über das weniger erfolgreiche Abschneiden des Rassemblement National könnte schon bald Ernüchterung folgen und Frankreich instabile Zeiten bescheren.

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Abschneiden der Parteibündnisse und Sieg der Republikanischen Front[1]

2. Wahlgang Parlamentswahlen Frankreich

In Frankreich galt bei den letzten Wahlen stets die informelle Vereinbarung zwischen den Parteien: Erreichen Kandidaten von RN den zweiten Wahlgang, ziehen sich alle anderen Kandidaten für den bestplatzierten demokratischen Kandidaten zurück und rufen zur Wahl gegen RN auf. Diese Brandmauer, die in Frankreich als republikanische Front bezeichnet wird und deren Ende zahlreiche Beobachter bereits nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2022 vorausgesagt haben, funktionierte doch auch in diesem 2. Wahlgang der vorgezogenen Neuwahlen. Die demokratischen Parteien haben es nach dem schwierigen Ergebnis des ersten Wahlgangs geschafft, durch den Rückzug eigener Kandidaten aus den sogenannten Triangulaires, also aus einem zweiten Wahlgang in Dreieckskonstellationen, den demokratischen Kandidaten Rückhalt gegenüber den Kandidaten von RN zu geben. Zur Erinnerung: Die hohe Wahlbeteiligung von 66,7 % führte im ersten Wahlgang zu einer großen Anzahl von Kandidaturen für den zweiten Wahlgang. Zum Vergleich: im Jahr 2022 waren sieben Wahlkreise von einer sogenannten Triangulaire betroffen und nach dem ersten Wahlgang bei diesen Neuwahlen standen 306 solcher Dreiecksentscheidungen an. Durch den taktischen Rückzug von Kandidaten gab es aber nur 95 Triangulaires. Unsicher blieb, ob die Wählerinnen und Wähler dieser von den Parteien ausgehandelten Strategie tatsächlich folgen würden.  Es zeigte sich an diesem 7. Juli, dass sie dazu bereit waren, taktische Entscheidungen zu treffen, um eine Beteiligung von RN an der Regierung zu verhindern, auch wenn diese Wahl dann nicht unbedingt ihren eigentlichen politischen Überzeugungen entsprach. Die Kandidaten der extremen Rechten in 173 der 215 Wahlkreise, die von Rücktritten aus den Triangulaires betroffen waren, konnten auf diese Weise geschlagen werden. Trotzdem ist es sinnvoll, zu betrachten, wie die Entscheidungen von den Wählern von Nouveau Front Populaire, Ensemble und Les Républicains getroffen wurden:

Duel Ensemble/Rassemblement National

• 72 % der Wähler von NFP haben für Ensemble gestimmt.

• 53 % der Wähler von Les Républicains haben für Ensemble gestimmt.

Duel La France insoumise/Rassemblement National

• 43 % der Wähler von Ensemble haben für LFI gestimmt.

• 26 % der Wähler von Les Républicains haben für LFI gestimmt.

Duel Les Républicains/Rassemblement National

• 70 % der Wähler von NFP haben für LR gestimmt.

• 79 % der Wähler von Ensemble haben für LR gestimmt.

Die republikanische Front oder Brandmauer darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch das französische Wahlsystem (Mehrheitswahlrecht) ist, dass den Rechtsruck Frankreichs ausbremsen konnte. Marine Le Pen spricht deshalb nun bewusst, von einem „geklauten Wahl“. Sie wird dieses Argument in den kommenden Wochen gezielt anwenden. Für Le Pen stellte RN in der Nationalversammlung die größte Partei. Sie verweist darauf, dass die guten Ergebnisse von NFP und Ensemble sich auf eine Blockbildung stützen, die sich jeweils auf vier und mehr Parteien stützt, wohingegen RN, abgesehen von einigen Kandidaten der Républicains mit Ciotti eine hohe Sitzanzahl ohne Bündnisbildung erhielt.

Die Sitzverteilung nach Parteienzugehörigkeit sieht nach jetzigem Stand wie folgt aus, wonach RN  die Einzelpartei mit den meisten Sitzen ist:

(Es kommen in der kalkulierten Gesamtsitzanzahl noch unabhängige Kandidaten hinzu)

La France Insoumise: 71

Parti socialiste: 64

Les Ecologistes-EELV: 33

Parti communiste: 9

Renaissance: 98

MoDem 34

Horizons: 26

Rassemblement National: 126

LR mit Ciotti: 17

Les Républicains: 45

DVD: 15

Angesichts dieser Konstellation ist größte Vorsicht geboten. In der Nationalversammlung ist alles eine Frage der Allianzen. Eine Partei, auch wenn sie zahlenmäßig die Nummer eins ist, ist nicht in der Lage, Texte allein zu verabschieden, wenn sie nicht über die absolute Mehrheit verfügt. Deshalb haben Koalitionen aus mehreren Parteien, die in der Lage sind, sich zu einigen, am Ende mehr Gewicht. Bei der Bildung der Fraktionen kommt den demokratischen Parteien dementsprechend erneut eine große Verantwortung zu. Die Augen werden sich insbesondere auf den Vorsitz des mächtigen Finanzausschusses richten: Seit der Verfassungsänderung von 2008 gilt die Regel, dass der Vorsitz des Finanzausschusses der Opposition bzw. der größten Oppositionsfraktion zusteht.

 

Politischer Stillstand ist zu erwarten

Drei Wochen vor den Olympischen Spielen in Paris kündigte Premierminister Gabriel Attal  Staatspräsident Emmanuel Macron seinen Rücktritt an. Es ist in der Praxis üblich, dass eine bei Wahlen unterlegene Regierung einen „Höflichkeitsrücktritt“ einreicht. Attal erklärte sich jedoch auch bereit, im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen „so lange wie die Pflicht es erfordert, im Amt zu bleiben. Macron nahm dieses Angebot am 8. Juli an, und bat ihn als Premierminister „die Stabilität des Landes sicherzustellen“.

Es wird nach derzeitigem Stand viel Zeit in Anspruch nehmen, bis eine hypothetische Einigung zwischen mehreren politischen Kräften über einen Kandidaten für Matignon und ein Programm erzielt wird. Das Präsidentenlager wird „Vorbedingungen für jede Diskussion“ über eine Mehrheit stellen, warnte der Renaissance-Chef Stéphane Séjourné. Seitens der französischen Präsidentschaft wurde erklärt, dass der Staatschef „die Strukturierung der neuen Nationalversammlung abwarten wird, bevor er die notwendigen Entscheidungen trifft“.

Die Gleichung ist jedoch nahezu unlösbar. Ohne einen Teil der Linken werden die Macronisten nicht regieren können. Aber ohne einen Teil der Macronisten wird es auch die Neue Volksfront nicht schaffen. Das Präsidentenlager hat deutlich gemacht, dass es sich nicht mit La France insoumise verbünden wird, ein Ansinnen, das ebenso von der Bewegung von Jean-Luc Mélenchon abgelehnt wird. Auch die Républicains lassen nicht erkennen, dass sie zu Kompromissen mit dem Macron-Lager und anderen Parteien bereit wären. In Frankreich wird jetzt noch deutlicher, dass es keine Koalitionskultur, wie in anderen europäischen Ländern gibt und wie problematisch dies für eine stabile Regierungsbildung ist.  

Fest steht: Frankreich steuert nicht in eine Phase der Stabilität, die sich Präsident Emmanuel Macron mit den Neuwahlen erhofft hatte, es wurde bestenfalls Zeit gewonnen. Frankreich droht auf absehbare Zeit eine wackelige Koalition, die jederzeit platzen kann. Die Szenarien reichen hierbei von totaler Blockade Frankreichs und Europas bis hin zu pragmatischen Regierungsentscheidungen.

Der Jubel, der jetzt über den Erfolg des Linksbündnisses ausgebrochen ist, sollte auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass jemand wie Jean-Luc Melenchon dazu gehört, der mit seinen europakritischen, deutschlandfeindlichen und antisemitischen Tendenzen nicht besser ist als die rechtsextreme Seite. Innerhalb des linken Bündnisses gibt es viele europaskeptische Kräfte, die wenig Hoffnung für eine auf Konsens ausgerichtete Europapolitik zulassen und die Frage bleibt, ob die Gefahr von rechts disziplinierend wirken wird.

Vieles wird davon abhängen, wie groß der Einfluss von La France Insoumise und den Kommunisten im Bündnis sein wird, die bisher nicht durch Pragmatismus aufgefallen sind. Es droht die Gefahr, dass sich die linken Parteien, aber auch die politische Mitte in der anstehenden Legislaturperiode aneinander aufreiben werden. Marine Le Pen würde damit bis zu den in drei Jahren anstehenden Präsidentschaftswahlen der Weg geebnet. Die Gefahr ist also nicht wirklich gebannt und es muss zunächst abgewartet werden, was die Sondierungsgespräche bringen werden, um auch ausloten zu können, was diese für die Beziehungen zu Deutschland und Europa bedeuten.


[1] Es handelt sich hier um vorläufige Ergebnisse. Das französische Innenministerium hat zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Berichts noch keine amtlichen Endergebnisse veröffentlicht.

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Anja Czymmeck

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Leiterin des Auslandsbüros Frankreich

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