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보고서

Konservative Stärke im Geteilten Land

토마스 요시무라

Kommunalwahlen in Südkorea

Am 1. Juni 2022 fanden in Südkorea Wahlen auf der Provinz- und Kommunalebene sowie Nachwahlen in einzelnen Parlamentswahlkreisen statt. Die Wahlbeteiligung war mit knapp über 50% historisch gering. Die konservative People Power Party (PPP) stellt bereits seit dem 10. Mai wieder den Präsidenten. Sie erreichte einen deutlichen Sieg und konnte viele, aber nicht alle Rennen für sich entscheiden. Ruhe kehrt damit aber weder bei ihr und noch weniger in den Reihen der progressiven Minju-Partei ein. Deren Siege verdeutlichen zudem eine anhaltende „zweite Teilung“ in Korea.

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Ergebnisse im Überblick

Zur Abstimmung standen bei den Wahlen am 1. Juni 2022 in Südkorea zunächst 17 Regierungsposten in den Provinzen und größten Städten des Landes. Die konservative People Power Party (PPP) wird fortan 12 dieser Gouverneurinnen und Gouverneure bzw. Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister stellen. Die oppositionelle Minju-Partei gewann die übrigen fünf Urnengänge. Darüber hinaus wurden 226 Landrätinnen und Landräte bzw. Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gewählt. Auch hier konnte die PPP mit 170 Siegen die deutliche Mehrheit der Rennen für sich entscheiden. Ähnlich erfolgreich gewannen die Konservativen zudem fünf von sieben zu nachzubesetzenden Parlamentssitzen.

Ebenfalls wurden Intendantinnen und Intendanten, Stadträtinnen und Stadträte und andere lokale Ämter neu besetzt, sodass sich insgesamt 7.616 Kandidatinnen und Kandidaten um 4.125 Stellen bewarben. In rekordhohen 509 Fällen stand der Gewinner bzw. die Gewinnerin dabei Mangels Gegenkandidatur schon im Voraus fest. Auch das dürfte zur Abstimmungsmüdigkeit der Wählerinnen und Wähler so kurz nach den alles überragenden Präsidentschaftswahlen vom 9. März 2022beigetragen haben: nur knapp über 50% der Wählerinnen und Wähler gaben ihre Stimme ab; der zweitniedrigste Wert seit Wiedereinführung der Kommunalwahlen in Südkorea vor 30 Jahren. Bemerkenswerterweise wurden wiederum zwei Fünftel dieser Stimmen bereits im Early Voting am vergangen Wochenende gezählt.

 

Geteiltes Land

In Südkoreas Zweiparteiensystem sind die Farben Rot und Blau. Schaut man sich das Ergebnis der 17 großen Abstimmungen vom 1. Juni 2022 auf einer Karte an, ist die Konzentration des progressiven Blau auf den Südwesten unübersehbar. Einzige Ausnahme bildet der Sieg der Minju in der Provinz Gyeonggi: Hier konnte der progressive Kandidat den Vorsprung seiner Konkurrentin von der PPP in Umfragen und ersten Auszählungen im Laufe der Wahlnacht noch ausgleichen und knapp vorbeiziehen.

Das Rot der PPP dominiert wiederum erneut deutlich vor allem im Osten und Südosten. Hier waren noch sowohl bei den letzten Kommunalwahlen 2018 als auch in den Parlamentswahlen 2020 eigentlich konservative Hochburgen verloren gegangen.

 

Hotspots

Traditionell kommt der Wahl des Oberbürgermeisters der Hauptstadt Seoul besondere Bedeutung zu. Im letzten Jahr hatte die PPP mit ihrem deutlichen Sieg bei den Nachwahlen in Seoul die Kehrtwende eingeläutet. Der Umschwung gipfelte im Sieg bei den Präsidentschaftswahlen am 9. März 2022. Schon früh machten Umfragen deutlich, dass Amtsinhaber Oh Se-Hoon erneut gewinnen würde. Darüber hinaus errangen die Konservativen aber

auch in 17 von 25 Bezirken Seouls die Bürgermeisterposten. Vor vier Jahren waren davon noch 24 an die Minju gegangen und noch bei der Präsidentschaftswahl vor drei Monaten war Seoul aufgrund harter Themen wie steigender Immobilienpreise bis zuletzt hart umkämpft.

Das knappe Rennen lief diesmal jedoch in der Provinz Gyeonggi, welche Seoul fast vollständig umschließt und ebenso zur Metropolregion gehört. Der hauchdünne Sieg der progressiven Minju hier kam unerwartet: In den Umfragen und auch während der ersten Stunden der Auszählung lag die Kandidatin der PPP vorn. Titelseiten, die ihren Sieg verkündeten, wurden bereits gedruckt. Zuletzt entschieden aber wenige Tausend Stimmen das Rennen zu Gunsten der Progressiven und bewahrten diese vor einer noch gravierenderen Niederlage.

Darüber dürfte sich auch der progressive Lee Jae-myung besonders gefreut haben, der selbst 2021 vom Posten des Gouverneurs in Gyeonggi zurückgetreten war, um für das Präsidentenamt zu kandidieren. In diesem Rennen erlitt er die historisch knappe Niederlage gegen Yoon Suk-yeol, aber konnte dennoch seinem politischen Karriereende entkommen. Tatsächlich kandidierte Lee Jae-myung nämlich am 1. Juni 2022 als nur einer von zwei aus seiner Partei erfolgreich für einen der sieben zur Nachwahl stehenden Parlamentssitze und trug gleichzeitig als Leiter des Wahlkomitees Mitverantwortung für die Minju- Kampagne im ganzen Land. Sein persönlicher Erfolg sowie der knappe Sieg der Progressiven in seiner Heimatprovinz könnten ihm nicht nur den sprichwörtlichen Kragen gerettet haben, sondern sogar weitere Perspektiven für die Zukunft öffnen. Der Parteivorstand der Minju war unmittelbar in Folge der Wahlniederlage zurückgetreten und schon bei der Neubesetzung im August dürfte auch Lee Jae-myung wieder eine Rolle spielen. Leicht wird es für ihn aber nicht.

Eine ähnliche Rückkehr steht im anderen Lager wohl auch dem Phönix-haften Ahn Cheol-soo bevor. Der hatte unmittelbar vor der Wahl im März noch als Vorsitzender seiner eigenen People’s Party auch die dritte Präsidentschaftskandidatur seiner Karriere – neben Anläufen für das Rathaus in Seoul – zu Gunsten von Yoon Suk-yeol zurückgezogen. Im Nachgang von dessen Wahlsieg war dann allerdings der angekündigte Zusammenschluss der beiden Parteien in einen Anschluss der People’s Party an die PPP umgewandelt worden. Ahn selbst wurde zwar Leiter des Übergangskomitees der neuen Regierung, aber weder Ministerpräsident noch Kabinettsmitglied. Auch die Vereinbarung einer Koalition schien damit aufgelöst. Nun konnte er jedoch ebenfalls ein Parlamentsmandat für sich gewinnen und wird als möglicher Anwärter auf den Parteivorsitz der PPP gehandelt. Den 36- jährigen Lee Jun-seok, der die Partei zurzeit anführt, erwarten hingegen wohl inmitten der Freude über den Wahlsieg Disziplinarmaßnahmen wegen sexuellen Fehlverhaltens.

 

Rückenwind für Yoon Suk-yeol

Weiterer unzweifelhafter Nutznießer des Wahlergebnisses ist Präsident Yoon Suk-yeol. Sicherlich hatte sein Sieg, so haarscharf er auch war, der PPP die nötige Kraft gegeben, in den Wahlen jetzt zu alter Stärke zurückzufinden. Gleichzeitig ist die Abstimmung aber ein valider Stimmungstest im Lichte des Regierungswechsels, der ihm zu Gute kommt.

Seit seinem Wahlsieg am 9. März 2022 bzw. dem Amtsantritt am 10. Mai 2022 hatte die Regierung von Yoon Suk-yeol keinen leichten Start. Die Verlegung seines Amtssitzes und vor allem die Benennung seiner Kabinettsmitglieder – allen voran des Ministerpräsidenten aber auch wegen eines Fehlgriffs im Gesundheitsressort – kosteten den Regierungs-Neulings bereits viel politisches Kapital. Auch die klare außenpolitische Rhetorik macht die Unterschiede zu seinem Vorgänger deutlich und stößt beim politischen Gegenüber auf deutliche Kritik: Stärke gegenüber Nordkorea und unzweifelhafte Nähe zu Washington, dazu passende Ankündigungen eines Beitritts zum Indo-Pacific Economic Framework sowie einer eigenen Indo-Pazifik-Strategie im Jahresverlauf hätte es zumindest so unter Moon Jae-in, Lee Jae-myung oder einem anderen Präsidenten aus der Minju wohl nicht gegeben. Priorität für die Wahlentscheidungen und Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger in Südkorea haben allerdings sicherlich innenpolitische Themen.

Den deutlichen Sieg der PPP in den Kommunalwahlen vom 1. Juni 2022 greift Präsident Yoon Suk-yeol entsprechend freudig auf und sieht darin ebenfalls sowohl Placet als auch erneuten Auftrag für sich selbst:

„Die Wahlergebnisse zeigen den Willen der Bevölkerung zur Wiederbelebung der Wirtschaft sowie zum Schutz ihres Wohlstands. […] Zuerst kommt die Wirtschaft, als Zweites kommt die Wirtschaft und als Drittes die Wirtschaft“

Yoon Suk-yeol muss vor allem die Folgen von Pandemie und Krieg in der Ukraine, die Lasten der steigenden Inflation und soziale Ungleichheiten wie die genannten Immobilienpreise lösen, um die Gunst der Südkoreanerinnen und Südkoreaner zu gewinnen.

Die klaren Mehrheiten seiner Partei auf der Kommunal- und Provinzebene sind ein nicht unwichtiger Schritt zum Erfolg seiner Amtszeit. Eine zentrale Herausforderung aber bleibt die unverändert dominante Minju-Mehrheit in der Nationalversammlung. Yoon Suk-yeol und die PPP wissen, in der Gesetzgebung bleibt ihre Regierung auf überparteiliche Zusammenarbeit und damit ein Mehr an Kompromissbereitschaft angewiesen:

„Wir müssen mit den Oppositionsparteien kooperieren, um dringende soziale Probleme zu lösen, dazu gehören wirtschaftliche Instabilität, das Aussterben von Provinzen und die Isolierung sozial Benachteiligter. […] Die People Power Party und die Regierung Yoon werden die Zusammenarbeit mit der Oppositionspartei nicht vergessen und hart arbeiten, sodass alle Bürgerinnen und Bürger einig werden können auf dem Weg in die Zukunft“

 

Was wirklich zählt

Unterm Strich schafft auch diese Wahl kein grundlegendes Novum, sondern bedeutet wohl eher eine Rückkehr zu Normalität und Bestätigung bekannter Muster der südkoreanischen Politik.

Die Kräfteverhältnisse der politischen Lager waren durch die ‚konservative Katastrophe‘ in den letzten Jahren wohl eher vorübergehend in einer Schieflage. Auch regionale Unterschiede folgen bei dieser Wahl wieder gewohnten Mustern. Kurzlebigkeit und Inhaltsarmut erscheinen als weitere bekannte Konstanten. Konflikte zwischen den einzelnen Konkurrentinnen und Konkurrenten bleiben wenig programmatisch. Auch bei diesen Wahlen schauen Prognosen und Diagnosen vielmehr bis ausschließlich auf einige wenige Personen – oft keine Unbekannten – und deren Ambitionen auf das höchste Amt im Staat. In deren Schatten werden beinahe sämtliche Kandidaturen für übrige Ämter gestellt.

Auf dieser Linie erscheint auch die Kommunalwahl vom 1. Juni 2022 letztlich bloßer Ausgangspunkt für die Parlamentswahl 2024. Mit deren Resultat wird wiederum schon jetzt die Handlungsfähigkeit und damit Güte der Regierung von Yoon Suk-yeol verknüpft, die wiederum bestimmt, wer sich Chancen auf die nächste Präsidentschaft ausrechnen könnte.

Die People Power Party jedenfalls hat sich gleich am Tag nach ihrem Wahlsieg zur Einrichtung einer Sonderkommission für die Wahlen 2024 entschieden. Ziel sei dabei aber auch eine Reform der Partei: für mehr interne Demokratie, für mehr Beteiligung der wachsenden Anzahl von Mitgliedern an den Nominierungsprozessen.12 Eine gute Absicht, die hoffentlich nicht bald schon wieder vergessen ist.

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