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European Union 2014 - European Parliament / flickr / CC BY-NC-ND 2.0

보고서

In die falsche Richtung

Griechenlands Regierung kehrt zurück zu alten Ideologien

Erst vor Kurzem hat Griechenland den Euro-Rettungsschirm verlassen. Die Regierung in Athen gibt sich selbstbewusst und glaubt, damit bereits die „Rückkehr zur Normalität“ vollzogen zu haben. Doch es ist Wahlkampf und die Anzeichen mehren sich, dass Tsipras und seine Mannschaft die Rückkehr in die sozialistische Vergangenheit antreten wollen. Vor dem Hinter-grund der aktuellen Unruhe auf den Finanzmärkten verheißt das nichts Gutes für die wirtschaftliche Erholung des Krisengeschüttelten Landes.

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Vertrauen gewonnen…

Unter der Ägide von Ministerpräsident Alexis Tsipras hat Athen in den vergangenen drei Jahren und durch das Abarbeiten diverser Reformauflagen das Vertrauen der europäischen Partner wieder gewonnen und steht seit August wieder auf eigenen Beinen. Auf dem Weg in die finanzielle Unabhängigkeit hat die Regierung sogar noch ein „finanzielles Abschiedsgeschenk“ in Höhe von 24 Milliarden Euro auf den Weg bekommen, das Griechenland als Abfederung für den Wiedereinstieg in die raue Realität der Finanzmärkte dienen soll. Im Gegenzug dafür hat man sich verpflichtet, den staatlichen Haushaltsüberschuss langfristig über 3,5%, bzw. später 2,5% zu halten – und weitere Reformen und Anpassungen durchzuführen. Darunter fallen u.a. weitere Rentenkürzungen für einen Teil der griechischen Pensionäre ab Januar des kommenden Jahres.

Doch das Vertrauen der Partner im Aus-land wird schon jetzt erneut auf die Probe gestellt. Die Rentenkürzungen sind mittlerweile zu einem Wahlkampfthema geworden: 2019 stehen Parlaments- und Kommunal- aber auch die Europawahlen an. Tsipras und seine Syriza liegen seit geraumer Zeit in allen Umfragen deutlich hinter der oppositionellen Neuen Demokratie und wollen ihre Wähler nicht weiter verprellen. Im Gegenteil: Tsipras beabsichtigt mit der Absage der anstehenden Kürzungen offenbar, Kapital aus der öffentlichkeitswirksamen Konfrontation mit der ehemaligen Troika zu schlagen und alte Erinnerungen an 2015 zu wecken. Aber hat das 2018, bzw. 2019 noch Mobilisierungspotential?

Die griechische Bürokratie lebt

Aber die Uhren sollen auch an anderer Stelle zurück gedreht werden: Um die Herzen linker Wähler höher schlagen zu lassen, stellte der Premier kürzlich in Aussicht, 10.000 neue Stellen im Staatsapparat zu schaffen. Diesen Freiraum sieht die Regierung, nachdem in der vergangenen Woche eine vorläufige Vereinbarung mit dem Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Kirche (GOK) angekündigt wurde, nach der die rund 10.000 orthodoxen Priester im Lande nicht mehr wie bisher als Staatsbedienstete geführt werden sollen. Vielmehr sollen diese im Kontext einer von Tsipras anvisierten Verfassungsänderung, wo es unter anderem um eine Trennung zwischen Staat und Kirche geht, direkt von der GOK bezahlt werden. Eine entsprechende jährliche Aufwandsentschädigung wird die Regierung dann an die Kirche zahlen. Damit würden also 10.000 Stellen freigesetzt, die staatlichen Ausgaben für die Kirche aber nur umgewandelt, nicht reduziert werden. Vielmehr würden 10.000 neue Arbeitsplätze in der staatlichen Verwaltung, die traditionell als der Inbegriff von Absicherung und Privilegien in Griechenland angesehen werden, haushaltspolitisch zusätzlich zu Buche schlagen. Das wäre ein falsches Signal, auch wenn der weiterhin geltende, mit den ehemaligen Gebern vereinbarte Einstellungsstopp dann –oberflächlich zumindest – Berücksichtigung fände.

Aber es ist gerade die Bürokratie, die von Unternehmern und Investoren im In- und Ausland als größtes Hindernis bei der wirtschaftlichen Dynamisierung des Landes angesehen wird. Bisherige Reformen haben nicht dazu geführt, dass die griechischen Bürger, das ist der Eindruck vor Ort, sich auf einen effizient arbeitenden staatlichen Verwaltungsapparat stützen können, wenn sie eine Dienstleistung abrufen wollen. Vielmehr fragt sich der griechische Steuerzahler nach acht Jahren Krise immer noch, wofür seine Abgaben, die mittlerweile einigen Untersuchungen zufolge europaweit auf einem Rekordhoch liegen, sinnvoll verwendet werden.

…Vertrauen zerronnen?

Zurück zum Wahlkampf: Der Wegfall der geplanten Rentenkürzungen ist offenbar beschlossene Sache, wenn man nach den offiziellen Verlautbarungen der Regierung zur Haushaltsplanung 2019 urteilt. Sollte aber der obligatorische Jahresüberschuss von 3.5% in Gefahr geraten, erwägt die Regierung Zeitungsberichten zufolge eine Kürzung ihres öffentlichen Investitionsprogramms.

Die ohnehin sich nur schleppend erholende griechische Wirtschaft ist also von zwei Seiten wieder in Gefahr: Von Seiten einer staatlichen Finanz- und Wirtschaftspolitik, die sich im kommenden Wahljahr auf kostspielige Wahlgeschenke konzentriert und zu wenig Anreize zur Wiederbelebung des heimischen Markts gibt. Und seitens eines ungünstigen weltwirtschaftlichen Umfelds, in dem es dem griechischen Staat schwer fallen wird, sich unter Begleitung der genannten investitionsabschreckenden Signale neu zu finanzieren: Je länger eine neue Neuemission griechischer Staatsanleihen hinausgezögert wird, umso weniger Vertrauen werden die Märkte Griechenland entgegenbringen. Und: Zwar hält der oben erwähnte Finanzpuffer theoretisch für zwei Jahre. Doch psychologisch gilt natürlich, dass er am besten unangetastet bleiben sollte, da Athen offiziell wieder auf eigenen Beinen stehen kann – und soll.

Tatsächlich ist die Realität rau auf den herbstlichen Finanzmärkten. Eine Abkühlung des Wachstums in Europa macht sich bereits bemerkbar als Folge der Unsicherheit, die vor allem durch die Zoll-Auseinandersetzungen von US-Präsident Trump mit China, die Zuspitzung des Konflikts zwischen Italiens Populisten und der EU-Kommission über Roms Haushalt 2019, sowie durch die drohende Wirtschaftskrise in der benachbarten Türkei befördert werden. Ein neues Kapitel im griechischen Drama um die Tragfähigkeit der Wirtschaft droht. Und die Suche nach einem tragfähigen Wirtschaftsmodell geht kurz vor Beginn des Wahlkampfjahres 2019 in eine neue Runde.

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