Mit Beschluss vom 8. April 2020 hat der EuGH einem Antrag der EU-Kommission vom 23. Januar auf einstweilige Verfügung stattgegeben.1 Danach muss die im Rahmen des Justizumbaus im Herbst 2018 neu geschaffene sogenannte „Disziplinarkammer“ (Izba Dyscyplinarna) am polnischen Obersten Gerichtshof (Sąd Najwyższy, SN) ihre Tätigkeit vorerst einstellen. Ein endgültiges Urteil in der Sache wird zu einem späteren Zeitpunkt erwartet.
Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die im Zuge zahlreicher Reformen schon im Dezember 2017 erlassene Disziplinarordnung für Richter des SN und aller ordentlichen Gerichte in Polen sowie die am 14. Februar 2020 in Kraft getretene weiterführende Gesetzesnovelle. Letztere regelt unter anderem, in welchen Fällen ein Disziplinarverfahren gegen Richter eingeleitet werden kann. Bereits nachdem die o.g. Disziplinarordnung erlassen und eigens zu deren Umsetzung am SN eine Disziplinarkammer eingerichtet worden war2, leitete die EU-Kommission am 25. Oktober 2019 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein. Obwohl die Entscheidung noch ausstand, setzte Warschau seine Reformbestrebungen unbeirrt fort: So wurde am 23. Januar 2020 mit der Mehrheit der Regierungskoalition im Sejm ein Gesetzespaket verabschiedet, das ein „Disziplinierungsgesetz“ enthält.3 Die von Kritikern auch „Maulkorbgesetz“ genannte Verordnung droht Richtern Strafen für den Fall an, dass sie sich „politisch betätigen“, sich kritisch zu der in Fachkreisen im In- und Ausland umstrittenen Justizreform äußern oder die Ernennung anderer Richter infrage stellen. Die Sanktionen reichen von Bußgeldern und Degradierung bis hin zu einem Ausschluss aus dem Richterstand.
Zwar war die Gesetzesnovelle noch am 17. Januar von der zweiten Kammer, dem Senat, abgelehnt worden. Seit den Parlamentswahlen im vergangenen Oktober ist die Opposition dort in der Mehrheit. In der zweiten Lesung im Sejm wurde die Novelle jedoch erneut von der Regierungsmehrheit gebilligt und schließlich von Staatspräsident Andrzej Duda in letzter Instanz unterschrieben. Damit, so der Vorwurf, habe die PiS die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, Richter mundtot machen zu können, die sich in Angelegenheiten einmischten, die aus Sicht der PiS der Legislative oder der Exekutive vorbehalten seien.
Den gesamten Bericht können Sie als pdf herunterladen.
주제
제공자 :
Auslandsbüro Polen
이 시리즈에 대해
콘라드-아데나워-재단은 5대륙 70여개 국가에 해외 대표부를 두고 활동하고 있습니다. 재단 대표부의 현지 직원들은 그들이 활동하고 있는 국가의 새로운 사건들과 장기적인 발전 전망에 대한 정보를 신속하게 보고합니다. “국가 보고서”는 콘라드-아데나워-재단 웹 사이트를 활용하는 사용자에게 독점적인 분석과 평가 그리고 배경에 대한 정보를 제공합니다.