보고서
Die Befürworter der Immunitätslösung führen ins Feld, dass einige afrikanische Staatschefs sich durch eine Immunität, verbunden mit dem Angebot eines mit Prestige behafteten Postens in einer internationalen (afrikanischen) Organisation zu einem ehrenhaften Rückzug aus der Politik bewegen ließen. Dadurch ließe sich der Weg für einen schnelleren demokratischen Wechsel in vielen Ländern des Kontinents öffnen.
Statt dessen versuchen derzeit aus Angst vor den rechtlichen Folgen ihres Machtmissbrauchs viele afrikanische Staatschefs, mit allen Mitteln in Ihrem Amt zu bleiben. Die Immunitätslösung wird häufig von sogenannten Realpolitikern und Diplomaten vertreten, die täglich mit dem demokratischen Stillstand in vielen Ländern direkt konfrontiert werden. Auch eine von der Kommission der Afrikanischen Union (AU) und der Wahlkommission der Republik Südafrika veranstaltete Konferenz zum Thema Wahlen, Demokratie und Good Governance im April dieses Jahres unterbreitete den Vorschlag, ehemaligen Staatschefs einen ehrenhaften Ausstieg aus der Politik und „Sicherheit“ zu gewähren. Das wohl aktuellste Beispiel für einen Staatschef, dem auf diese Weise der Rücktritt erleichtert werden soll, ist der zimbabwische Präsident Robert Mugabe.
Die Gegner der lebenslangen Immunität, die sich vorrangig in der afrikanischen Zivilgesellschaft finden, führen ins Feld, dass nur die gerechte Aburteilung der Verbrechen ehemaliger Regierungschefs zur Entwicklung eines demokratischen Bewusstseins in der Bevölkerung führen könne. Wenn die Vergehen der Mächtigen ungesühnt blieben, sei der Mehrheit der Bevölkerung, die unter diesen Taten direkt oder indirekt zu leiden hatte, kein Sinn für Gerechtigkeit und demokratische Grundwerte zu vermitteln.
Ein weitere ab und zu praktizierte Variante des Abgangs von der Macht im afrikanischen Kontext ist der Gang ins Exil, wenn alle anderen Möglichkeiten eines friedlichen Machtwechsels erschöpft sind. Der aktuellste Fall ist der vor einer Woche abgetretene Staatschef von Liberia, Charles Taylor.
In der vergangenen Woche haben nun die Ereignisse in zwei afrikanischen Ländern für neuen Gesprächsstoff gesorgt. Am 7.August wurde der im letzten Jahr demokratisch aus dem Amt abgewählte Ex-Präsident Madagaskars, Didier Ratsiraka, der diese Niederlage aber nicht akzeptieren wollte und das Land an den Rand eines Bürgerkriegs brachte, von einem madagassischen Gericht zu 10 Jahren Haft mit Arbeitslager verurteilt.
Fast zeitgleich wurde der frühere Staatschef Sambias, Frederik Chiluba, in Lusaka verhaftet. Beiden Ex-Präsidenten wird Fehlverwendung von Mitteln aus dem Staatshaushalt vorgeworfen. Im Falle Ratsirakas geht es um einen einzigen Fall aus dem Jahr 2002 - nachdem er die Wahl bereits verloren hatte - und eine Summe von rd. 6,6 Mio. US $, bei Chiluba handelt es sich um insgesamt 29,7 Mio. US $. Zumindest bei Ratsiraka ist dies nur die Spitze des Eisbergs, da er für sich und seine Familie im Laufe seiner mehr als zwei Jahrzehnte dauernden Herrschaft einige „Schäfchen ins Trockene“ gebracht hat.
Im Falle Madagaskars ist die Verurteilung Ratsirakas ein symbolischer Akt, da er sich im Juli 2002 mit seiner Familie und seinen engsten Vertrauten und Mittätern ins Exil nach Frankreich abgesetzt hat, um sich einer Rechenschaft für seine Taten im eigenen Lande zu entziehen. Da Ratsiraka wie viele frühere und heutige Diktatoren in den ehemaligen französischen Kolonien sehr enge Beziehungen zur französischen politischen Elite pflegt, war für ihn das Exil in Frankreich ein logischer Schritt zur Beendigung seiner Karriere, deren Bilanz ein wirtschaftlich zerstörtes Land mit verarmter Bevölkerung ist.
Er kann darauf bauen, dass ihm von Frankreich keine Auslieferung droht, und damit einem ruhigen Lebensabend entgegensehen, genauso wie der in dieser Woche im politischen Exil in Saudi Arabien verstorbene frühere Staatschef von Uganda, Idi Amin.
Der Fall Sambia liegt etwas anders. Dort hatte Chiluba, nachdem er vergeblich versucht hatte, sich durch eine Verfassungsänderung zu seinen Gunsten eine dritte Amtszeit zu sichern, seinen Nachfolger Manawasa selbst ausgesucht. Er hatte gehofft, mit ihm einen schwachen Präsidenten ausgewählt zu haben, den er in seinem Sinne beeinflussen konnte. Darin hatte er sich aber gründlich getäuscht, wie die Ereignisse der letzten 12 Monate gezeigt haben.
Manawasa, der im Wahlkampf die Bekämpfung der Korruption versprochen hatte, löst nun mit dem prominenten Angeklagten Chiluba dieses Versprechen ein. Er selbst hatte vor ziemlich genau einem Jahr das Parlament aufgefordert, die Immunität seines Vorgängers aufzuheben, um eine Anklage möglich zu machen. Nach der Ausschöpfung aller Rechtsmittel gegen diese Aufhebung steht nun einer Anklage und einer Verurteilung im Falle des Beweises der Veruntreuung (Chiluba wird Veruntreuung in insgesamt 96 Fällen vorgeworfen) nichts mehr im Wege, der Rechtsstaat kann seine Funktionsfähigkeit unter Beweis stellen.
Kritiker Manawasas werfen ihm vor, dass er das Verfahren gegen seinen Vorgänger nutzt, um von eigenen Problemen abzulenken. Er steht derzeit an mehreren Fronten unter starkem Beschuss. Im Parlament läuft wegen des Vorwurfs der nicht verfassungsgemäßen Ernennung seines Vizepräsidenten ein Amtsenthebungserfahren gegen ihn, und der Verfassungsgerichtshof prüft die Vorwürfe der Opposition, die Regierungspartei hätte bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen des Jahres 2001 die Wahlergebnisse gefälscht. Obwohl das nun in Gang gekommene Gerichtsverfahren dem Präsidenten im Lande sicher etwas Rückenwind verschafft, hat es dennoch für den Rechtsstaat eine sehr wichtige und symbolhafte Bedeutung.
Zusammen mit dem Fall Madagaskar gibt das Verfahren in Sambia derzeit ein Beispiel dafür ab, dass ehemalige Staatschefs auch in Afrika für ihre Vergehen im Amt nicht länger ungeschoren bleiben, sondern von der Justiz in ihren eigenen Ländern zur Rechenschaft gezogen werden.
Diese beiden Fälle haben eine Signalwirkung auf die übrigen Staaten Afrikas, vor allem auf die Zivilgesellschaften derjenigen Länder, die unter der Regierungsführung ihrer Staatschefs am meisten zu leiden haben. Auch wenn die erfolgte Verurteilung im Falle Ratsirakas wegen seines Exils in Frankreich nicht vollstreckt werden kann, so verhindert sie jedoch zumindest eine ungestrafte Rückkehr in die Heimat.
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